Die bestmögliche Sekundärprophylaxe bei kardiovaskulären Erkrankungen

Dr. Dorothea Ranft

Eine aktuelle Leitlinie beschreibt die optimale Sekundärprävention von kardiovaskulären Ereignissen und berücksichtigt dabei auch die Kostenaspekte. Eine aktuelle Leitlinie beschreibt die optimale Sekundärprävention von kardiovaskulären Ereignissen und berücksichtigt dabei auch die Kostenaspekte. © freshidea – stock.adobe.com

Immer weniger Menschen sterben an einem akuten kardiovaskulären Ereignis. Das bedeutet aber auch, dass immer mehr Personen mit den Grunderkrankungen weiterleben und Schutz vor einem erneuten Zwischenfall benötigen. Eine aktuelle Leitlinie beschreibt die optimale Sekundärprävention und berücksichtigt dabei auch die Kostenaspekte. 

Dass eine lipidsenkende Sekundärprävention bei kardiovaskulären Erkrankungen (CVD) das Risiko für schwerwiegende Akutereignisse und Todesfälle senkt, steht außer Frage. Und diese Vorbeugung lohnt sich auch finanziell, wie David Wonderling vom britischen National Institute for Health and Care Excellence (NICE) in London und Koautoren vorrechnen. Denn die Kosten für die Behandlung eines Herzinfarkts liegen beispielsweise in Großbritannien bei Patientinnen und Patienten mit manifester CVD im ersten Jahr um rund 1.500 Euro höher als beim ersten Ereignis.

Aber ein Fünftel der kardiovaskulär Erkrankten in England erhält keine lipidsenkende Behandlung. Das liegt zum Teil an unterschiedlichen Zielwerten, meint das Autorenteam der aktualisierten britischen Leitlinie. Empfohlen wird ein LDL-Cholesterin zwischen 1,4 und 1,8 mmol/l, was etwa 54–70 mg/dl entspricht. Mit der Umsetzung dieser Ziele hapert es, wie eine Untersuchung aus dem September 2023 zeigte. Nur ein Drittel der Menschen mit CVD hatte bei einem Test in den vorangegangenen zwölf Monaten ein LDL-C unter 1,8 mmol/l oder ein Non-HDL-C unter 2,5 mmol/l (97 mg/dl).

Betroffenen Atorvastatin in Dosis von 80 mg/d anbieten

Inzwischen ist klar belegt, dass eine Behandlung mit hoch wirksamen Statinen kostengünstiger ist als keine Therapie oder eine mit weniger effektiven Vertretern dieser Wirkstoffgruppe. Die Leitlinienempfehlung lautet daher, allen CVD-Betroffenen Atorvastatin in einer Tagesdosis von 80 mg anzubieten, unabhängig vom aktuellen LDL-C-Wert. Niedrigere Dosen kommen bei einem hohen Risiko für Interaktionen oder Nebenwirkungen in Betracht.

Die Sekundärprävention mit Statinen sollte unverzüglich beginnen. Möglichkeiten zur Lebensstilmodifikation kann man in der gleichen Sitzung besprechen, sind aber kein Grund, die medikamentöse Therapie zu verzögern, so die Leitlinienautoren. Auch beim akuten Koronarsyndrom darf die Therapie nicht aufgeschoben werden. Zu Beginn der Behandlung und nach ein bis drei Monaten ist ein vollständiges Lipidprofil indiziert.

Generell gilt es, das LDL-C bei CVD-Betroffenen so weit wie möglich zu senken, um die Mortalität und das Risiko für einen stationären Therapiebedarf zu minimieren. Eine Kosten-Nutzen-Modellierung kommt zu dem Ergebnis, dass in der Sekundärprophylaxe ein LDL-C-Zielwert ≤ 2,0 mmol/l (≤ 77 mg/dl) am effektivsten ist. Alternativ kann man sich am Non-HDL-Cholesterin orientieren, es sollte 2,6 mmol/l (100 mg/dl) nicht überschreiten.

Wenn CVD-Betroffene ihr Lipidziel unter der Monotherapie mit einem maximal dosierten, ausreichend wirksamen Statin nicht erreichen, empfehlen die Expertinnen und Experten, über eine Therapieeskalation zu sprechen – aber auch erneut den möglichen Nutzen eines gesünderen Lebensstils zu betonen. Komorbiditäten, Lebenserwartung, Fitness und etwaige Multimedikation müssen ebenfalls in Betracht gezogen werden. Zur medikamentösen Verstärkung eignen sich Ezetimib, die PCSK9-Inhibitoren Alirocumab und Evolocumab sowie das si-RNA-basierte Inclisiran.

Mit Ezetimib lässt sich eine Reduktion schwerer kardiovaskulärer Ereignisse um 7 % erzielen, angesichts des niedrigen Preises ist es unabhängig von der Höhe des Cholesterinspiegels sehr kostengünstig. Zur maximalen Lipidsenkung kann es auch CVD-Betroffenen zusätzlich verordnet werden, die bereits die angestrebten Werte aufweisen.

Etwa 9 % der Menschen mit CVD berichten eine Unverträglichkeit für sämtliche Formen der Statintherapie, unter den Symptomen dominieren Muskelkater und Myalgien. Auch in diesen Fällen, oder wenn Statine kontraindiziert sind, rät das Expertenteam unabhängig vom Cholesterinspiegel zu Ezetimib. Falls das Lipidziel damit nicht erreicht wird, kommen alternativ oder zusätzlich Alirocumab, Bempedoinsäure, Evolocumab und Inclisiran in Betracht. Zur Kontrolle des Therapieerfolgs sollte das Lipidprofil einmal jährlich bestimmt werden. So lassen sich auch Hinweise auf eine familiäre Hypercholeserinämie erurieren und erhöhte Triglyzeridwerte erkennen.

Quelle: Wonderling D et al. BMJ 2024; 384: q637; DOI: 10.1136/bmj.q637

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Eine aktuelle Leitlinie beschreibt die optimale Sekundärprävention von kardiovaskulären Ereignissen und berücksichtigt dabei auch die Kostenaspekte. Eine aktuelle Leitlinie beschreibt die optimale Sekundärprävention von kardiovaskulären Ereignissen und berücksichtigt dabei auch die Kostenaspekte. © freshidea – stock.adobe.com