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Detektiv-Arbeit bei Hyponatriämie
Bei dem Mann war seit 14 Jahren ein – inzwischen insulinpflichtiger – Diabetes mit Polyneuropathie bekannt sowie bei langjährigem und anhaltendem Nikotinkonsum eine pAVK im Stadium IIb. Vor einem Jahr wurde erstmals eine Depression diagnostiziert und eine Behandlung mit Venlafaxin angesetzt. Außerdem nahm der Mann wegen seiner Polyneuropathie Gabapentin ein. In den letzten drei Jahren hatte er ungewollt circa zehn 10 Kilogramm an Gewicht verloren. Bis vor einem Monat trank er bis zu sechs Flaschen Bier am Tag, seitdem blieb er ohne Entzugssymptome abstinent.
Der Allgemeinzustand des Patienten wirkte leicht reduziert, sein Ernährungszustand beinahe schon kachektisch. Darüber hinaus fanden sich aber bei der körperlichen Untersuchung bis auf eine eingeschränkte Sensibilität an beiden Unterschenkeln keine wesentlichen Auffälligkeiten.
Röntgen, Schall und Labor ohne pathologischen Befund
Psychomotorisch schien er etwas verlangsamt. Die Serum-Natriumkonzentration war mit 119 mmol/l stark erniedrigt. Ansonsten brachten die labordiagnostischen Befunde keine wesentlichen pathologischen Ergebnisse, berichtete Dr. Christian Weingart von der Klinik für Innere Medizin am Krankenhaus Barmherzige Brüder in Regensburg.
Auf der Suche nach der Ursache der Natrium-Entgleisung folgten nun zunächst Rö.-Thorax, Abdomensonographie, Echokardiographie, Bestimmung von Urinelektrolyten und -osmolalität – bis auf Ketonkörper im Urin und dessen pH von 7,0 alles ohne pathologische Befunde. Das gleiche Ergebnis bei ACTH-Test und erweiterter Serologie inklusive Tumormarker. Lediglich das unspezifische Chromogranin A lag mit 601 µg/l deutlich über der Norm (19–98 µg/l).
Inadäquate ADH-Sekretion lässt Natriumspiegel sinken
Weiter ging die Diagnostik mit Thorax-CT sowie Spiegelung von Ösophagus, Magen und Darm. Einziger Befund: ein Rektumpolyp, der entfernt wurde. Nach wie vor hielten die Kollegen einen Tumor für die wahrscheinlichste Ursache. Dementsprechend setzten sie die Suche mit Bronchoskopie, PET-CT, Skelettszintigraphie, Liquor-/und Knochenmarkpunktion fort – und fanden immer noch nichts.
Damit blieb praktisch nur noch die Diagnose eines idiopathischen Syndroms der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH) mit schwerer symptomatischer Hyponatriämie. Als Auslöser kam Venlafaxin in Betracht, so die Vermutung der Kollegen. Die Umstellung auf Bupropion steigerte den Natriumspiegel aber kaum, erkärte Dr. Weingart.
Hyponatriämie macht die Knochen brüchig
Daher entschloss man sich zu einem Therapieversuch mit Tolvaptan, einem ADH-Antagonisten. Unter der Dosierung von 15 mg/Tag kletterte der Serum-Natriumwert auf 135 mmol/l, eine Therapiepause ließ den Natriumspiegel innerhalb von zwei Tagen wieder auf 120 mmol/l sinken – daher wurde die Medikation fortgesetzt. Mit dem Elektrolyt im Normbereich verschwanden auch die Verwirrtheitszustände des Mannes.
Die Inzidenz der Hyponatriämie nimmt mit dem Alter zu. Der Elektrolytmangel geht mit erhöhter Frakturrate und Mortalität einher, betonte Dr. Weingart. Daher lohnt die aufwendige Suche nach der Ursache. Begünstigend wirkt wie im vorliegenden Fall auch die Einnahme verschiedener Medikamente (s. Tabelle). Unter der Therapie der Grunderkrankung beziehungsweise bei Wechsel eines Präparates gelingt zumeist die Normalisierung der Natriumspiegel – die Gabe von Tolvaptan stellt dem Experten zufolge bisher die Ausnahme dar.
Quelle: Internistenkongress
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