Unterschätzt und oft tödlich: Laktatazidose versteckt sich hinter Begleiterkrankungen

Dr. Dorothea Ranft

Laktatazidose versteckt sich hinter Begleiterkrankungen wie Erbrechen. Laktatazidose versteckt sich hinter Begleiterkrankungen wie Erbrechen. © fotolia/Piotr Marcinski

Ein Patient mit Metformin-Dauermedikation leidet an Erbrechen, Durchfall und Anurie. Vorsicht: Mit dieser Kon­stellation beginnt häufig eine Laktatazidose. Deren Mortalitätsrate ist auch heute noch hoch, wenn sie nicht frühzeitig erkannt und behandelt wird.

Als typischen Fall stellte Privatdozent Dr. Otto Tschritter vom Marienhospital Stuttgart einen 71-jährigen Metformin-Patienten vor. Bei der stationären Aufnahme klagte dieser über eine Diarrhö, die aufgrund einer vorangegangenen Antibiotikatherapie als Clostridien­enteritis gedeutet wurde. Die Labordiagnostik ergab ein akutes prärenales Nierenversagen (Kreatinin 12,11 mg/dl) sowie eine Laktatazidose (pH 7,09, Laktat 5,3 mmol/l).

Assoziierte Laktatazidose an drei Kriterien festmachen

Unter dem dringenden Verdacht auf eine Metformin-assoziierte Laktatazidose wurde das Biguanid umgehend abgesetzt und eine kontinuierliche Hämodialyse eingeleitet. Gegen die Clostridienenteritis erhielt der Patient außerdem Metronidazol. Der normalerweise erst ein bis zwei Wochen nach der Blutentnahme eintreffende Metformin-Spiegel bestätigte die Diagnose. Er war mit 33,6 mg/l deutlich erhöht, der Normbereich liegt bei 0,1–1,3 mg/l, toxisch sind Werte ab 5–10 mg/l.

In der Praxis lässt sich die Metformin-assoziierte Laktatazidose (MALA) anhand von drei Kriterien identifizieren:

  • akutes (prärenales) Nierenversagen,
  • Laktatazidose und
  • fortgesetzte Metformineinnahme.

Anhand dieser Kriterien eruierten Dr. Tschritter und seine Kollegen sieben Patienten, die seit 2013 im Marienkrankenhaus wegen einer MALA behandelt wurden. Fast alle litten im Vorfeld unter Erbrechen und/oder Diarrhö. Außerdem hatten sämtliche Patienten ein akutes (prärenales) Nierenversagen. Bei sechs von ihnen befand sich die eGFR vorher im Normbereich, nur einer hatte eine chronische Niereninsuffizienz (Stadium 3).

Das Tückische an der Metformin-assoziierten Laktatazidose: Sie wird häufig durch zusätzliche Begleiterkrankungen überdeckt, die auch alleine die Beschwerden erklären könnten. Den entscheidenden Hinweis gibt die trotz der Nierenprobleme fortgesetzte Metformin-Einnahme. Die Mortalitätsrate der Laktatazidose ist nach wie vor hoch, vier der sieben Stuttgarter Patienten verstarben – zu den Überlebenden zählte der eingangs genannte 71-Jährige. Die Häufigkeit der Erkrankung wird vermutlich noch unterschätzt, so Dr. Tschritter. Denn der Nachweis ist oft schwierig, zumal der Metforminspiegel nicht immer bestimmt wird. Am Marienkrankenhaus rechnete man mit einem Fall auf 4000 internistisch aufgenommene Notfallpatienten. In Zukunft könnte die MALA sogar häufiger auftreten. Denn Metformin ist inzwischen bis zu einer GFR von 30 ml/min zuge­lassen.

Patienten mit reduzierter GFR immer an das Risiko erinnern

Während der Spiegel bei der chronischen Niereninsuffizienz nur gering erhöht ist, muss man beim akuten Nierenversagen mit einer ausgeprägten Akkumulation rechnen. Niereninsuffiziente Diabetiker profitieren zwar von einer Metformingabe, sie tragen aber auch ein erhöhtes Risiko für ein akutes Nierenversagen. Damit es gar nicht erst soweit kommt, sollte man sie immer wieder an das Risiko erinnern: Bei Anurie, Diarrhö, Erbrechen oder Fieber müssen sie sofort mit der Einnahme pausieren und einen Arzt aufsuchen.

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Laktatazidose versteckt sich hinter Begleiterkrankungen wie Erbrechen. Laktatazidose versteckt sich hinter Begleiterkrankungen wie Erbrechen. © fotolia/Piotr Marcinski