Booster für die Immuntherapie

DGHO 2024 Dr. Miriam Sonnet

CAR-T-Zellen und bispezifische Antikörper wirken bei Blutkrebs, neue Ansätze verbessern ihre Wirkung bei soliden Tumoren. CAR-T-Zellen und bispezifische Antikörper wirken bei Blutkrebs, neue Ansätze verbessern ihre Wirkung bei soliden Tumoren. © Artur – stock.adobe.com

Bisher kommen CAR-T-Zellen und bispezifische Anti-körper vor allem zur Therapie hämatologischer Krebsarten zum Einsatz. Die Wirksamkeit bei soliden Tumoren scheint begrenzt, lässt sich aber durch unterschiedliche Strategien erhöhen. Beispiele umfassen eine zusätzliche Vakzinierung und die Gabe eines zweiten Bispecifics.

Bisher haben CAR-T-Zell-Therapien bei soliden Tumoren eher enttäuscht. Die Gründe liegen unter anderem in der Mikroumgebung und physikalischen Barrieren, erläuterte Prof. Dr. Andreas Mackensen vom Onkologischen Zentrum des Universitätsklinikums Erlangen.

Forschende versuchen durch verschiedene Ansätze, die Wirksamkeit der CAR-T-Zellen zu erhöhen. Einer davon ist eine Ko-Vakzinierung. Prof. Mackensen präsentierte dazu eine Studie, in der die Patient:innen zunächst eine gegen Claudin 6 (CLDN6) gerichtete CAR-T-Zell-Therapie erhielten und im Anschluss eine RNA-Vakzine. Durch repetitive Impfungen kann die Persistenz der CAR-T-Zellen verlängert werden. CLDN6 eigne sich gut als Target, weil es auf zahlreichen – insbesondere testikulären – Tumoren exprimiert wird und auf gesundem Gewebe fehlt. 

Nach vielversprechenden präklinischen Daten wurde eine Phase-1-First-in-Human-Studie ins Leben gerufen. In BNT211-01 eingeschlossen sind Patient:innen mit rezidivierten/refraktären fortgeschrittenen CLDN6+ Tumoren und einem ECOG PS von 0–1. In Teil 1 erhielten die Teilnehmenden verschiedene Dosierungen der CAR-T-Zellen als Monotherapie. Erwiesen sich diese als sicher, bekamen Erkrankte in Teil 2 eine von drei getesteten Dosierungen (1x107, 1x108 und 2–5x108 Zellen) in Kombination mit der Vakzine – die ersten fünf Immunisierungen im Abstand von jeweils drei Wochen, im Anschluss alle sechs Wochen bis zum Progress. 

Insgesamt wurden 78 Personen behandelt, berichtete der Kollege. Überwiegend waren diese an einem Keimzelltumor (n = 30) oder an einem Ovarialkarzinom (n = 31) erkrankt. Aufgrund von bestimmten Toxizitäten gab es in Dosisstufe 2 (DL2; 1x108 Zellen) zwei Kohorten, in denen die Intensität der lymphodepletierenden Chemotherapie auf 50 % und 75 % reduziert wurde.

21 der 64 auswertbaren Teilnehmenden (32,8 %) sprachen auf die Therapie an; davon erzielten drei (4,1 %) eine Komplettremission. Die Krankheitskontrollrate betrug 67,2 %. Auf die höheren Dosisstufen (mind. DL2, mit oder ohne Vakzine) sprachen 51,5 % an (17/33). „Man sieht dosisabhängig eine Verbesserung der Effektivität“, so Prof. Mackensen. Ähnliche Ergebnisse wurden beobachtet, wenn die Forschenden verschiedene Tumorentitäten – Keimzelltumor und Ovarialkarzinom – getrennt analysierten. Die repetitive Vakzinierung verbesserte dabei die Persistenz der CAR-T-Zellen, und das auch noch nach 100 Tagen. Sie führte aber nicht zu vermehrten Toxizitäten.

Das Follow-up der Studie dauert an. Unter anderem wollen die Verantwortlichen nun Sicherheit und Tolerabilität der DL3 in Kombination mit der Vakzine prüfen. Eine Phase-2-Studie bei Keimzelltumoren soll im kommenden Jahr starten.

Sicherheitsprofil der CLDN6-gerichteten CAR-T-Zellen

Das Toxizitätsprofil war dosisabhängig, berichtete Prof. Mackensen. In den höheren Stufen traten dosislimitierende Toxizitäten auf. Dabei handelte es sich vor allem um ein immuneffektorzell-assoziiertes HLH*-like Syndrom. Eine beginnende HLH müsse man frühzeitig behandeln, dann sei sie gut kontrollierbar. „Es gab drei Todesfälle“, so der Referent. Darunter eine Person mit Sepsis, eine mit Pilzpneumonie und eine mit HLH. Zytokinfreisetzungssyndrome erreichten überwiegend nur den Grad 1 oder 2, in zwei Fällen war es vom mindestens Grad 3. „ICANS ist bei diesem Ansatz kein großes Problem“, hob der Experte hervor.

