Bei Arthropathie auch an die angeborene Hämochromatose denken

Dr. Elke Ruchalla

Klassischerweise sind die Metacarpophalangealgelenke 2 und 3 beider Hände betroffen. Klassischerweise sind die Metacarpophalangealgelenke 2 und 3 beider Hände betroffen. © fotolia/Sebastian Kaulitzki

Ist es eine hereditäre Hämochromatose? Gehen Sie Ihrem Verdacht konsequent nach. Denn die frühzeitige adäquate Therapie der Eisenspeicherkrankheit sichert Ihrem Patienten nicht nur die Lebensqualität – es kann ihn auch vor schweren Endorganschäden bewahren.

Oft sind es Gelenkbeschwerden, die den Patienten wegen einer hereditären Hämochromatose zum Arzt führen. Das ist kaum verwunderlich, fallen dem Betroffenen diese Störungen im Alltag doch wesentlich eher auf als etwa eine Leberschädigung.

Eine Arthropathie liegt bei 24–81 % der Personen mit der vererbten Eisenspeicherkrankheit vor, schreibt Dr. Axel Braner von der Rheumatologischen Ambulanz am Frankfurter Universitätsklinikum. Schon dieser breite Bereich der in der Literatur genannten Zahlen deutet an, dass das Spektrum klinischer Gelenkmanifestationen als Folge der Stoffwechselstörung breit ist und dass keine einheitlichen Kriterien für die Beurteilung der Gelenkmanifestationen existieren.

Klinik und Röntgenbild zeigen sich dabei höchst variabel, wie der Rheumatologe beschreibt: Die Befunde können denen einer primären degenerativen Arthrose ähneln, Gichtattacken imitieren oder sogar an eine rheumatoide Arthritis (RA) denken lassen. Einige Unterschiede helfen aber bei der Differenzialdiagnose:

  • Die Patienten sind jünger als bei einer degenerativen Arthrose. Es handelt sich häufiger um Männer und klassischerweise sind die Metacarpophalangealgelenke 2 und 3 beidseits betroffen. Ein Faustschluss ist nicht oder nur eingeschränkt möglich.
  • Schwellungen als Anzeichen einer Synovitis können vorhanden sein. Im Gegensatz zur RA fehlen aber nächtliche Schmerzen und Morgensteifigkeit.
  • Entzündungsparameter wie das CRP und BSG sind nur selten erhöht. Oft finden sich dagegen erhöhte Werte für die Transferrinsättigung und – abhängig vom Stadium der Erkrankung – für Serumferritin.

Ein typischer Befund im Röntgenbild der Hand zeigt symmetrisch an den Fingergrundgelenken 2 und 3 radialseitig hakenförmige Osteo­phyten, Gelenkspaltverschmälerungen und subchondrale Zysten. Die degenerativen Veränderungen in den großen Gelenken fallen eher durch ihr schnelles Fortschreiten als durch ihr Ausmaß auf. Hier kann ein MRT helfen, zwischen degenerativer Arthrose und Hämochromatose-Arthropathie zu unterscheiden. Bei Letzterer finden sich Knochenmarködem und subchondrale Mikrozysten, die sich meist als hypointens in der T1-Gewichtung und hyperintens in der T2-Gewichtung darstellen.

Jeder 200. trägt die Mutation

Bei der in West- und Nordeuropa diagnostizierten Eisenspeicherkrankheit handelt es sich zum überwiegenden Teil um die autosomal-rezessiv vererbte Typ-1-Hämochromatose mit Mutation im HFE-Gen auf Chromosom 6. In Nordeuropa liegt die Prävalenz für die Mutation bei 0,5 %. Das Spektrum der Erkrankung ist weit und reicht von klinisch gesunden Genträgern bis hin zu frühzeitigen schweren Verläufen mit Organversagen. Neben Leberzirrhose, hepatozellulärem Karzinom und Kardiomyopathie kann es zum Diabetes mellitus, exokriner Pankreasinsuffizienz, Hypogonadismus, Arthropathie und Osteoporose kommen.

Aderlass kann helfen oder schaden

Die regelmäßigen Aderlässe als Standardtherapie der Hämochromatose können auch die Arthropathie bessern – genauso gut aber auch verschlechtern, das lässt sich nicht vorhersagen. Gegen die Schmerzen kommen die gleichen Medikamente zum Einsatz wie bei den primären Arthrosen, also Analgetika wie Paracetamol und Metamizol. Oft muss man aber auch den Einsatz von Opioiden in Erwägung ziehen. Optimal ist die Betreuung im interdisziplinären Team:
  • Ein ausgewiesener Schmerztherapeut sollte die Analgetika-Dauermedikation begleiten.
  • Physiotherapeuten und Ergotherapeuten geben dem Patienten Hilfestellung für Alltag und Beruf.
  • Bei Bedarf sollte eine achsengerechte Versorgung mit Schuhzurichtung, Einlagen oder Orthesen erfolgen.

Früh über potenziell nötigen Gelenkersatz reden

Schließlich empfiehlt sich aufgrund der häufig raschen Befundprogression die frühzeitige Beratung bezüglich einer endoprothetischen Versorgung. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Patient früher oder später einen Gelenkersatz an Knie oder Hüfte benötigt, ist etwa neunmal so hoch wie in der Allgemeinbevölkerung – wobei die postoperativen Ergebnisse ebenso gut sind wie bei primärer Arthrose.

Quelle: Braner A. Dtsch Med Wochenschr 2018; 143: 1167-1173

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Klassischerweise sind die Metacarpophalangealgelenke 2 und 3 beider Hände betroffen. Klassischerweise sind die Metacarpophalangealgelenke 2 und 3 beider Hände betroffen. © fotolia/Sebastian Kaulitzki