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Rechtzeitige Aderlasstherapie kann bei Hämochromatose Folgeschäden verhindern

Die Eisenspeicherkrankheit zählt zu den häufigsten genetischen Leiden in Europa. Die Penetranz fällt allerdings sehr unterschiedlich aus. Patientinnen und Patienten können diverse unspezifische Symptome aufweisen, z. B. eine über Jahre zunehmende Müdigkeit. Kernmerkmal der Hämochromatose ist die fortschreitende Eisenüberladung. Von ihr waren in einer Studie 25 % der Männer mit entsprechender Homozygotie im Alter von 60 Jahren betroffen, schreiben Dr. Lorenz Pammer und PD Dr. Benedikt Schäfer von der Universitätsklinik Innsbruck.
Der Anstieg des Serumeisens macht sich laborchemisch mit einer erhöhten Transferrinsättigung (TfS) bemerkbar. Die Kombination mit einem gesteigerten Serumferritin spricht für eine Hämochromatose. Zum Ausschluss einer hämatologischen Erkrankung sollten Blutbild und Retikulozytenzahl bestimmt werden.
Keine Phlebotomie bei isolierter Hyperferritinämie
Eine isolierte Hyperferritinämie deutet eher auf eine inflammatorische bzw. metabolische Genese hin als auf eine tatsächliche Eisenüberladung. Zum Nachweis gehört neben dem Überschreiten der Ferritingrenzwerte (> 300 ng/ml für Männer, > 200 ng/ml für Frauen) das Vorliegen einer Fettleber oder Stoffwechselerkrankung. Therapeutisch liegt der Fokus auf der metabolischen Grunderkrankung, eine Phlebotomie ist nicht indiziert.
Bei Personen mit erhöhter TfS und Hyperferritinämie rät das Autorenteam zu einer Genotypisierung der Polymorphismen p.C282Y und p.H63D am HFE*-Gen. Als sicheres Hämochromatosekriterium gilt nur die Homozygotie für p.C282Y. Dieser Befund allein reicht aber nicht aus für eine Diagnose, zusätzlich muss eine Eisenüberladung bestehen. Bei Unklarheiten ermöglicht die MRT eine nicht-invasive Quantifizierung der Fe-Belastung. Falls eine Patientin oder ein Patient trotz Eisenüberladung keine p.C282Y-Homozygotie aufweist, sollte die weitere Abklärung in einem Zentrum erfolgen.
Bereits zum Zeitpunkt der Diagnose sollten hepatische und extrahepatische Manifestationen erfasst werden. Der Schweregrad der Lebererkrankung lässt sich in der Regel mittels Elastografie bestimmen, eine Biopsie bleibt Ausnahmefällen vorbehalten. Des Weiteren ist bei der Hämochromatose mit Arthropathie, Osteoporose, endokrinen Folgen (Diabetes, Hypothyreose) und kardialer Dysfunktion zu rechnen.
Vor einer spezifischen Therapie sollte man Betroffene über die allgemeinen Verhaltensempfehlungen aufklären. Dazu zählen:
- keine Eisen- und Vitamin-C-Präparate einnehmen
- häufigen Konsum von (rotem) Fleisch vermeiden
- keine rohen oder nicht ausreichend gekochten Meeresfrüchte essen
- auf Alkohol verzichten
- bei offenen Wunden Kontakt mit Meerwasser vermeiden (Gefahr einer Infektion mit Vibrio vulnificus)
Nimmt eine Patientin bzw. ein Patient aufgrund einer anderen Indikation Protonenpumpenhemmer ein, so kann dies die Eisenaufnahme hindern und die Behandlung unterstützen. Als Goldstandard bei Hämochromatose gilt nach wie vor der Aderlass. Initial wird ein Ferritin < 50 µg/l angestrebt. Pro Sitzung sollten etwa 400 bis 500 ml Vollblut entnommen werden. Der empfohlene Abstand zwischen den Sitzungen liegt in der Induktionsphase zwischen ein und zwei Wochen. Nach vier Aderlässen sollte erstmals wieder der Ferritinwert bestimmt werden, im Verlauf vor jeder zweiten Prozedur.
In der Erhaltungsphase gestaltet sich der Abstand der Phlebotomien individuell. Die Therapie läuft auf unbestimmt Zeit. Angestrebt wird ein Ferritin zwischen 50 und 100 µg/l. Der Eisenstatus sollte etwa alle sechs Monate kontrolliert werden. Eine Überprüfung des Hämoglobinspiegels ist vor jeder „Blutentnahme“ angezeigt. Sinkt der Wert unter 12 g/dl, sollte man die Behandlungsintervalle verlängern. Unterhalb von 11 g/dl ist eine Pause indiziert.
*human hemochromatosis gene
Quelle: Pammer LM, Schäfer B. Dtsch Med Wochenschr 2024; 149: 1276-1281; doi: 10.1055/a-2279-8279
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