CSA behandeln oder ignorieren?

EULAR 2023 Kathrin Strobel

Bei der klinischen Untersuchung fallen Schwierigkeiten auf, die Hand zur Faust zu ballen. Bei der klinischen Untersuchung fallen Schwierigkeiten auf, die Hand zur Faust zu ballen. © ZayNyi – stock.adobe.com

Ist die clinically suspect arthralgia, kurz CSA, ein Fakt oder ein Mythos? Sollte sie als eigene Entität anerkannt und betroffene Patienten behandelt werden? Darüber debattierten zwei Experten auf dem Gebiet. 

Prävention ist besser als Heilung. Mit diesem Zitat von ­Desiderius Erasmus begann Prof. Dr. Annette­ van der Helm-van Mil von der Universität Leiden ihren Teil der Debatte. Ihrer Ansicht nach erfüllt die CSA alle Kriterien, um als Erkrankung zu gelten. Denn sie geht mit spezifischen Symptomen einher, die sich auf eine Dysfunktion im Körper zurückführen lassen. Patienten mit CSA klagen über RA-artige Beschwerden, sie haben häufig Probleme damit, ihre Hand zur Faust zu schließen und berichten über schmerzende Gelenke. Eine Schwellung lässt sich zwar häufig nicht feststellen und die Entzündung bewegt sich im subklinischen Bereich. Dennoch ist sich die Rheumatologin sicher, dass es sich bei der CSA um ein reales Problem handelt. Das bestätigen auch Daten zur sozioökonomischen Belastung durch CSA. So steigt die Anzahl der Fehltage in der Arbeit bei Patienten bereits viele Monate vor der Diagnose einer rheumatoiden Arthritis im Vergleich zur Gesamtpopulation deutlich an. 

Prof. van der Helm-van Mil plädierte dafür, ein Klassifikations- oder Risikostratifizierungssystem für CSA zu entwickeln, um die RA zu heilen noch bevor sie manifest wird. Die besondere Schwierigkeit sei es dabei, sowohl eine Unter- als auch eine Übertherapie zu verhindern. Denn längst nicht alle Patienten, die sich unter dem Begriff CSA zusammenfassen lassen, entwickeln ohne Behandlung eine RA. In Studien zeigte sich ein signifikanter Behandlungseffekt von z.B. Methotrexat vs. Placebo lediglich in Hochrisikokollektiven, nicht aber in der Gesamt-CSA-Kohorte. Grundsätzlich gilt es, das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Behandlung vs. keiner Behandlung gemeinsam mit dem Patienten zu evaluieren und auf dieser Basis eine Entscheidung zu treffen. Mit einem guten Stratifizierungssystem könne man Hochrisikopatienten noch innerhalb des window of opportunity einer Therapie zuführen und damit sowohl deren Krankheitslast als auch die sozioökonomischen Folgen reduzieren.

Prof. Dr. Filip­ van den Bosch vom Universitätsklinikum in Gent stellte gleich zu Beginn klar, dass in seiner Brust zwei Herzen schlagen: das des Akademikers, der prospektive Kohorten liebt und ein großer Fan der frühen Diagnose ist, und das des Klinikers, für den „early suspicious disease stuff“, wie er es nannte, häufig zu einer Last wird. Seiner Ansicht nach gibt es in der Rheumatologie zu viele „frühe“ Erkrankungen. Als Beispiele nannte er neben der CSA die frühe undifferenzierte Arthritis sowie die frühe axSpA. 

Verdächtig für die Entwicklung einer RA ist eine Arthralgie laut ­EULAR, wenn die folgenden anamnestischen Kriterien zutreffen:

  • Beschwerden in den Gelenken seit weniger als einem Jahr
  • Symptome in den Fingergrundgelenken
  • Morgensteifigkeit, die maximal 60 Minuten andauert
  • Peak der schwerwiegendsten Symptome während der frühen Morgenstunden
  • erstgradiger Verwandter mit RA

Bei der klinischen Untersuchung fallen Schwierigkeiten auf, die Hand zur Faust zu ballen. Der Squeeze-Test der MCP ist positiv.

Je nach Kohorte entwickeln Patienten, auf die die EULAR-Definition der CSA zutrifft, nicht signifikant häufiger eine RA als Patienten, die die Kriterien nicht erfüllen. In einer schwedischen Studie mit 113 Patienten lag die Sensitivität der Kriterien bei lediglich 10 %, der positive prädiktive Wert bei 3 %. Sogar in einer Hochrisikokohorte von 241 Patienten, von denen ein Teil ACPA- und/oder RF-positiv war, kam es bei fast einem Drittel der Patienten im Laufe des Follow-ups von zwei Jahren nicht zur Entwicklung einer RA. In einer anderen Studie mit 110 CSA-Patienten erwies sich eine mittels Power-Doppler festgestellte Tenosynovitis als unabhängiger prädiktiver Faktor für die Weiterentwicklung von CSA zu RA. 

Wie sieht es nun mit der Frage aus, ob CSA-Patienten behandelt werden sollen oder nicht? In der TREAT-EARLIER-Studie mit 236 CSA-Patienten mit subklinischer Gelenkentzündung laut MRT zeigte sich über 24 Monate kein Unterschied in Bezug auf das arthritisfreie Überleben zwischen Patienten, die einmalig i.m. Glukokortikoide sowie ein Jahr lang MTX erhalten hatten, und der Placebogruppe. In einer Studie mit 81 Patienten erhielt die eine Hälfte Rituximab i.v., die andere Placebo. Im Laufe des Follow-ups von 29 Monaten entwickelten insgesamt 30 Patienten eine RA. Nach zwölf Monaten lag das arthritisfreie Überleben unter Placebo bei 40 %, unter Rituximab bei 50 %. 

Prof. van den Bosch warnte davor, zu früh zu Biologika zu greifen. Wenn man bereits die CSA mit Bio­logika angeht, hat man in einem eventuellen späteren Verlauf nur noch wenige Optionen, so der Experte. „Wir haben das Problem der RA mehr oder weniger gelöst“, erklärte er. Diejenigen Patienten, bei denen sich eine Arthralgie zur Arthritis weiterentwickelt, könne man auch dann noch gut behandeln. Er schloss seinen Teil der Debatte mit Hippokrates: Primum non nocere.

Kongressbericht: EULAR 2023 – Annual European Congress of Rheumatology

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Bei der klinischen Untersuchung fallen Schwierigkeiten auf, die Hand zur Faust zu ballen. Bei der klinischen Untersuchung fallen Schwierigkeiten auf, die Hand zur Faust zu ballen. © ZayNyi – stock.adobe.com