Dauern Erkältungen sieben Tage?

Dr. med. Ulrike Hennemann, Foto: pitopia, Andreas Hermanspann, 2012

Erkältungtsviren auf z.B. Treppengeländern leben lange - wie kann man sich schützen? Und wie lässt sich der Verlauf viraler Infekte beeinflussen?

„Die volkstümliche Faustregel ,eine Erkältung dauert ohne Behandlung sieben Tage, mit Behandlung eine Woche‘ lasse ich nicht generell gelten“, erklärte Professor Dr. Matthias Tisch vom Bundeswehrkrankenhaus Ulm. Auch wenn virale Infekte bekannterweise selbstlimitierend sind, weist der HNO-Arzt darauf hin, dass aus Erkältungen bei kardiovaskulär vorbelasteten Patienten, bei Älteren, bei Patienten mit Immundefizienz und bei Kindern komplizierte Infektverläufe erwachsen können.

Desinfektion ist nicht nötig - aber Hände waschen!

Wichtig ist laut Prof. Tisch, zu verstehen, wie bei viralen Atemwegsinfekten die Ansteckung überhaupt vonstatten geht. „Die meisten Patienten gehen davon aus, dass der erkältete Nebenmann im Bus ihnen sozusagen die Viren direkt in den Mund hustet.“ Das sei aber der seltenere Fall.

   Prof. Matthias Tisch,

   Leiter der Poliklinik

   am Bundeswehrkrankenhaus Ulm

Die meisten Ansteckungen passieren nach Aussage des Experten über das Anfassen angehusteter Gegenstände und die anschließende Übertragung auf die eigenen Schleimhäute. In den Sekrettröpfchen auf einem Tisch oder Treppengeländer nämlich können Erkältungsviren eine beträchtliche Zeit überleben.

Daher ist nicht nur das Fernhalten von offensichtlich erkälteten Mitmenschen wichtig, sondern auch das Fernhalten der Hände vom Gesicht und von den Schleimhäuten sowie regelmäßiges gründliches Händewaschen mit warmem Wasser und Seife – Desinfektion sei nicht nötig. Gut zu wissen: Erkältungsviren können nicht nur über die Mundschleimhäute, sondern auch über die Nasenhöhle und die Augenbindehaut im Organismus Fuß fassen.

Sinnvoll sei es ebenso, die Patienten zu informieren, dass sie im Interesse der Infektvorbeugung besser die Nase hochziehen, anstatt auszuschnäuzen, und dass mit Sekret verschluckte Viren von der Magensäure ad hoc abgetötet werden und so anderswo im Körper kein Unwesen mehr treiben können.

Wer zur Nacht viel isst, begünstigt Infekte

Auch die Empfehlung, spätes Essen am Abend zu vermeiden, ist laut Prof. Tisch überaus wirkungsvoll. „Viele Patienten leiden, ohne es zu wissen, an einer Laryngitis gastrica“, so der HNO-Arzt. „Sie gehen mit vollem Magen ins Bett und müssen dann zwangsläufig im Schlaf aufstoßen. Die säurehaltigen Gase aus dem Magen schädigen dann chronisch die Schleimhäute, was Virusinfek­tionen massiv begünstigt.“

Als Ursache chronisch-rezidivierender Rhinitis, Sinusitis sowie chronischer Kehlkopf- und Ohreninfektionen müsse daher immer ein möglicher Reflux abgeklärt, ggf. behandelt sowie der Patient über bessere Lebensweise beraten werden: Also nicht mehr spät essen und den Genuss von Säuretreibern wie Alkohol und Erdnüssen in Maßen halten.

Wenn der Patient mit Erkältung im Wartezimmer sitzt, ist dann „Abwarten und Hühnersuppe“ die richtige Strategie? Prof. Tisch sagt entschieden „Nein!“: „Es gibt evidenzbasierte Studien, die zeigen, dass eine Nichtbehandlung das Risiko einer Chronifizierung erhöht.“

Möglichst keine Antibiotika ohne Rachenabstrich

Die falsche Strategie sei es aber in jedem Fall, Erkältungspatienten Antibiotika zu verordnen, was aber leider und oft genug auf Drängen des Patienten  passiere. Häufig höre man das unsinnige Argument, das Antibiotikum werde ja nur präventiv gegeben, um übers Wochenende eine bakterielle Superinfektion zu verhindern. Diese Praxis sei der gerade Weg dahin, Resistenzen zu provozieren, erklärt Prof. Tisch.


Im Falle einer fraglichen Streptokokken-Angina rät der Freiburger Hygieneexperte Professor Dr. Franz Daschner, lieber gegen eine kleine Gebühr einen Schnelltest aus dem Rachenabstrich anfertigen zu lassen, anstatt bis zum Eintreffen der Laborergebnisse eine oft nutzlose und resistenzfördernde probatorische Antibiotikatherapie zu starten.

   Prof. Franz D. Daschner,

   Hygieneexperte, Freiburg

Prof. Daschner empfiehlt bei viralen Atemwegsinfekten primär pflanzliche Arzneimittel einzusetzen. Am Institut für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene der Universität Freiburg wurde der Wurzel­extrakt EPs® 7630 (Umckaloabo®) aus der südafrikanischen Kapland-Geranie intensiv untersucht, erklärt der Experte.

In vitro sei gezeigt worden, dass der Pflanzenextrakt, der bei akuter Bronchitis indiziert ist, vielfältige antivirale und indirekt antibakterielle Eigenschaften aufweise sowie den Zilienschlag und den Transport von Schleim und Erregern aus den Atemwegen verstärke. Eine aktuelle Studie mit über 600 Kindern im Alter zwischen einem und fünf Jahren bestätigte, dass das Präparat (Tropfen und Kindersaft) im Vorschulalter gut wirksam und gut verträglich ist. Insgesamt waren in Studien mit dem Phytopharmakon mehr als 10 000 Patienten eingeschlossen, davon knapp 4000 Kinder und Jugendliche.

Prof. Daschner wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass weniger als die Hälfte der in Deutschland zugelassenen Arzneimittel überhaupt für die Behandlung von Kindern geprüft sei.   

 

Quelle: Pressekonferenz „Erhöhen nasskalte Füße das Infektrisiko? Dauern Infekte ohne Therapie eine Woche und mit 7 Tage? Hilft heiße Hühnersuppe wirklich? Fakten statt Mythen zum Thema Erkältung.“ Veranstalter: Dr. Willmar Schwabe

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