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Das Bonner Projekt „Trau Dich Trauern“ begleitet durch die Krisenzeit
Kinder leiden mit, wenn es ihren Eltern schlecht geht. Erkranken Vater oder Mutter an einer schweren somatischen Krankheit, zeigen 50 % der Kinder Verhaltensauffälligkeiten, sie sacken in ihren schulischen Leistungen ab oder ziehen sich sozial zurück.
Fast jedes dritte Kind weist klinisch relevante Angstsymptome, depressive Verhaltensweisen oder psychosomatische Beschwerden auf; ihr Risiko, später eine psychische Erkrankung zu entwickeln, liegt doppelt so hoch.
Manche Familien rücken in der Trauer zusammen, andere zerbrechen
Ob und wie ein Kind reagiert, hängt nicht vom Ausmaß der elterlichen Erkrankung, sondern vom Umgang der ganzen Familie mit der Krankheit ab, erklärte DiplomPsychologin Franziska Röseberg vom Zentrum für Palliativmedizin des Malteser Krankenhauses Bonn/Rhein-Sieg gegenüber Medical Tribune. Manche Familien schaffen es, in der letzten Lebensphase eines Elternteils näher zusammenzurücken, in anderen brechen Konflikte auf.
Franziska Röseberg berichtete von einem Mädchen, das seine sterbende Mutter fragte: „Mama, was wünschst du dir eigentlich für uns später im Leben?“ Und die Mutter antwortete: „Ich wünsche mir, dass ihr ganz viel Freude habt.“
Professionelle Trauerbegleiter können in solch einer Situation dazu beitragen, derartige Vermächtnisse zu reflektieren und jeden Einzelnen in der Familie zu stützen, betonte Franziska Röseberg.
Den Verlust refektieren, beraten und Bewältigungsstrategien entwickeln
An ihrer Klinik wurde mit „Trau Dich Trauern“ ein Projekt initiiert, das betroffenen Kindern, Jugendlichen und ihren Familien Unterstützung anbietet. In einem oder auch mehreren Gesprächen will man den Hilfesuchenden zunächst die Möglichkeit geben, das Geschehen und die Auswirkungen des (drohenden) Verlustes zu betrachten und zu reflektieren. Behutsam sollen dann Bewältigungsstrategien erarbeitet und – falls nötig – Verständnis für den anderen geschaffen werden.
Manchmal kommt dem Trauerbegleiter dabei die Rolle des „Übersetzers“ zu. Beispielsweise dann, wenn eine todkranke Frau die Nähe ihrer Kinder nicht ertragen kann, weil ihr dann immer wieder schmerzhaft bewusst wird, dass sie gerade dabei ist, ihre Kinder zu verlieren.
Soll das Kind den Toten noch einmal sehen?
Solche Mütter tendieren dazu, an ihren Kindern herumzukritisieren und ihre Besuche zu limitieren. In solch einem Fall muss der Trauerbegleiter dem Kind einfühlsam erklären, was in der Mutter vorgeht.
Ein guter Vorschlag in dieser Situation wäre, das Kind darum zu bitten, beim nächsten Besuch ein selbst gemaltes Bild mitzubringen, das dann im Krankenzimmer aufgehängt wird. Auf diese Weise bleibt etwas vom Kind bei der Mutter.
Immer wieder wird das Team um Franziska Röseberg auch bei plötzlichen Todesfällen von Eltern, sei es durch Unfall, Herzinfarkt oder Suizid, um Rat gefragt. Dann geht es z.B. um die Frage, ob es sinnvoll ist, wenn die Kinder den Verstorbenen noch einmal sehen. Oft sind die Hinterbliebenen von dem Ereignis so überwältigt, dass sie sich von allein gar nicht trauen, das Thema anzusprechen.
Eltern brauchen fundierte Informationen
Nach dem Tod eines Elternteils sollte Trauerbegleitung grundsätzlich und frühzeitig angeboten werden, forderte die Psychologin, denn sie könne bei der Bewältigung helfen und negative Langzeitfolgen verhindern.
Hinterbliebene Mütter und Väter haben großen Beratungsbedarf zu Fragen wie: Mein Kind trauert gar nicht richtig, ist das normal? Darf ich vor meinen Kindern weinen? Soll ich meinem Kind sagen, dass sein Vater sich umgebracht hat?
Eltern benötigen fachlich fundierte Informationen über das Trauerverhalten von Kindern und es ist wichtig, mit den Eltern den Umgang mit ihren Kindern in Bezug auf die Trauer und das alltägliche Zusammenleben zu reflektieren. Oft geht es auch darum, Entlastung im Alltag zu schaffen und beispielsweise dafür zu sorgen, dass jemand das Kind vom Kindergarten abholt oder mal einen Nachmittag im Schwimmbad mit ihm verbringt.
In der Gruppe wird der Verlust leichter bearbeitet
Kinder und Jugendliche empfinden es meist als hilfreich, in einer Gruppe von ähnlich Betroffenen den Verlust von Mutter oder Vater zu bearbeiten. Im Projekt „Trau Dich Trauern“ treffen sie sich einmal wöchentlich zu insgesamt sieben Terminen.
Im Anschluss daran gibt es offene Familiennachmittage. Bei den Gruppentreffen geht es u.a. darum, mit kreativen Methoden Impulse – etwa zum Verständnis vom Tod – zu geben, um im Trauerprozess etwas zu bewegen. Körperorientierte Methoden können den Kindern dabei helfen, einen besseren Zugang zu ihren Gefühlen zu finden.
Kinder möchten wieder ganz normal leben
Manchmal geht es in den Trauergruppen auch ausgesprochen fröhlich zu. „Kinder brauchen sorgenfreie Zeiten und die Erlaubnis zum Fröhlichsein“, betonte Franziska Röseberg. Sie möchten ganz normalen Kontakt zu anderen Kindern pflegen und allmählich ihr eigenes Leben wieder aufnehmen.
Wichtiges Ziel der Trauerbegleitung ist es, weg vom Abschied und hin zur Erinnerung zu kommen und den Tod von Vater oder Mutter in die eigene Biografie zu integrieren. Kinder und Jugendliche, die an einer Trauergruppe teilgenommen haben, fühlen sich durch den Austausch mit anderen entlastet, sie finden einen konstruktiven Umgang mit den eigenen Gefühlen und sie haben mehr Verständnis für die Trauer anderer Familienmitglieder.
Auf Alarmzeichen achten! |
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Verschiedene Risikofaktoren können dazu führen, dass eine Familie nach dem Tod von Mutter oder Vater in besondere Schwierigkeiten gerät. Dazu zählen:
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