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Diabetes Typ 3c – die unbekannte Gefahr

Eine chronische Pankreatitis kann neben dem exokrinen auch den endokrinen Teil der Drüse betreffen. Sie ist mit schätzungsweise 75 % die häufigste Ursache für den Diabetes mellitus Typ 3c. Dieser entwickelt sich vor allem bei alkoholinduzierter Entzündung der Bauchspeicheldrüse nach einer Krankheitsdauer von über acht bis zehn Jahren. Auch eine Pankreasresektion kann abhängig von Lokalisation und Umfang die Stoffwechselerkrankung nach sich ziehen (s. Kasten).
Häufigkeit nicht unterschätzen!
Die Häufigkeit des Typ-3c-Diabetes sollte nicht unterschätzt werden: In den Industrieländern leiden 5–10 % aller Diabeteskranken an der pankreatopriven Form. Nicht selten kommt es zu Fehldiagnosen. Das liegt zum einen am paradoxen Erscheinungsbild, zum anderen daran, dass er kaum bekannt ist, erklären Dr. Patrick Kempf und Kollegen von der Universitätsklinik für Diabetologie, Endokrinologie, Ernährungsmedizin und Metabolismus am Inselspital Bern.
Die Stoffwechselkrankheit zeichnet sich durch eine ungenügende hormonelle Sekretion hauptsächlich von Insulin aus, aber auch von anderen Hormonen wie Glukagon, Somatostatin und pankreatischem Polypeptid (PP). Ins Gewicht fällt vor allem der Glukagonmangel. Das klinische Bild reicht von einem minimalen postprandialen Unterzucker bis hin zu häufigen schweren Hypoglykämien und hoher Glukosevariabilität.
Eine genaue Anamnese – insbesondere im Hinblick auf Pankreaserkrankungen – zusammen mit der entsprechenden Klinik lenken den Verdacht in Richtung Typ 3c. Erschwert wird die Diagnose die durch Kombination einer normalen bis gesteigerten Insulinsensitivität der Muskulatur bei gleichzeitig kachektischem Habitus und einer womöglich durch PP-Mangel bedingten hepatischen Insulinresistenz.
Zudem führt die zugrunde liegende exokrine Pankreasinsuffizienz mit Maldigestion und beschleunigtem Transport von Kohlenhydraten dazu, dass Saccharide in kaum vorhersehbarer Weise resorbiert werden. Neben klassischen Diabetes-Symptomen wie Polyurie oder Gewichtsverlust treten u.U. auch gehäuft Beschwerden der exokrinen Insuffizienz wie Steatorrhö, Fatulenzen oder Diarrhö auf.
Insulinsensitiver Muskel, aber resistente Leber
Im Labor finden sich pathologische Glukosewerte, erniedrigte Konzentrationen fettlöslicher Vitamine und gestörte Inkretinsekretion. Besteht weiterhin Unsicherheit, kann ein PP-Belastungstest durchgeführt werden. Die PP-Konzentration ist beim pankreatopriven Diabetes erniedrigt – bei den Typen 1 und 2 hingegen steigt sie deutlich an. Auch der Ausschluss von mit Typ 1 assoziierten Antikörpern und die Quantifizierung der Pankreasinsuffizienz mittels Elastase-Stuhltest können die Diagnose unterstützen.
Einheitliche Leitlinien gibt es für den Typ-3c-Diabetes nicht. Prinzipiell zielt die Behandlung zwar auf eine HbA1c-Reduktion ab, angesichts teils gravierender Grunderkrankungen (z.B. Tumorleiden) steht der Wert aber nicht im Fokus. Wichtiger scheint zunächst eine Ernährungsumstellung, um die Malnutrition zu verbessern. Die Autoren empfehlen mehrere kleine Mahlzeiten am Tag, eine (mäßige) Fettrestriktion, Alkoholverzicht und die Substitution pankreatischer Enzyme. Aufgrund des instabilen Stoffwechsels ist die Blutzucker-Selbstkontrolle essenziell. Traubenzucker oder Glukagon sollten immer zur Verfügung stehen, um bei schweren Hypoglykämien sofort handeln zu können.
Der Einsatz oraler Antidiabetika wird kontrovers diskutiert. Er kommt zumindest dann infrage, wenn die Betazellen noch Restaktivität aufweisen. Metformin und Gliclazid eignen sich am besten. Ersteres hat den positiven Nebeneffekt, dass es mit einer Reduktion des Pankreaskarzinomrisikos einhergeht. Denn das bei chronischer Pankreatitis ohnehin schon erhöhte Krebsrisiko steigt durch den Typ-3c-Diabetes nochmals an. Allerdings besteht bei Metformin die Gefahr, durch potenzielle Nebenwirkungen die Malnutrition noch zu verschlimmern.
Metformin könnte die Malnutrition verschlimmern
Gliclazid, laut den Autoren der sicherste Vertreter der Sulfonylharnstoffe, sorgt für einen in diesem Fall gewünschten Anstieg des Körpergewichts. Jedoch wird bei stoffwechselinstabilen Patienten wegen des mit Gliclazid verbundenen Hypoglykämie-Risikos zur Vorsicht geraten. Im fortgeschrittenen Stadium kommen kurz wirksame Insulinanaloga und bei Bedarf zusätzliche kleine Dosen Basalinsulin in Betracht.
Quelle: Kempf P et al. Therapeutische Umschau 2016; 73: 495-499
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