Das sind die Zeichen für ein Stevens-Johnson-Syndrom

Maria Weiß

Der blasige Ausschlag entwickelt sich in den ersten ein bis zwei Tagen. Der blasige Ausschlag entwickelt sich in den ersten ein bis zwei Tagen. © Neelrong - stock.adobe.com

Das akut lebensbedrohliche Stevens-Johnson-Syndrom bzw. die toxische epidermale Nekrolyse wird in den meisten Fällen durch eine Hypersensitivitätsreaktion auf Medikamente ausgelöst. Bei Befall von mehr als 10 % der Haut müssen die Betroffenen schnellstmöglich auf eine Intensiv- oder Verbrennungsstation verlegt werden. Nur so lässt sich die Mortalität senken.

Beim Stevens-Johnson-Syndrom (SJS) kommt es zu einer Apoptose von Keratozyten in Epidermis und Schleimhäuten. Betreffen die blasigen Veränderungen weniger als 10 % der Hautoberfläche, spricht man vom SJS, sind es mehr als 30 %, von einer toxischen epidermalen Nekrolyse (TEN). Bei etwa 85 % der Betroffenen können Medikamente als Auslöser festgestellt werden, bei den übrigen 15 % zeichnen häufig Mycoplasma pneumonia und Viruserkrankungen verantwortlich.

Die Gesamtmortalität von SJS/TEN liegt bei etwa 20 %, schreibt ein Team um Dr. Daniel Creamer vom King’s College Hospital in London. Lebensgefahr droht vor allem durch die systemischen Auswirkungen (s. Kasten unten). 

Diese Medikamente sind häufig mit SJS/TEN assoziiert

  • Allopurinol
  • Carbamazepin
  • Lamotrigin
  • Nevirapin
  • oxicamhaltige NSAR (z. B. Meloxicam)
  • Phenobarbital
  • Phenytoin
  • Sulfametoxazol und andere Sulfa-Antibiotika
  • Sulfasalazine

So gefährlich die Erkrankung ist, so harmlos kann sie sich zu Beginn präsentieren. 80 % der Betroffenen klagen anfangs nur über Schnupfen und leichtes Krankheitsgefühl. Schmerzen im Bereich von Mund, Lippen, Augen und Hals als Anzeichen für eine Schleimhautbeteiligung können dem typischen Ausschlag vorangehen. Oft wird zuerst an eine Virusinfektion gedacht. Der blasige Ausschlag entwickelt sich in der Regel in den ersten 24 bis 48 Stunden. Meist beginnt er im Gesicht und wandert dann über Hals und Thoraxwand weiter nach unten. Er juckt oder brennt und wenn sich die Epidermis von der Dermis trennt (Nekrolyse), wird er sehr schmerzhaft.

Die systemischen Auswirkungen von SJS/TEN

  • transkutaner Flüssigkeitsverlust mit Hypoperfusion und akutem Nierenversagen
  • Hypothermie
  • Hyperglykämie
  • Hypoalbuminämie
  • Anämie, Leukopenie
  • Sepsis mit Multiorganversagen

Die Verwechslungsgefahr mit anderen Dermatosen ist groß

Bei jeder Person mit Schnupfen und Ausschlag, die in den letzten zwei Monaten ein neues Medikament mit einem Risiko für SJS/TEN (s. Kasten oben) verschrieben bekommen hat, sollte man an diese Erkrankung denken und das Medikament sofort absetzen, so das Autorenteam. Durch die Blasenbildung kann das Syndrom leicht mit anderen Dermatosen wie Pemphigoid, bullösem Lupus erythematodes, Verbrennungen oder Medikamentenexanthemen verwechselt werden. Mit folgenden Schlüsselfragen nähert man sich der Diagnose an:

  • Setzte der Ausschlag akut ein?
  • Hat er sich in den letzten 24 Stunden verschlechtert?
  • Ist der Ausschlag schmerzhaft und empfindlich?
  • Liegen Fieber und Erkältungssymptome vor?
  • Sind rote Augen oder andere Symptome im Bereich der Augen sichtbar?
  • Bestehen Schmerzen im Mund oder an den Genitalien?
  • Wurde in den letzten acht Wochen ein neues Medikament verschrieben?

Wichtige Alarmzeichen bei der körperlichen Untersuchung sind:

  • empfindlicher Ausschlag
  • ausgeprägter Ausschlag mit atypischen Blasen, Erosionen und abblätternder Haut
  • Nikolsky-Zeichen positiv (Ablösen der Haut bei seitlichem Druck)
  • rote Konjunktiven oder Photophobie

Bei einer Ausdehnung über mehr als 10 % der Hautoberfläche müssen die Erkrankten auf der Intensiv- oder Verbrennungsstation behandelt werden. Ziele sind hier ähnlich wie bei schweren Verbrennungen der Ausgleich von Flüssigkeitsverlust und Thermoregulationsstörungen, Reduktion des metabolischen Stresses und Vermeidung einer Sepsis. Als ungünstige Prognosefaktoren nennt das Autorenteam:

  • Alter > 40 Jahre
  • Tachykardie > 120 Schläge/min
  • Malignome
  • Hautablösung > 10 % der Körperoberfläche
  • Serumharnstoff > 10 mmol/l
  • Bikarbonat < 20 mmol/l
  • Blutglukose > 14 mmol/l (252 mg/dl)

Treffen mindestens fünf dieser Punkte zu, liegt die Mortalität bei 90 %. Ist keiner oder nur ein Punkt erfüllt, beläuft sich diese auf 3,2 %.

Quelle: Creamer D et al. BMJ 2024; 386: e079986; DOI: 10.1136/bmj-2024-079986

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Der blasige Ausschlag entwickelt sich in den ersten ein bis zwei Tagen. Der blasige Ausschlag entwickelt sich in den ersten ein bis zwei Tagen. © Neelrong - stock.adobe.com