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Die körperdysmorphe Störung führt zu großer Unzufriedenheit bis Suizidalität – und sie ist gar nicht so selten

In der Dermatologie etwa seien es 9–12 %, berichtete Prof. Dr. Christian Stierle, klinischer Psychologe von der Hochschule Fresenius in Hamburg. Beim Wunsch nach einer Rhinoplastik wird die Häufigkeit der körperdysmorphen Störung sogar mit 22–52 % angegeben.
Kennzeichnend für die KDS ist die übermäßige Beschäftigung mit Mängeln und Defekten des eigenen Körpers, die von anderen nicht wahrgenommen werden oder ihnen geringfügig erscheinen. Erkrankte überprüfen ihr Erscheinungsbild ständig im Spiegel und manipulieren an den jeweiligen Stellen herum, bis hin zu korrigierenden Eingriffen. Drei Viertel der KDS-Betroffenen nehmen kosmetische Behandlungen und Operationen in Anspruch. Allerdings führt das nicht zu einer höheren Akzeptanz des betroffenen Körpers. Im Gegenteil: Die Symptome verschlechtern sich nach den Korrekturen eher noch.
Drehen sich die Befürchtungen vorrangig um Körperfett und Gewicht, spricht das eher für eine Essstörung, die nach DSM-5 von der körperdysmorphen Störung abzugrenzen ist. In einem Drittel der Fälle liegen aber beide Störungen komorbid vor, betonte Stierle.
Die KDS geht mit einer extrem hohen Krankheitslast und hoher Suizidalität einher. Die deshalb wichtige Therapie wird allerdings häufig durch eine geringe Krankheitseinsicht erschwert. Auch während einer Behandlung kann das Verständnis dafür, dass die eigenen Sorgen um das Aussehen übertrieben sind, schwanken. Dann kann es nach einer vorübergehenden Besserung wieder zu einer Verschlechterung und beispielsweise zu erneuten ästhetischen Eingriffen kommen.
Auch andere komorbide psychische Erkrankungen treten häufig auf, vor allem internalisierende Störungen. Die britische Leitlinie empfiehlt bei KDS primär eine kognitive Verhaltenstherapie. Diese könne auch verbreitete Komorbiditäten mit hoher Effektstärke mitbehandeln, betonte Prof. Stierle.
Wichtige Bausteine der Therapie sind die Exposition mit Reaktionsverhinderung (z. B. ohne Make-up oder kaschierende Kleidung in die Öffentlichkeit zu gehen oder das Fotografieren der entsprechenden Körperstellen zu unterlassen) sowie die kognitive Umstrukturierung. Im Einzelfall könne es aber auch sinnvoll sein, bestimmte Kanäle in sozialen Medien mit andauernden Triggern zu meiden, meinte Prof. Stierle.
Liegt eine schwer ausgeprägte KDS vor, gibt es Evidenz für die Wirksamkeit des selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmers Fluoxetin. Bei Ansprechen sollte diese Therapie über mindestens zwölf Monate erfolgen. Für den Einsatz von Antipsychotika gibt es explizit keine Empfehlung. Eher sollte man ein SSRI mit Buspiron kombinieren, riet Prof. Stierle. Der genannte evidenzbasierte Therapieansatz müsse im Alltag an den Einzelfall und den Verlauf angepasst werden. So benötigten schwer psychisch Erkrankte eine längere, oft auch wiederholt stationäre psychotherapeutische Behandlung. Ein Problem sei allerdings, dass es derzeit nur wenige spezialisierte Kliniken dafür gebe, räumte der Experte ein.
Quelle: * Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde
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