Streptokokken: Antibiotika sind bei Angina fast immer sinnlos

Autor: Dr. Dorothea Ranft / Dr. Anna-Lena Krause

Antibiotika verkürzen die Beschwerdedauer nur geringfügig. Antibiotika verkürzen die Beschwerdedauer nur geringfügig. © iStock/g-stockstudio

Einige Ärzte verordnen bei Halsschmerzen noch immer fleißig Antibiotika, ohne überhaupt auf Bakterien getestet zu haben. Dabei nutzen die Keimkiller sogar dann kaum, wenn nachweislich Streptokokken am Werk sind.

Bei Halsschmerzen gilt es zunächst, zwischen einer Streptokokken-Angina und anderen Ursachen, insbesondere den wesentlich häufigeren viralen Infek­tionen, zu unterscheiden. Auf einzelne Symptome ist hier kein Verlass. Das Team um Yael Hofmann von der Medizinischen Universitätsklinik und Infektiologie/Spitalhygiene am Kantonsspital Baselland in Bruderholz, Basel, empfiehlt deshalb, die Wahrscheinlichkeit der bakteriellen Erkrankung anhand des McIsaac-Scores abzuschätzen (s. Kasten).

Wenn Fieber senken, dann nur in Maßen

Der Patient kann selbst viel zur Symptomlinderung beitragen. Wichtig ist z.B. eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr mit warmen Getränken wie Lindenblüten- oder Salbeitee. Auch Halswickel mit Zitrone oder Quark können helfen, ebenso topische Lokalanästhetika (Lutschtabletten, Rachenspray etc.). Fieber sollte wegen seiner Rolle für die Immunabwehr nur bei einer Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens maßvoll gesenkt werden, empfehlen die Kollegen aus Basel.

Quelle: Hofmann Y et al. Swiss Medical Forum 2019; 19: 481-488

McIsaac-Score

  • Fieber > 38 °C: 1 Punkt
  • Tonsillen-Rötung mit/ohne Beläge: 1 Punkt
  • Zervikale Lymphadenopathie: 1 Punkt
  • Fehlender Husten: 1 Punkt
  • Alter: 3–14 Jahre: 1 Pkt., 15–44 Jahre: 0 Pkt., ab 45 Jahre: -1 Pkt.
Wahrscheinlichkeit für positiven Rachenabstrich: Score 1: 5–10 %, Score 2: 11–17%, Score 3: 28–35 %, Score 4–5: 51–53 %.

Eine weitere Abklärung mit Rachenabstrich und Schnelltest auf Streptokokken der Gruppe A sollte erfolgen, wenn der McIsaac-Score drei oder mehr Punkte erreicht, Patienten mit Score 0–2 brauchen keine zusätzliche Diagnostik. Fällt der Streptokokken-Schnelltest positiv aus, stellt sich die Frage, ob Sie ein Antibiotikum verordnen. Jahrzehntelang wurde die antibakterielle Therapie zur Prophylaxe des akuten rheumatischen Fiebers (ARF) propagiert. Doch diese Einschätzung hat sich geändert: Seit einigen Jahren sehen die europäischen Leitlinien in dem Schutz vor dieser Autoimmunkomplikation keine Indikation mehr für die Antibiose. Der Grund für diesen Sinneswandel: Das rheumatische Fieber ist in den westlichen Ländern im 20. Jahrhundert praktisch verschwunden – trotz gleichbleibender Inzidenz der Streptokokken-Angina. Das minimale Restrisiko für ARF lässt sich auch durch Antibiotika nicht weiter senken, betonen die Autoren. Es liegt ungefähr auf gleichem Niveau wie das für eine schwere Anaphylaxie nach Penicillingabe. Also wird im Allgemeinen von einer ARF-Prophylaxe abgeraten. Es gibt jedoch Ausnahmen. So sollten Patienten mit erhöhtem Risiko, z.B. aufgrund eines ARF in der persönlichen Anamnese, weiterhin Penicillin bzw. Amoxicillin erhalten.

Einem Peritonsillarabszess vorbeugen macht keinen Sinn

Außerdem tritt das ARF in armen Ländern nach wie vor auf. Unklar bleibt bisher, ob eine vermehrte Immigration aus diesen Regionen zu einer Zunahme rheumatogener Streptokokken-Stämme in Europa und zu mehr ARF-Fällen führt. Um diese rechtzeitig zu erkennen, raten die Kollegen, dazu, die epidemiologische Situation konsequent zu überwachen. Eine weitere Poststreptokokken-Erkrankung, die Glomerulonephritis, taucht inzwischen ebenfalls kaum noch auf, sodass man auf eine antibakterielle Prophylaxe verzichten kann. Keine Indikation für eine Antibiotika-Prävention sehen die europäischen Leitlinien auch beim Peritonsillarabszess. Diese eitrige Komplikation der Streptokokken-Angina ereignet sich im Vergleich zu den 1950er- bis 1970er-Jahren inzwischen deutlich seltener und lässt sich schwer vorhersehen. Zwei Drittel der Fälle treten bei Patienten mit einem McIsaac-Score 0–2 auf oder bei Personen, die gar nicht wegen Halsschmerzen in die Praxis kommen. Außerdem müssten Studien zufolge zwischen 193 und 4300 Kranke behandelt werden, um einen Abszess zu verhindern, und in den meisten Fällen bleibt im Akutfall noch genügend Zeit für eine Antibiotikatherapie. Als wesentliches Argument für die Behandlung gilt heute die Verkürzung der Krankheitsdauer. Betroffene müssen aber wissen, dass die Symptome innerhalb einer Woche fast immer von selbst verschwinden. Die Antibiose verkürzt die Beschwerdedauer nur geringfügig um ein bis zwei Tage. In der Praxis bewährt sich oft eine verzögerte Antibiotikagabe: Der Patient erhält ein Rezept, soll es aber nur einlösen, wenn sich die Symptome verschlechtern oder nach 72 Stunden nicht bessern. In Studien war die später begonnene Behandlung ebenso wirksam wie die sofortige. Aber 70 % der Halsschmerzgeplagten konnten auf die Medikamente verzichten. Red-Flag-Kriterien (s. Kasten) dulden selbstverständlich keine Verzögerung.

