Was Atemwegsinfekte wirklich fernhält: Knobi für Viren abschreckender als Sonnenhut - Händewaschen halbiert Inzidenz

Dr. Dorothea Ranft

Neben herkömmlichen Mitteln wie Zink oder Vitamin C steht Knoblauch als Prävention oberer Atemwegsinfekte hoch im Kurs. Neben herkömmlichen Mitteln wie Zink oder Vitamin C steht Knoblauch als Prävention oberer Atemwegsinfekte hoch im Kurs. © fotolia/shintartanya

Seit Monaten kursieren Erkältungen und viele Patienten wollen sich mit den gehäuften Erkrankungen nicht einfach abfinden. Sie fragen deshalb nach Prophylaxe-Möglichkeiten. Angeboten werden diese reichlich – das Spektrum reicht von Vitamin C bis Knoblauch. Doch was kann empfohlen werden?

Ein beliebtes Mittel zur Präven­tion oberer Atemwegsinfekte ist das essenzielle Spurenelement Zink. Es drosselt die Produktion inflammatorischer Zytokine und soll auf diesem Weg die Infektrate senken, schreiben Dr. Sebastian Voss und Kollegen vom Institut für Hausarztmedizin der Universität Bonn.

Mit Zink schneller wieder fit fürs Büro

Doch die Wirksamkeit ist begrenzt: Zwei Cochrane-Reviews zufolge reduziert die Zinkeinnahme (75 mg/Tag) innerhalb von 24 Stunden nach Symptombeginn die Erkältungsdauer hochsignifikant. Die Häufigkeit der oberen Atemwegsinfekte bei Erwachsenen bleibt jedoch unverändert.

Für Kinder ergaben dieselben Metaanalysen eine signifikante Reduktion der relativen Häufigkeit von Erkältungsepisoden (RR 0,64), dieser Effekt wurde jedoch in einer kurz darauf publizierten Arbeit nicht bestätigt. Aufgrund unzureichender Daten befürworten die Autoren keine prophylaktische Zinkeinnahme. Kinder scheinen zwar von einer vier- bis siebenmonatigen, vorsorglichen Anwendung (10–15 mg/Tag) zu profitieren, aber der geringfügige Nutzen muss gegen häufige Nebenwirkungen (Übelkeit, Diarrhö etc.) abgewogen werden.

Vitamin C ist laut der Übersichtsarbeit nur mit Einschränkungen zu empfehlen: Von der präventiven Einnahme scheinen in erster Linie körperlich stark beanspruchte Patienten (z.B. Marathon- oder Skiläufer) zu profitieren – ihr Risiko für obere Atemwegsinfekte halbiert sich bei der Einnahme von > 200 mg/Tag (RR 0,48). Bei körperlich weniger belasteten Personen verkürzt eine hoch dosierte Einnahme von Vit­amin C (> 1 g/Tag) die Erkältung um wenige Stunden oder Tage.

Wann eine Impfung sinnvoll ist

Die Studienautoren bestätigen die Pneumokokken-Impfung entsprechend der aktuellen STIKO-Empfehlung: Zielgruppen sind Kinder in den ersten zwei Jahren, Erwachsene ab dem 60. Lebensjahr und Patienten mit chronischen Krankheiten (Indikationsimpfung). Eine aussagefähige Nutzen-Risiko-Abwägung für die saisonale Influenza-Impfung sei derzeit nicht möglich. In künftigen Studien solle der Vorteil für einzelne Bevölkerungsgruppen gezielt untersucht werden.

Von Vitamin C profitieren vor allem Hochleistungssportler

Diesem begrenzten Nutzen stehen gastrointestinale Nebenwirkungen (z.B. Diarrhö) gegenüber, außerdem fehlen Daten zur Langzeittoxizität, so die Autoren. Echinacea-Präparate sollen ebenfalls das Immunsystem stärken, doch die Studienergebnisse sind sehr heterogen. Außerdem wurden unterschiedliche Arten der Heilpflanze untersucht (z.B. E. angustifolia, E. purpurea, E. pallida). In zwei Cochrane-Analysen konnte kein Nutzen nachgewiesen werden, nur in einzelnen Studien fanden sich positive Hinweise. Aufgrund der dürftigen Evidenzlage halten die Autoren eine Aussage zur immunstimulierenden Wirkung derzeit nicht für möglich. Wenn Patienten dennoch ein Präparat anwenden wollten, sei E. purpurea am ehesten geeignet (Einnahmedauer 1–4 Monate). Vielversprechender ist die Datenlage für Knoblauch: Eine drei­monatige Einnahme in Tablettenform (180 mg/Tag) reduzierte Ansteckungsrate und Symptomdauer erheblich. Dies bestätigte eine aktuelle Studie, die ermittelte Inzidenz blieb jedoch gleich. Die Autoren werteten diese Daten als Hinweis darauf, dass eine mehrmonatige präventive Knoblauch-Einnahme das Immunsystem günstig beeinflussen könne. Für einen sicheren Nachweis seien allerdings noch weitere Studien notwendig.

Wer alle Register zieht, trägt Handschuhe und Mundschutz

Physikalische Maßnahmen gehören zu den effektivsten Strategien gegen Erkältungen: In einem Cochrane-Review reduzierte regelmäßiges Händewaschen die Inzidenz oberer Atemwegsinfekte um die Hälfte (OR 0,54). Noch wirksamer war das Tragen von Handschuhen und Mundschutz: Es verringerte die Häufigkeit sogar jeweils um zwei Drittel (OR 0,32). Für die Praxis raten die Hausärzte einen Aushang, der Patienten über physikalische Präventivmaßnahmen aufklärt.

Frieren egal?

Als Ursache für Schnupfen, Husten, Heiserkeit wird oft eine Kälteexposition vermutet. Doch der Kausalzusammenhang zwischen Frieren und Erkältung ist umstritten. Sicher ist dagegen, dass eine Unterkühlung die Durchblutung der Atemwegsschleimhaut verschlechtert. Der verringerte Leukozytentransport im Blutstrom mindert die Immunreaktion, sodass Viren leichter eindringen können. Auch eine geschwächte Infektabwehr z.B. wegen chronischer Erkrankungen oder psychischer Belastungen fördert Erkältungen.
Quellen: Aus der Fachliteratur
Voß S et al. Dtsch Med Wochenschr 2017; 142: 217-224

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