Arthrose

Definition

Bei Arthrosen handelt es sich um langsam progrediente, primär nicht entzündliche degenerative Erkrankungen des Gelenkknorpels und anderer Gelenkbestandteile. Zwischendurch können entzündliche Episoden mir akuten Schmerzen auftreten, was dann als „aktivierte Arthrose“ bezeichnet wird. Im Spätstadium können dann auch Dauerschmerzen und Funktionsminderungen auftreten.

Arthrosen sind die häufigste Gelenkerkrankung – die Inzidenz nimmt mit dem Alter zu. Im 6. Lebensjahrzehnt zeigen circa 20 % der Menschen im Röntgenbild eine Knie- oder Hüftgelenksarthrose – nur 20 bis 30 % haben dabei aber subjektive Beschwerden. Bei den anderen handelt es sich um eine „stille“ oder latente Arthrose, die nicht behandlungsbedüftig ist. Bis zum 80. Lebensjahr steigt die Prävalenz einer radiologischen Gonarthrose z.B. bei Männern auf 33 %, bei Frauen auf 53 % an. Nur 10 bis 15 % der Menschen mit radiologisch gesicherten Gonarthrose geben dabei aber klinische Beschwerden an.

Am häufigsten sind die Knie- und Hüftgelenke betroffen, gefolgt von den Gelenken der Hand. Grundsätzlich können Arthrosen aber in jedem Gelenk auftreten.

Häufige Begleit- und Grunderkrankungen sind Diabetes mellitus, Hyperlipoproteinämie, Übergewicht, Hyperurikämie, Herzinsuffizienz.

Man unterscheidet:

Primäre (idiopathische) Arthrosen

  • keine erkennbare Ursache, Auftreten im Alter
  • genetische Prädisposition – Heberden-Arthrose der distalen Interphalangealgelenke (DIP) mit Knotenbildung als typisches Beispiel (w : m = 4 :1)

Sekundäre Arthrose

  •  als Folge von Unfällen, Fehlstellungen, Adipositas, zu starker einseitiger Belastung (evtl. auch als Berufskrankheit), rheumatischen Erkrankungen etc.
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Symptomatik

Typische Frühsymptome (Frühtrias) sind:

  • Anlaufschmerz
  • Ermüdungsschmerz
  • Belastungsschmerz

Im Spätstadium (Spättrias):

  • Dauerschmerz
  • Nachtschmerz
  • Muskelschmerz
  • außerdem Bewegungseinschränkungen, Wetterfühligkeit, Krepitationen
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Untersuchung

Typische Untersuchungsbefunde:

  • Bewegungseinschränkung im betroffenen Gelenk
  • Krepitation
  • knöcherne Verdickung der Gelenkstrukturen
  • Instabilität
  • Muskelatrophie
  • Fehlstellungen
  • Muskelkontrakturen
  • bei aktivierter Arthrose lokale Hyperthermie, Druckschmerzhaftigkeit, Gelenkerguss
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Labor

Da der radiologische Befund bei Arthrose oft nicht mit der Klinik korreliert, muss grundsätzlich immer beides zusammen betrachtet werden.

Anamnese

  • Fragen nach Trauma, abnormen Belastungen (Beruf, Sport)

Laboruntersuchung:

  • bei Arthrose keine spezifischen Veränderungen

Bildgebende Verfahren

Röntgen:

  • primäres Verfahren zum Nachweis einer Arthrose
  • Arthroseanzeichen sind Gelankspaltverschmälerung, subchondrale Sklerosierung, Geröllzysten, Osteophyten
  • in schweren Fällen Deformierung des Gelenkes, sekundäre Chondrokalzinose
  • Funktionsaufnahmen z.B. des Knies zum Nachweis der Bandinstabilität 

Sonographie

  • z.B. bei Schwellungen im Kniegelenk → Ausschluss Bursitis, Baker-Zyste
  • am Hüftgelenk Nachweis intraartikulärer Erguss, Beurteilung periartikulärer Weichteile

 MRT

  • Bei Diskrepanz zwischen klinischem und radiologischem Befund
  • bei ausbleibender Besserung unter Standardtherapie
  • Nachweis von Osteonekrosen
  • Beurteilung von Weichteilgeweben und Knorpel (z.B. Labrum des Hüftgelenks)
  • am Knie bei z.B. Meniskuszeichen, Kreuzbandinstabilität
  • vor Arthroskopien

Gelenkszintigraphie

  • evtl. zur Differenzialdiagnose z.B. bei Verdacht auf rheumatoide Arthritis

CT

  • Evtl. zum Ausschluss nicht im Röntgenbild erkennbarer knöcherner Veränderungen (z.B. Frakturen am Hüftgelenk)
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Differenzialdiagnostik

Beschwerden im Knie:

