DDG fordert zügige Reformen und präsentiert Agenda Diabetologie 2030

Angela Monecke

Der Handlungsbedarf für die nächste Bundesregierung ist groß: Die Zahl der Diabeteserkrankungen steigt rasant an, der Fachkräftemangel macht sich auch in der Diabetesversorgung immer stärker bemerkbar. Der Handlungsbedarf für die nächste Bundesregierung ist groß: Die Zahl der Diabeteserkrankungen steigt rasant an, der Fachkräftemangel macht sich auch in der Diabetesversorgung immer stärker bemerkbar. © amazing studio - stock.adobe.com

„Gesundheitsreformen jetzt! Diabetes als stille Epidemie wirksam bekämpfen!“ Unter diesem Motto stand die Jahrespressekonferenz der DDG, die drei Tage vor der Bundestagswahl stattfand. Die Fachgesellschaft warnt vor einem Notstand in der Diabetesversorgung und fordert mit ihrer „Agenda Diabetologie 2030” dringende Reformen ein.

Der Handlungsbedarf für die nächste Bundesregierung ist groß: Die Zahl der Diabeteserkrankungen steigt rasant an, der Fachkräftemangel macht sich auch in der Diabetesversorgung immer stärker bemerkbar und es fehlt an wirksamen Präventionsmaßnahmen. Diabetes müsse deshalb dringend auf die politische Agenda. 

Schon heute leben rund neun Millionen Menschen in Deutschland mit der chronischen Stoffwechselkrankheit, bis 2040 sollen es zwölf Millionen Betroffene sein. Gleichzeitig sinkt die Zahl derer, die diese Menschen professionell behandeln können. Im zurückliegenden Jahr wurde knapp eine Million Menschen mit Diabetes (von 9 Mio.) diabetologisch betreut, in 15 Jahren wird eine Behandlung aufgrund der sinkenden Zahl an Diabetolog*innen nur noch für circa 0,8 Millionen (von 12 Mio.) Diabetespatient*innen möglich sein. In der Diabetologie droht der Versorgungsnotstand, warnt die DDG. 

Präsident der DDG sorgt sich um zertifizierte Diabeteszentren

„Ich wünsche mir von der neuen Bundesregierung, dass sie Diabetes endlich ernst nimmt!“, sagte DDG Präsident Professor Dr. Andreas Fritsche. Dazu gehöre auch dafür zu sorgen, „dass Menschen mit Diabetes weiterhin gut versorgt werden: sowohl ambulant – das ist die Basis – bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten bzw. Diabetologinnen und Diabetologen, aber auch im Krankenhaus“. Jeder fünfte stationär in die Klinik aufgenommene Mensch hat Diabetes. Daher müsse man die Diabeteszentren ebenfalls erhalten. Ansonsten hätte er große Sorgen, dass Menschen mit Diabetes im Krankenhaus gefährdet wären, so Prof. Fritsche. 

„Unsere Medizin ist eine kommerzialisierte Reparaturmedizin geworden, mit Überversorgung und unnötigen Eingriffen und Maßnahmen“, so der Tübinger Diabetologe, dessen Hauptkritikpunkt die Fallpauschalen (DRGs) sind. Da die Krankenhausreform das jetzige Fallpauschalensystem aber nicht abschaffe, sondern verkompliziere, gefährde dies die stationäre Versorgung beim Diabetes noch mehr. Derzeit werden Leistungsgruppen gebildet und über Rechtsverordnungen definiert. Hier sieht die Fachgesellschaft noch „einigen Ausformulierungsbedarf“ für die Leistungsgruppe „Diabetologie, Endokrinologie“, so Prof. Fritsche. „Ich bekomme E-Mails und Anrufe von Diabeteszentren aus ganz Deutschland, die mir sagen: Unser Erhalt ist gefährdet.“ Aufgrund der „holzschnittartigen Zuordnung“ der neuen Leistungsgruppen könne es etwa passieren, dass ein Diabetes-Fußzentrum an einem Krankenhaus mit großem Einzugsgebiet plötzlich wegfalle. Die DDG fordert daher den Erhalt und Ausbau diabetologischer Abteilungen in großen Krankenhäusern, die Sicherstellung diabetologischer Expertise auch in Allgemeinkrankenhäusern und eine stärkere Verankerung der Diabetologie in der medizinischen Ausbildung.

Vor allem ältere Menschen mit Diabetes entwickelten Komplikationen wie eine Schädigung der Nieren- und/oder Herzfunktion, besonders dann, wenn sie sozial benachteiligt seien. „Diese Patienten müssten zum richtigen Zeitpunkt auch den verschiedenen Fachgebieten zugeführt und behandelt werden“, so DDG Vizepräsidentin Professor Dr. Julia Szendrödi, Universitätsklinikum Heidelberg. Doch es gebe „nicht genug spezialisierte Fachkräfte“. 

Vizepräsidentin fordert mehr Versorgungsgerechtigkeit

Hinzu komme eine „ungleiche Versorgungslage“, so die Diabetologin aus Heidelberg. Während die Zahl diabetesbedingter Amputationen insgesamt leicht zurückgeht, bleibt sie in sozial schwächeren Regionen hoch. Auch das Risiko für tödliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist bei Menschen mit Typ-1-Diabetes weiterhin stark erhöht – vor allem bei Frauen. „Dies zeigt, dass die Versorgungsqualität davon abhängt, wo man wohnt und welchem Geschlecht man angehört. Es braucht dringend verbindliche Standards, um in Deutschland für mehr Gesundheitsgerechtigkeit zu sorgen und für alle Menschen die gleichen Voraussetzungen zu schaffen“, so Prof. Szendrödi.

Kurz vor der Bundestagswahl hat die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK), der auch die DDG angehört, verbindliche, strukturierte und umfassende Präventionsmaßnahmen für Erkrankungen wie Diabetes gefordert, darunter: eine Mehrwertsteuerbefreiung für gesunde Lebensmittel und eine Besteuerung von zuckerhaltigen Getränken nach britischem Vorbild, ein Verbot von an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel und eine verpflichtende Nutri-Score-Kennzeichnung auf allen Lebensmitteln.

DDG Geschäftsführerin und DANK-Sprecherin Barbara Bitzer kritisierte vor allem die jahrelange Verzögerung bei der Einführung von Maßnahmen wie der Zuckersteuer und dem Werbeverbot für ungesunde Kinderlebensmittel. „Wir brauchen eine klare gesundheitspolitische Strategie, die Prävention und Versorgung zusammendenkt“, forderte sie, denn: „Präventionspolitik ist auch Wirtschaftsförderung.“

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Der Handlungsbedarf für die nächste Bundesregierung ist groß: Die Zahl der Diabeteserkrankungen steigt rasant an, der Fachkräftemangel macht sich auch in der Diabetesversorgung immer stärker bemerkbar. Der Handlungsbedarf für die nächste Bundesregierung ist groß: Die Zahl der Diabeteserkrankungen steigt rasant an, der Fachkräftemangel macht sich auch in der Diabetesversorgung immer stärker bemerkbar. © amazing studio - stock.adobe.com