COPD-Exazerbation: Nicht immer durch bakterielle Infektion

Manuela Arand, Foto: wikimedia/GrahamColm

Infekte stellen eine wichtige Ursache akuter Exazerbationen der COPD dar. Die Frage lautet: Welchem Patienten mit aufgeflammter chronischer Bronchitis muss man Antibiotika verordnen?

Zwar findet sich bei bis zu 60 % der COPD-Patienten auch unter stabilen Bedingungen eine Besiedlung mit potenziell pathogenen Keimen. Das besagt aber noch lange nicht, dass diese Keime auch Ursache von Exazerbationen werden: Nur ungefähr die Hälfte der akuten COPD-Verschlechterungen ist auf eine bakterielle Infektion zurückzuführen, teilweise spielen jedoch auch bakteriell-virale Mischinfektionen die kausale Rolle, erklärte Privatdozent Dr. Andreas Rembert Koczulla, Pneumologe an der Universitätsklinik Marburg.

Die wichtigsten Keime bei COPD-Exazerbation

Als wichtigste Erreger nannte der Kollege Haemophilus influenzae, Streptococcus pneumoniae und Moraxella catarrhalis. Pseudomonas aeruginosa lässt sich vor allem bei fortgeschrittener COPD in 5 bis 10 % der Fälle nachweisen.


Um zu beurteilen, ob eine bakterielle Infektion vorliegt, kann man sich an der Klinik orientieren, nach Erfahrung von Dr. Koczulla vor allem an der Purulenz des Sputums: Wenn die gegeben ist, könne man mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Bakterien hinter dem Geschehen stecken. Bei klarem Sputum ist eine bakterielle Genese dagegen unwahrscheinlich.


Biomarker bringen Sie diagnostisch in dieser Situation nicht weiter. Sie können aber möglicherweise künftig helfen, die Dauer der Antibiotika-Therapie festzulegen. Vor allem Procalcitonin wird derzeit in Studien erprobt. Bis es als Marker für die Hausarztpraxis verfüg- und vor allem bezahlbar wird, dürfte es aber noch dauern.

Vor einer Therapie die Pseudomonas-Frage klären

Bei der Wahl des Antibiotikums sollte man die lokale Resistenzsituation berücksichtigen und das individuelle Risiko des Patienten für eine Pseudomonas-Infektion einschätzen. Niedrigrisikopatienten können nach den internationalen GOLD-Empfehlungen empirisch mit einem Betalaktam, eventuell kombiniert mit einem Betalaktamase-Inhibitor behandelt werden.


Bei Penicillin-Unverträglichkeit kommen alternativ Tetrazykline oder Makrolide infrage, wobei Letztere aber rasch Resistenzen induzieren können, so Dr. Koczulla. Die Therapiedauer wird mit sieben Tagen veranschlagt, im Falle von Azithromycin aufgrund der langen Halbwertszeit mit drei Tagen.

Deutsche Studie prüft Null-Antibiotika-Strategie

Derzeit läuft übrigens eine deutsche Multicenter-Studie, die beweisen soll, dass Patienten mit milder bis moderater COPD-Exazerbation überhaupt kein Antibiotikum brauchen, egal ob nun eine bakterielle Infektion vorliegt oder nicht, informierte der Referent.


Patienten mit hohem Pseudomonas-Risiko, zum Beispiel solche mit Bronchiektasen, sollten ein für Pseudomonas wirksames Betalaktam wie Tazobactam/Piperacillin, ein Carbapenem oder ein Fluorchinolon erhalten. Vorsicht: Ciprofloxacin hat eine Pneumokokken-Lücke und muss mit einem gegen diese Keime wirksamen Antibiotikum kombiniert werden. Die Behandlung soll über acht Tage erfolgen.

Dauerprophylaxe schmälert das Waffenarsenal

Diskutiert wird außerdem, ob eine prophylaktische Dauertherapie mit Azithromycin Exazerbationen verhindern kann. Die Antwort lautet zwar ja – in einer Studie wurde die jährliche Exazerbationsrate gefährdeter Patienten um 0,35 gesenkt – und zwar von rund 1,8 auf knapp 1,5 pro Jahr. Dagegen steht aber das Risiko, dass sich Resistenzen entwickeln – und dies vor dem Hintergrund, dass die Rate der Makrolid-Resistenzen ohnehin mit rund 15 % relativ hoch liegt.


Außerdem müsse man sich fragen, ob der Nutzen das Nebenwirkungsrisiko aufwiegt, gab der Kollege zu bedenken. In der Studie erlitt jeder vierte mit Azithromycin behandelte Teilnehmer einen Hörverlust, teilweise irreversibel. Außerdem wurden unter Makroliden gefährliche Arrhythmien beobachtet. Die QT-Verlängerung unter Makroliden kann bei COPD-Patienten durch Beta-2-Agonisten noch verstärkt werden.


Die meisten Pneumologen lehnen die Antibiotika-Prophylaxe jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt ab. Möglicherweise wird sich das ändern, wenn gezieltere Applikationsformen verfügbar werden, die die systemische Exposition verringern.


Quelle: 55. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).