„Fieber unklarer Genese“ – wie Sie diese Verlegenheitsdiagnose gekonnt umgehen: Fortschritte beim Entwirren der Ursachen
Bereits vor über 90 Jahren wurde der Begriff „Fieber unklarer Genese“ geprägt. Die aktuelle Definition von FUO (fever of unknown origin) umfasst drei Kriterien:
- Fieber > 38,3 °C, mehrfach gemessen
- Krankheitsdauer von über drei Wochen
- keine Diagnose trotz einwöchiger stationärer Abklärung oder nach dreimaliger ambulanter Diagnostik
Doch was steckt hinter der Symptomatik, wenn man denn die Ursache rauskriegt? Wiederholt wurden Daten von großen Patientenkohorten aufgearbeitet. Dabei kristallisierten sich im Wesentlichen drei Erkrankungsgruppen heraus: Infektionen, Malignome und nicht infektiöse entzündliche Prozesse (s. Tabelle). Vor allem Morbus Still, Kollagenosen, Vaskulitiden und Polymyalgia rheumatica fanden sich in der Gruppe der chronisch entzündlichen Erkrankungen.
Diese Diagnosen stecken häufig hinter unklarem Fieber | ||
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Infektionen | Maligne Erkrankungen | Chronische Entzündung |
Endokarditis | Non-Hodgkin-Lymphom | adulter M. Still |
Abszesse | Nieren-Karzinom | Kollagenosen |
Tuberkulose | Mamma-Karzinom | Vaskulitiden |
Harnwegsinfekte | Metastasen bei unbekanntem Primärtumor | Polymyalgia rheumatica |
Tropenrückkehrer: Malaria, Erkrankungen durch Arboviren, Rickettsien und enterale Erreger u.a. | autoinfl ammatorische Syndrome | |
Tierkontakt: Zoonosen |
Nun gibt es eine bemerkenswerte Arbeit, die entsprechende Daten aus dem Zeitraum von 1961 bis 2007 zusammenfasst, berichtete Professor Dr. Bernhard Manger von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Dabei ordneten die Forscher die Ursachen der Fiebersymptomatik folgenden fünf Kategorien zu: Infektion, Malignom, entzündliche Erkrankung, Sonstiges sowie ungeklärte Diagnose. In dem fast fünf Jahrzehnte umfassenden Beobachtungszeitraum nahmen infektiöse und maligne Erkrankungen als Ursachen des unklaren Fiebers ab. Demgegenüber stieg der Anteil chronisch entzündlicher Krankheiten eher. Und trotz immer besserer diagnostischer Verfahren stieg der Prozentsatz ungeklärter Diagnosen stark an – und zwar kontinuierlich bis zuletzt auf über 50 %.
Bei der Patientenversorgung fiel zudem eine Gruppe auf, die sich in puncto zugrunde liegender Diagnosen und Outcome nicht wesentlich von FUO-Kranken unterschied. Betroffene hatten zwar hohe serologische Entzündungsparameter, aber keine erhöhte Temperatur. Hierfür wurde der Begriff Inflammation unklarer Genese (IUO, inflammation of unknown origin) eingeführt.
PET/CT entlarvt die Diagnose sehr häufig
Aktuell liegen nun Daten einer klinischen Untersuchung vor, die sowohl Patienten mit Fieber als auch Inflammation unklaren Ursprungs erfasste, berichtete Prof. Manger. Im Zeitraum von 2007 bis 2015 wurden insgesamt 72 FUO-Kranke und 139 IUO-Patienten systematisch mittels Positronenemissions- samt Computertomographie (PET/CT) untersucht. Auf diese Weise konnte bei unklarem Fieber in rund 72 % der Fälle eine Diagnose gestellt werden. In der Inflammations-Gruppe betrug diese Rate knapp 84 %. Nicht infektiöse, entzündliche Erkrankungen nahmen in beiden Kollektiven den ersten Rangplatz ein (FUO: ca. 49 %, IUO: ca. 62 %). Wobei vor allem Großgefäß-Vaskulitiden und Polymyalgia rheumatica gefunden wurden. Ungeklärt blieb die Diagnose bei 28 % der Patienten mit Fiebersymptomatik. In der Gruppe mit ausschließlich hohen Entzündungsparametern fiel diese Rate mit rund 17 % etwas niedriger aus.
Aktuelle Metaanalysen bestätigten den diagnostischen Wert der PET/CT bei unklarem Fieber, so der Experte. Studiendaten zufolge ließ sich bei 60 % aller Patienten, deren Beschwerden nicht mittels Labortests und herkömmlicher Bildgebung abklärbar war, eine definitive Ursache dingfest machen. Eine probatorische Therapie wird generell nicht empfohlen.
Als Ausnahme gelten allerdings drei klinische Verdachtsdiagnosen:
- infektiöse Endokarditis (Kombinationsantibiose)
- disseminierte oder zentralnervöse Tuberkulose (Tuberkulostatika)
- Riesenzellarteriitis (hoch dosiert Glukokortikoide)
Um in diesen Fällen gravierende Schäden zu vermeiden, sollte bei entsprechenden klinischen Hinweisen eine empirische Therapie eingeleitet werden, kommentierte Prof. Manger. Die Mortalität des Fiebers unklarer Genese liegt bei etwa 7 %. Wobei in über 60 % der Fälle letztlich unerkannte Malignome dahintersteckten.