*    hämophagozytische Lymphohistiozytose

Optimierung bispezifischer Antikörper

Auch die Wirksamkeit von bispezifischen Antikörpern lässt sich erhöhen. Prinzipiell könne man dabei an drei Stellschrauben drehen, erläuterte Prof. Dr. Helmut Salih, Universitätsklinikum Tübingen und DKTK am DKFZ Heidelberg:2 der Zugänglichkeit des Tumors, der Spezifität der Therapie sowie deren Sustainability. Unter Letzterer versteht man, dass die Effektorzellen länger funktional und responsiv bleiben.

Die Akzessibilität lässt sich verbessern, indem man Zielgene auswählt, die nicht nur auf den Tumoren selbst, sondern auch auf deren Gefäßen exprimiert sind. „Wenn Sie das tun, dann setzen Sie sozusagen einen Entzündungsreiz am Gefäß. Das ist quasi das Signal, damit die T-Zellen in den Tumor einwandern sollen“, schilderte der Onkologe. Außerdem schädige man so die Blutgefäße des Tumors. Unter anderem die Zielantigene PSMA, Endoglin und B7H3 weisen eine solche duale Expression auf.

Alle drei Herausforderungen könnten Expert:innen mit einem neuen Ansatz adressieren: Nämlich mit einem bispezifischen Antikörper namens BiCo-1, der an Endoglin und CD28 bindet, und der zusätzlichen Gabe eines weiteren Bispecific, der sich gegen CD3 und PSMA richtet. „Wenn Sie zwei bispezifische Antikörper geben und einer liefert das Signal 1 über CD3 und der zweite liefert das Signal 2 über CD28, dann können sie die physiologische T-Zell-Aktivierung besser nachahmen“, erläuterte der Referent. 

Mit der Strategie lassen sich sowohl Tumorzellen als auch -gefäße anpeilen und durch die Kombination der CD3- und CD28-Stimulation bleibe die T-Zell-Antwort erhalten. Auch die Spezifität sei damit besser, denn nur wenn das Zielantigen gebunden wird, kommt es zu einer Aktivierung des Effektormoleküls. Und: Wird nur der CD28-Bispecific gegeben, kann das die T-Zelle nicht aktivieren – es braucht das kostimulatorische CD3-Molekül. „Die Konstrukte sind funktionell voneinander abhängig, wodurch sich die Spezifität erhöht“, sagte Prof. Salih. Die Antikörper richten sich zudem gegen Zielantigene, deren Expression in gesundem Gewebe nicht überlappt. 

Dass das Ganze funktioniert, demonstrierten die Forschenden zunächst in Prostatakarzinomzellen und in Mäusen. „Nur wenn beide Zielantigene gebunden sind, kommt es zu einer suffizienten T-Zell-Antwort.“ Das führe auch dazu, dass man die Dosis des CD3-Stimulators deutlich reduzieren kann – ein ausgesprochenes Ziel, denn dieser kann prinzipiell alleine die T-Zellen aktivieren und entsprechende Nebenwirkungen verursachen. „Wichtig ist, dass wir mit dieser Kombination die T-Zellen stimulieren, die wir haben wollen: nämlich die Effektor- und Central-Memory-Zellen.“ Der Ansatz soll in einer Studie mit Prostatakarzinompatient:innen geprüft werden, deren Rekrutierung im zweiten Quartal 2025 startet.

Prof. Salih und sein Team entwickelten bereits einen zweiten Bispecific, der sich gegen B7H3 (CD276) sowie CD3 richtet. B7H3 ist in verschiedenen Krebsarten sowie den Tumorgefäßen überexprimiert. Allerdings kam es zu einer relativ starken Zytokinfreisetzung. „Ein bisschen Zytokine brauchen Sie, aber nicht zu viele“, so Prof. Salih. Ziel müsse es sein, die Affinität zu CD3 so weit zu reduzieren, dass sich die Freisetzung verringert– so geschehen in einem neuen Konstrukt mit abgeschwächter CD3-Affinität. 

Zurzeit wird eine First-in-Human-Studie durchgeführt, in der die Forschenden den Antikörper namens CC-3 prüfen. Eingeschlossen sind Erkrankte mit vorbehandeltem CRC, Brustkrebs und Sarkomen. Geplant ist, das Ganze mit einem gegen das Fibroblasten-Aktivierungsprotein (FAP) und CD28 gerichteten kostimulatorischen Antikörper (BiCo-3) zu kombinieren. Dr. Miriam Sonnet

Quellen:
1.    Mackensen A. DGHO-Jahrestagung 2024; Vortrag V148
2.    Salih H. DGHO-Jahrestagung 2024; Vortrag V149

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CAR-T-Zellen und bispezifische Antikörper wirken bei Blutkrebs, neue Ansätze verbessern ihre Wirkung bei soliden Tumoren. CAR-T-Zellen und bispezifische Antikörper wirken bei Blutkrebs, neue Ansätze verbessern ihre Wirkung bei soliden Tumoren. © Artur – stock.adobe.com