Riesenzellarteriitis

Definition

Die Riesenzellarteriitis ist die häufigste systemische Vaskulitis bei über 50-Jährigen. Es handelt sich um eine Arteriitis mittelgroßer und großer Arterien, wobei typischerweise die Äste der A. carotis und der A. vertebralis von den entzündlichen Veränderungen betroffen sind.

Typisch ist eine granulomatöse Entzündung mit Lymphozyten, Makrophagen und Riesenzellen in der Gefäßwand. Als Folge kann eine Stenosierung oder Okklusion der Gefäße auftreten.

Etwa die Hälfte der Patienten leiden zusätzlich an einer Polymyalgia rheumatica (PMR) mit proximalen Muskelschmerzen von Schulter- und Beckengürtel.

In Deutschland liegt die Inzidenz der RZA bei über 50-Jährigen bei 3,5 auf 100.000, wobei Frauen 2–6-mal häufiger betroffen sind. Die Ätiologie ist unbekannt. Aufgrund jahreszeitlicher Schwankungen und höherer Inzidenz in Ballungsräumen werden Umweltfaktoren als Trigger vermutet.

Unbehandelt kommt es bei RZA/Arteriitis cranialis bei circa 30 % der Patienten zur Erblindung – bei konsequenter Therapie ist die Prognose relativ günstig.

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Symptomatik

Symptome durch Beteiligung der kranialen Gefäße:

  •  analgetikarefraktäre Kopfschmerzen (bei etwa drei Viertel der Patienten, bitemporal, meist konstant)
  • Kau-Claudicatio durch Ischämie der Kaumuskulatur (seltener auch Claudicatio beim Schlucken und Zungenschmerzen)
  • Überempfindlichkeit der Kopfhaut
  • Visusverlust bei Augenbeteiligung (70% der Patienten) mit drohender Erblindung innerhalb weniger Tage
  • Auffälligkeiten an der A. temporalis (Druckschmerz, Knoten, Pulslosigkeit)

Symptome durch Beteiligung großer Gefäße (Aorta und Aortenäste)

  • Claudicatio der Extremitäten (vor allem Arme)

Symptome durch systemische Entzündung

  • Fieber
  • Nachtschweiß
  • Appetit-/Gewichtsverlust
  • Abgeschlagenheit

Polymyalgia rheumatica

  • proximal betonte sehr schmerzhafte Myalgien und Steifigkeit im Nacken, Schulter und Beckengürtel (besonders nachts)
  • Morgensteifigkeit (meist > 1 Stunde)
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Untersuchung
  • Palpation der Temporalarterie (Druckschmerz, knotige Veränderungen)
  • Auskultation der Arterien einschließlich A. subclavia und A. axillaris
  • beidseitige Blutdruckmessung zum Nachweis von Seitendifferenzen (einseitig führende Gefäßstenose)

Augenärztlicher Befund:

  • „Cottonwool spots“ als Zeichen einer lokalen Durchblutungsstörung der Netzhaut
  • Amaurosis fugax
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Labor

1. Labordiagnostik:

  • Stark erhöhte BSG (meist > 50 mm in der 1. Stunde, kann im Initialstadium noch normal sein)
  • CRP erhöht
  • evtl. leichte Leukozytose und Anämie

2. Bildgebende Verfahren:

Farbcodierte Duplexsonographie:

  • Nachweis der Entzündung im Bereich von Temporalarterien, A. occipitalis, A. subclavia, extrakraniellen Gefäßen (entzündliches Wandödem, Stenosen, Verschlüssen)

Hochauflösendes MRT:

  • detaillierte Bildgebung der Arterienwand und des Arterienlumens
  • Erkennen des kranialen Befallmusters
  • zur Planung der Temporalisbiopsie

Positronenemissionstomographie (PET):

  • sensitive Darstellung entzündlicher Prozesse

3. Biopsie der A. temporalis:

  • diagnostischer Goldstandard zum Nachweis einer RZA
  • kann in Lokalanästhesie (auch ambulant) durchgeführt werden

4. Augenärztliche Untersuchung

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Differenzialdiagnostik

Wichtige Differenzialdiagnosen

Arteriitis cranialis:

  • Kopfschmerzen anderer Genese
  • Amaurosis fugax bei arterieller Verschlusskrankheit der A. carotis
  • andere Vaskulitisformen

Polymyalgia rheumatica:

  • Polymyositis/Dermatomyositis (hier CK-Erhöhung)
  • rheumatoide Arthritis (insbesondere late onset RA)
  • paraneoplastische Myopathie
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Der Morbus Horton kann auch die intrakraniellen Blutgefäße befallen. Kopfschmerzen und erhöhte BSG-Werte kommen in diesen Fällen seltener vor. 

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Pharmakotherapie und nichtinvasive Therapie

Glukokortikosteroide

Schon bei dringendem klinischem Verdacht auf RZA sollte mit der Behandlung begonnen werden – die Diagnostik darf den Therapiebeginn nicht verzögern.

  • bei RZA/Arteriitis cranialis Beginn mit 1 mg/kg KG Prednisolon/d (bei Amaurosis fugax 15 mg/kg KG i.v. über 3 Tage)
  • nach klinischer Besserung dann stufenweise Reduktion um 5 mg pro Woche
  • Erhaltungstherapie mit Prednisolon ≤ 7,5 mg/d für mindestens 24 Monate (sonst Rezidivgefahr)
  • Bei alleiniger PMR reichen in der Regel 15–20 mg/d als Initialtherapie
  • kommt es unter Kortikosteroiden nicht zur dramatischen Besserung Überprüfung der Diagnose

Andere Immunsuppressiva

  • Methotrexat bei Kontraindikationen gegen Glukokortikoteride oder zu hoher Erhaltungsdosis (bei MTX-Unverträglichkeit alternativ Azathioprin)
  • in therapierefraktären Fällen evtl. Cyclophosphamid

Biologika

  • In therapierefraktären Fällen evtl. Tocilizumab (Antikörper gegen Interleukin-6-Rezeptor

Additive Therapie

  • niedrig dosiertes ASS (100 mg/d) zur Verhinderung ischämischer Komplikationen
  • Osteoporoseprophylaxe (Vitamin D)
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Prävention

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Leitlinien

1. Thomas Ness et al; Diagnose und Therapie der Riesenzellarteriitis; Deutsches Ärzteblatt (2013); 110 (21): 377-86

2. Herold - Innere Medizin 2017

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