Die Krux mit Kupfer und Eisen

Dr. Franziska Hainer

Bei der Hämochromatose kommt es zu einer Eisenüberladung. Die Eisendepots (braun) finden sich z.B. in den Hepatozyten. Bei der Hämochromatose kommt es zu einer Eisenüberladung. Die Eisendepots (braun) finden sich z.B. in den Hepatozyten. © Science Photo Library/Jose Calvo

Um Folgeschäden der Leberstoffwechsel­erkrankungen Morbus Wilson und Hämochromatose zu verhindern, ist es wichtig, die Krankheiten früh zu diagnostizieren und gezielt zu behandeln. Besonders der Morbus Wilson kann sich auf vielfältige Weise äußern und wird daher oft verzögert entdeckt.

Morbus Wilson

Hepatische und/oder neuropsychiatrische Symptome, dazu manchmal ein Kayser-Fleischer-Kornealring: Die Kupferspeicher-Erkrankung Morbus Wilson hat viele Gesichter, wie Prof. Dr. ­Uta Merle­ und Dr. Isabelle­ Mohr­ von der Universität Heidelberg erklären. Die Erkrankung lässt sich auf eine Mutation im ATP7B-Gen zurückführen, die einen Defekt am Morbus-Wilson-Protein verursacht.

Dieses Protein fungiert normalerweise als Kupfertransporter für die Ausscheidung von Kupfer in die Gallenflüssigkeit. Ist dieser gestört, kommt es zu einer Kupfer­überladung hauptsächlich der Leber, aber z.B. auch des Gehirns und der Kornea.

Die meisten Patienten entwickeln in einem Alter zwischen 5 und 35 Jahren erstmals Symptome. In ca. 5 % der Fälle manifestiert sich ein Morbus Wilson mit akutem Leberversagen, das mit einer Coombs-negativen hämolytischen Anämie einhergehen kann, schreiben die Autorinnen. Die Leber kann auf unterschiedliche Weise auffällig werden: asymptomatische Hepatomegalie und/oder Splenomegalie, Steatosis hepatis, akute oder chronische Transaminasen-Erhöhung, kompensierte oder dekompensierte Leberzirrhose sind möglich. Das neurologische Symptomspektrum umfasst Tremor, Ataxie, Hypersalivation, Dysarthrie oder Dysgrafie sowie psychiatrische Auffälligkeiten. Der typische Kayser-Fleischer-Kornealring findet sich bei etwa 50 % der Patienten mit hauptsächlich hepatischer Symptomatik.

Wegweisend für die Diagnose sind die Parameter des Kupferstoffwechsels: ein niedriger Coeruloplasmin-Spiegel und eine erniedrigte Kupferkonzentration im Serum sowie eine erhöhte Kupferausscheidung von > 1,6 µmol/24 h bzw. 100 µg/24 h im 24-Stunden-Sammelurin. Die Leberbiopsie ist der diagnostische Goldstandard, bei dem der Kupfergehalt (> 250 µg/g) im Trockengewicht des Leberpräparats bestimmt werden muss. Zusätzlich kann der sogenannte Leipzig-Score für die Diagnosestellung herangezogen werden. Dieser umfasst alle relevanten diagnostischen Tests. Die Autorinnen empfehlen ein Familienscreening bei allen Verwandten ersten Grades eines Morbus-Wilson-Patienten.

Die Patienten erhalten eine lebenslange Therapie mit Kupferchelatoren wie D-Penicillamin und Triethylentetramin/Trientin sowie Zinksalzen. Therapeutisches Ziel ist es, eine negative Kupferbilanz zu erreichen und zu erhalten. Verlaufskontrollen werden alle sechs Monate empfohlen, hierfür bieten sich neben den Leberwerten die Kupferausscheidung im 24-Stunden-Sammelurin und das nicht an ­Coeruloplasmin gebundene Kupfer an, erklären die Autorinnen.

Hämochromatose

Bei der Hämochromatose führt die erhöhte intestinale Eisen­resorption zu einer Eisenüberladung. Diese hat eine Schädigung von Leber, Pan­kreas-B-Zellen, Herz, endokrinen Organe und Gelenken zur Folge. Unterschieden werden die HFE(High Fe)-assoziierte Hämochromatose und seltenere Non-HFE-Hämochromatosen. Die in westlichen Ländern bei Weitem häufigste Form der Hämochromatose ist die autosomal-rezessiv vererbte HFE-assoziierte Hämochromatose mit homozygoter C282Y-Mutation des HFE-Gens. 

Die erhöhte Eisenresorption wird bei der HFE-assoziierten Hämochromatose durch eine Verminderung des Hepcidins verursacht. Hepcidin sorgt normalerweise für eine Reduktion der Eisenaufnahme. Das überschüssige Eisen (ca. 2–3 mg pro Tag) führt zur Eisenüberladung. 

Abhängig vom Stadium kann sich die Eisenüberladung zunächst mit unspezifischen Symptomen bemerkbar machen. Die Lebererkrankung führt im Verlauf zu Fibrose und Zirrhose. Außerdem entstehen mitunter Folgeschäden an Pankreas (Diabetes mellitus), Herz (Kardiomyopathie), Hypophyse und Gonaden (Unterfunktion), Haut (Pigmentierung) und Gelenken (Arthropathie). Betroffene Frauen entwickeln meist erst in der Postmenopause Beschwerden. Bei Männern zeigen sich Symptome häufig bereits früher, um das 45. Lebensjahr, schreiben die Autorinnen.

Eine deutliche Erhöhung der Transferrinsättigung (> 90 %) in Kombination mit einem erhöhten Serumferritin weist auf eine klassische Hämochromatose hin. Bei Nachweis einer HFE-C282Y-Mutation in Kombination mit erhöhten Eisenstoffwechselparametern kann die Diagnose gestellt werden. Eine Leberbiopsie ist in dieser Konstellation obsolet.

Die Aderlasstherapie ist die ­effektivste Methode, um das überschüssige Eisen aus dem Körper zu entfernen. Sie ist ein Leben lang indiziert. Der Therapieerfolg sollte anhand der Bestimmung der Serum-Ferritinwerte alle zwei bis drei Monate kontrolliert werden, so die Autorinnen.

Quelle: Merle U, Mohr I. Dtsch Med Wochenschr 2023; 148: 836-843; DOI: 10.1055/a-1871-6393

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Der Kayser-Fleischer-Kornealring ist typisch für Morbus Wilson, tritt aber nicht bei allen Patienten auf. Der Kayser-Fleischer-Kornealring ist typisch für Morbus Wilson, tritt aber nicht bei allen Patienten auf. © Science Photo Library
Bei der Hämochromatose kommt es zu einer Eisenüberladung. Die Eisendepots (braun) finden sich z.B. in den Hepatozyten. Bei der Hämochromatose kommt es zu einer Eisenüberladung. Die Eisendepots (braun) finden sich z.B. in den Hepatozyten. © Science Photo Library/Jose Calvo