  • Koxarthrose
  • Neurologische Krankheitsbilder
  • Insertionstendinosen
  • Arterielle Verschlusskrankheit
  • Arterielles Aneurysma
  • Rheumatoide Arthritis
  • Infektionskrankheiten
  • Bakerzyste
  • Chronisches regionales Schmerzsyndrom
  • Gicht
  • Knochen-und Gelenktumor
  • Degenerativer Meniskusschaden
  • Durchblutungsstörungen des Knochens

Beschwerden im Hüftgelenk

  • Infektionen (bakteriell, viral)
  • Chondromatose
  • Schenkelhals- und Acetabulum-Frakturen
  • Hüftdysplasie
  • Labrumeinrisse
  • Hüftkopfnekrosen
  • entzündlich-rheumatische Gelenkerkrankungen
  • femoroazetabuläres Impingemen
  • vertebragene Ursachen
  • pseudo-radikuläre Syndrome
  • Osteomyelitiden
  • Bursitiden
  • Piriformis-Syndrom
  • Hamstring-Syndrom
  • Affektionen des Iliosakralgelenkes
  • Leisten-, Obturatorius-, Schenkelhernien
  • neurogene Inguinalsyndrome
  • extraartikuläre proximale Femurfrakturen -
  • Primärtumoren
  • Metastasen
  • pelvine, inguinale, retroperitoneale Angiopathien
  • gelenknahe Insertionstendinopathien
  • Syndrom der schnappenden Hüfte
  • intraabdominelle Erkrankungen
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Pharmakotherapie und nichtinvasive Therapie

Allgemeine Maßnahmen:

  • Aufklärung und Patientenschulung
  • Gewichtsabnahme bei Übergewicht
  • vernünftiger Wechsel von Belastung und Entlastung (gelenkschonende Sportarten)
  • Warmhalten der Gelenke
  • geeignetes Schuhwerk (festes Schuhwerk mit Pufferabsätzen, evtl. Fußbettung, Schuheinlagen, Abrollhilfen)

Physikalische Therapie

  • krankengymnastische Bewegungstherapie
  • isometrisches Muskeltraining (Muskelaufbau und -kräftigung), evtl. Gang-, Haltungs- und Koordinationsschulung
  • Wassergymnastik /Schwimmen im warmen Wasser
  • bei Arthrosen ohne entzündliche Aktivität Wärmeanwendungen (z.B. Salben, Pflaster, Rotlicht, Fango)
  • bei aktivierter Arthrose Kälteanwendungen, Elektrotherapie (TENS)

Symptomatische medikamentöse Therapie zur Schmerzreduktion und Entzündungshemmung:

Koxarthrose

  • Paracetamol (bei milden, moderaten Schmerzen)
  • Metamizol
  • NSAR/Coxibe (möglichst nicht als Dauertherapie, Kontraindikationen beachten, so niedrig dosiert wie möglich, ggf. Ulkusprophylaxe mit PPI)
  • bei sehr starken Schmerzen evtl. Opioidanalgetika
  • evtl. Glucosamin, Oxaceprol, Hyaluron-Säure und Chondroitin-Sulfat als Dauertherapie (langsamer Wirkeintritt, Evidenz unterschiedlich)
  • evtl. intraartikuläre Kortikosteroid-Injektionen
  • evtl. Phytotherapeutika, Homöopathie (Evidenz unzureichend)

Gonarthrose

  • Versuch mit topischen NSAR (vor allem bei Alter ≥ 75 Jahre)
  • bei nicht ausreichender Wirkung NSAR oral (intermittierend, befristet während Schmerz- und Entzünungsperiode - Kontraindikationen beachten, so niedrig dosiert wie möglich, ggf. Ulkusprophylaxe mit PPI)
  • bei nicht ausreichender Wirkung, Kontraindikationen, erhöhtem Nebenwirkungsrisiko evtl. Glucosamin (kontinuierlich, wirksam spätestens nach drei Monaten), intraartikuläre Hyaluronsäure und/oder intraartikuläre Kortikosteroide (kurzzeitige Therapie im Entzündungsschub)
  •  letzter medikamentöser Versuch mit Opioiden (z.B. als Überbrückung bis zur Knie-OP oder bei nicht-operablen Patienten)

Weitere Maßnahmen:

  • evtl. Akupunktur
  • ggf. Hilfsmittelversorgung (z.B. Gehhilfen, Rollator)
  • evtl. Entlastungorthesen (z.B. Kniegelenk), Schuhzurichtungen
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Prävention

Prävention:

  • Vermeidung von unphysiologischen, gelenkbelastenden Aktivitäten in Alltag, Beruf und Sport
  • Bewegungstraining, gelenkschonender Sport
  • Vermeidung von Übergewicht (BMI < 25 kg/m2)
Leitlinien

1. Herold - Innere Medizin 2017

Leitlinie der Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) S2k-Leitlinie Gonarthrose (Stand 1/2018)

Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) und des Berufsverbandes der Ärzte für Orthopädie (BVO)

S3-Leitlinie Koxarthrose (Stand 2011)

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