Chronischer Hodenschmerz - Skalpell als letzte Rettung

Dr. Stefanie Kronenberger; Foto: Thinkstock

Beim chronischen Hodenschmerz handelt es sich meist um dumpfe oder pochende einseitige Beschwerden, die sich im Laufe des Tages verschlimmern. Häufig findet sich keine eindeutige Ursache. Therapeutisch geht man das Problem mit Medikamenten und Physiotherapie an.

 

Bei chronischen skrotalen Schmerzen steht am Anfang der Diagnostik die gründliche klinische Untersuchung. Durch Abtasten werden die Beschwerden lokalisiert und knotige Veränderungen eruiert. Man untersucht im Liegen und im Stehen, um Varikozelen und Hernien auszuschließen. Mit der digital-rektalen Untersuchung fahndet der Arzt nach Prostatapathologien. Und mit einem modifizierten Meares-Stamey-Test wird ggf. die Lokalisation von Bakterien bestimmt. Eine Samenkultur vervollständigt die mikrobiologische Untersuchung, schreibt ein Kollege aus Portsmouth im „British Medical Journal“. 

Nach Vasektomie trifft es jeden Zehnten

Ein Ultraschall des Hodens ist nur bei ängstlichen Patienten zum Ausschluss eines Malignoms sinnvoll. Läsionen im Bereich des Nebenhodens sind damit – ohne die passenden klinischen Hinweise – kaum zu eruieren.

Auch der sonographische Nachweis von Verkalkungen oder einer Mikrolithiasis erklärt etwaige Schmerzen nicht, denn ein Zusammenhang ist nicht erwiesen. Die Ursachen chronischer Hodenpein sind vielfältig. Nach einer Sterilisation kommt das Post-Vasektomie-Schmerzsyndrom infrage. Daran leiden bis zu 15 % der Männer nach dem Eingriff. Als Ursache werden Spermiengranulome, funktionelle Gefäßobstruktionen oder eine chronische idiopathische Epididymitis angenommen.

Weitere Ursachen

Infolge einer Infektion kann ebenfalls eine chronische Nebenhodenentzündung auftreten. Eine andere Schmerzursache ist das chronische Hodenschmerz-Syndrom. Es können zum Beispiel frühere Infektionen, Torsio­nen, eine diabetische Neuropathie, Tumoren oder ein Imipraminentzug dahinterstecken. Wird keine Ursache für den Schmerz ausgemacht, gelten die Beschwerden als idiopathisch.


Weitere Gründe für die skrotalen Beschwerden sind stattgehabte Verletzungen oder Operationen. Daten über postoperative Beschwerden sind allerdings rar. Auch sollte man an Krankheitsprozesse im kleinen Becken denken, die als Hodenschmerz imponieren können. Hier können Uretersteine, Malignome, Z.n. Hernienoperation oder auch eine Dysfunktion der Beckenbodenmuskulatur eine Rolle spielen.

Umschulung für den eifrigen Beckenboden

Auch wenn die Ursache des Hodenschmerzes nicht auszumachen oder aber nicht zu beseitigen ist, muss er bekämpft werden. Als Erstes gilt es, den Schmerz verschlimmernde Situationen wie Radfahren oder Reiten zu meiden. Durch Beckenboden-Physiotherapie, Elektromagnet-Anwendungen, Druck auf Triggerpunkte und Muskeldehnung lassen sich die Symptome ebenfalls bessern. Auch wenn es noch keine hochwertigen Studien dazu gibt, raten die Experten zu medikamentösen Therapieversuchen. Die Gabe von Paracetamol, NSAR oder aber niedrig dosiertem Amitriptylin dämmt die Schmerzen häufig effektiv ein.

Schmerzspezialist einschalten

Widerstehen die Beschwerden all diesen Behandlungsversuchen, ist eine Überweisung zum Schmerzspezialisten angezeigt. In Anbetracht der Tatsache, dass skrotale Schmerzen häufig postoperativ auftreten, ist eine chirurgische Therapie dieses Syndroms mit Vorsicht zu betrachten. Die Operation sollte immer als letztes Register gezogen werden, wenn alle anderen Therapien gescheitert sind. Angewandt werden z.B. Epididymektomie, inguinale Orchidektomie und mikrochirurgische Samenstrangdenervierung, die Datenlage ist aber recht dünn.

Stephen R. Keoghane et al., BMJ 2010; 341: 1263–1266

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