Demenz: Geschädigte Blut-Hirn-Schranke lässt neurotoxische Substanzen passieren

Dr. Judith Lorenz

Die Senkung des Pulsdrucks soll die Schädigung der Blut-Hirn-Schranke verhindern. Die Senkung des Pulsdrucks soll die Schädigung der Blut-Hirn-Schranke verhindern. © AkimD – stock.adobe.com

Weltweit leben etwa 50 Millionen Menschen mit einer Demenz. Bis zum Jahr 2050 wird sich diese Zahl voraussichtlich verdreifachen. Weil bisherige Strategien einer effektiven Therapie fehlschlugen, haben Forscher einen neuen Ansatz probiert.

Trotz erheblicher Forschungsanstrengungen existiert bislang keine Therapie, die die Entstehung einer Demenz verhindern kann. Zum Teil liegt dies wohl daran, dass sich die meisten Strategien auf die Senkung des für die Alzheimer­erkrankung charakteristischen zerebralen Betaamyloids konzentrieren, meinen Forscher um Dr. Rachel­ A. Levin­ von „The Brain Protection Company“, einem forschenden Pharmaunternehmen in Sydney.

Häufig werde außer Acht gelassen, dass die Weichen zur Demenz bereits im Kreislaufsystem gestellt werden. Der Pulsdruck, also die Differenz zwischen systolischem und diastolischem Blutdruck, hat nach Ansicht der Autoren einen wesentlichen Anteil an den kognitiven Defiziten. Typischerweise steigt dieser im Alter, u.a. aufgrund der zunehmenden Gefäßsteifigkeit. Dabei wirkt er sich gravierend auf die fragilen Hirn­gefäße aus.

So schädigt ein pathologischer Pulsdruck von mehr als 70 mmHg die Blut-Hirn-Schranke, indem er die Gefäße kontinuierlich starken Dehnungsbelastungen aussetzt. Dies wiederum führt zur Dysfunktion und Apoptose der Endothelzellen und setzt verstärkt reaktive Sauerstoffspezies sowie inflam­matorische Zytokine frei. In der Folge passieren immer mehr potenziell neurotoxische Moleküle die Blut-Hirn-Schranke. Zusätzlich häuft sich neurodegeneratives Beta­amyloid an.

Eine so geschädigte Blut-Hirn-Schranke treibt aber vermutlich nicht nur die eigentliche Demenz an. Sie verhindert auch die neuroprotektive Wirkung der bisher verfügbaren Pharmaka wie Beta-Sekretase(BACE1)-Inhibitoren oder gegen Beta-Amyloid gerichtete Therapeutika.

Man stehe am Beginn eines Paradigmenwechsels in der Demenzbehandlung, werden die Autoren in einer begleitenden Pressemitteilung zitiert. Als Schlüssel einer erfolgreichen Therapie bzw. Prävention sehen sie die Senkung des Pulsdrucks. Da ältere Menschen anfällig für Kreislaufregulationsstörungen sind, sollten die Strategien isoliert den systolischen Blutdruck senken oder gezielt die zerebrale Zirkulation anvisieren.

Gelingt es, die Kaskade pathologischer oxidativer, inflammatorischer und amyloidablagernder Prozesse zu unterbrechen, könnten möglicherweise auch die vorhandenen Therapieansätze ihre synergistischen Wirkungen entfalten.

Quellen:
1. Levin RA et al. Front Neurosci 2020; DOI: 10.3389/fnins.2020.00669
2. Pressemitteilung Frontiers

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