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Viel mehr Fußballer müssten nach Zusammenstoß vom Platz!
Bis vor zehn Jahren durften Sportler nach einer leichten Commotio gleich wieder in die Arena. Heute wird die Rehabilitation differenzierter gehandhabt. Kinder und Jugendliche, bei denen sich das Gehirn noch in Entwicklung befindet, brauchen länger, um sich von einer Gehirnerschütterung zu erholen, schreiben Dr. Daniela Marx-Berger vom Ostschweizer Kinderspital in St. Gallen und Kollegen im „Schweizerischen Medizinischen Forum“.
Die Commotio wird heute als komplexer pathophysiologischer Prozess definiert, der durch einen direkten Schlag/Anprall auf Kopf, Hals oder Gesicht ausgelöst wird. Es kommt rasch zu neurologischen Symptomen, die nach kurzer Zeit spontan verschwinden. Sie sind Ausdruck einer funktionellen, nicht einer strukturellen Störung. Daher zeigt die Bildgebung auch keine Auffälligkeiten.
Die Betroffenen klagen am häufigsten über Kopfschmerzen, weitere klinische Symptome können Übelkeit, Erbrechen, Gleichgewichtsprobleme, Sehstörungen, Müdigkeit, Licht- und Geräuschempfindlichkeit oder Benommenheit sein. Auch kurze Krampfanfälle sind möglich. Die Beschwerden kommen häufig erst nach einigen Stunden Latenz. Eine Bewusstlosigkeit tritt bei weniger als 10 % der Patienten auf und sollte v.a. bei längerer Dauer Anlass zu weiterführender Diagnostik geben.
Darüber hinaus kann die Gehirnerschütterung zu kognitiven und/oder emotionalen Beeinträchtigungen sowie Schlafstörungen führen. Solange Symptome in Ruhe bestehen, gilt ein absolutes Sportverbot. Danach empfehlen die Experten eine Rückkehr in sechs Stufen. Was die kognitive Erholung betrifft, raten sie dazu, Kinder und Jugendliche allenfalls kurzfristig aus der Schule zu nehmen bzw. ihnen mehr Zeit für Aufgaben oder Pausen zu geben. Videospiele, Fernsehen und PC sind anfangs tabu.
In den ersten sieben bis zehn Tagen nach einer Commotio besteht ein hohes Risiko für eine zweite Gehirnerschütterung, vermutlich auch, weil die Reaktionsfähigkeit herabgesetzt ist. Für das erneute Ereignis genügt schon ein kleines Trauma und häufig persistieren die Symptome danach länger. Wie viele Erschütterungen ein junges Gehirn verkraftet, kann niemand vorhersagen. In Studien an Sportlern traten nach multiplen Commotiones vermehrt Depressionen und Gedächtnisstörungen auf.
Es wird empfohlen, Athleten nach drei Gehirnerschütterungen in einer Saison oder einem mehr als drei Monate anhaltenden postkommotionellen Syndrom längere Zeit für Risikosportarten zu sperren. Helme schützen zwar vor schweren Schädelverletzungen, ob sie auch Gehirnerschütterungen verhindern, ist bislang nicht bewiesen.
Immer wieder in der Diskussion ist das „Second-impact-Syndrom“, ein Hirnödem aufgrund gestörter Autoregulation des zerebralen Blutflusses, das bei noch bestehenden Symptomen durch einen zweiten (oft leichten) Schlag ausgelöst werden soll. Gegner der Theorie nehmen jedoch an, dass das Ödem beim ersten Trauma übersehen wurde.
Ein postkommotionelles Syndrom liegt vor, wenn mindestens drei der folgenden Symptome länger als drei Monate andauern: Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Schlafstörungen, Irritabilität, Aggressivität, Ängstlichkeit, Depression, Apathie oder Persönlichkeitsveränderungen.Oft lassen die schulischen Leistungen nach und neuropsychologische Tests zeigen Schwierigkeiten bei Gedächtnis und Aufmerksamkeit.
Daniela Marx-Berger et al., Schweiz Med Forum 2011; 11: 385–388
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