Hier führt kein Weg am Bakterienkiller vorbei

  • schwer kranker Patient
  • Immunsuppression (Chemotherapie etc.)
  • ungewöhnlicher Verlauf (z.B. Zunahme der Schmerzen, Schluckprobleme, Fieber, fehlende Besserung nach 4–7 Tagen)
  • streng einseitige Beschwerden (v.a. Peritonsillar­abszess)
  • Kieferklemme (Patient kann nicht mehr schlucken oder den Mund öffnen)
  • Scharlach-Verdacht (Hautausschlag, Erdbeerzunge)
  • akutes rheumatisches Fieber (Eigen- oder Familien­anamnese)
  • Kleinkinder, Patienten > 65 Jahre, ernste Begleiterkrankungen

Streptokokken: Das wollen Patientinnen und Patienten wissen

Was sind Streptokokken? 

Streptokokken sind Bakterien, die natürlicherweise die Schleimhäute besiedeln und dort überwiegend positive Effekte entfalten. Unter bestimmten Umständen können sie jedoch auch Rachen- und Hautinfektionen sowie Blutvergiftungen auslösen. Die meisten krankheitsauslösenden Arten wie Streptococcus pyogenes zählen zur Gruppe der β-hämolysierenden Streptokokken. Diese sind in der Lage, rote Blutkörperchen zu zerstören und den roten Blutfarbstoff abzubauen.

Wie werden Streptokokken übertragen?

Streptokokken werden über direkten Kontakt oder Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Die Bakterien verbreiten sich besonders gut, wenn sich viele Menschen auf engem Raum aufhalten, wie z. B. in Schulen. Vor Hautinfektionen können einfache Hygienemaßnahmen schützen. S. pyogenes lässt sich mit Desinfektionsmitteln leicht abtöten.

Gibt es einen Impfstoff gegen Streptococcus pyogenes? 

Derzeit existiert kein spezifischer Impfstoff gegen Streptococcus pyogenes.

Welche Symptome verursacht eine Streptokokkeninfektion? 

Streptokokken können nach einer Inkubationszeit von einem bis vier Tagen Rachenentzündungen sowie Haut- und Weichteilinfektionen verursachen. Eine Angina äußert sich mit Halsschmerzen, zu denen sich mitunter Fieber und bei Kindern Erbrechen gesellen. Im Gesicht können die Bakterien zu Pusteln führen, die sich verkrusten. Entzündungen von Unterhaut, Muskeln und Faszien werden oft von Fieber begleitet. 

Gelangen die Erreger in die Blutbahn, kann daraus eine Sepsis resultieren. Von den Bakterien abgegebene Giftstoffe sind Ursache von Scharlach und Toxic-Shock-Syndrom. Beim Scharlachexanthem bilden sich meist zunächst am Oberkörper kleinfleckige Papeln, die sich im Laufe der Zeit über den ganzen Körper ausbreiten – mit Ausnahme der Handinnenflächen und Fußsohlen. Hinzu kommen ein blasser Bereich um den Mund und eine intensiv rote Zunge mit hervorstehenden Papillen (sogenannte „Himbeerzunge“). Eine Blutvergiftung und das Toxic-Shock-Syndrom sind lebensbedrohlich und gehen mit Fieber bis zum Organversagen einher.

Wie wahrscheinlich stecken Streptokokken hinter einer Mandelentzündung?

Eine Mandelentzündung, auch Tonsillitis genannt, wird in den meisten Fällen durch Viren verursacht. Bei 5–15 % der Erwachsenen und 15–30 % der 5- bis 15-Jährigen ist der Auslöser S. pyogenes.

Wie lang ist man nach einer Streptokokkeninfektion ansteckend?  

Unbehandelt sind Infizierte bis zu drei Wochen ansteckend. Bei eitrigen Ausscheidungen kann die kontagiöse (ansteckende) Phase noch länger dauern.

Welche Komplikationen können bei durch Streptokokken verursachten Halsentzündungen auftreten? 

Der Peritonsillarabszess ist eine tiefe Halsinfektion, deren Entstehung durch Rauchen und verschiedene Bakterien gefördert wird. Betroffene haben starke Schmerzen beim (Speichel) schlucken und eine Enge im Hals, ihre Stimme ist kloßig. Sie sollten eine HNO-Praxis aufsuchen. 

Sehr selten treten infolge einer Infektion mit Streptococcus pyogenes ein akutes rheumatisches Fieber (ARF) oder eine poststreptokokkenreaktive Arthritis (PSrA) auf. Ein bis drei Wochen nach Beginn des Infekts entwickeln sich dabei Fieber, Gelenkschmerzen oder Hautausschlag. An einem ARF erkranken vor allem Kinder. Im Verlauf kann es zu einem Befall der Herzklappen kommen. Verursacht dies langfristige Probleme, spricht man von einer rheumatischen Herzerkrankung. Die Wahrscheinlichkeit, nach einer Streptokokkeninfektion ein ARF zu entwickeln, ist sehr gering. Die Behandlung von Herz- oder Gelenkentzündungen erfolgt mit nicht-steroidalen Antirheumatika wie beispielsweise Naproxen. 

Die akute Poststreptokokkenglomerulonephritis (APSGN) tritt vor allem in Entwicklungsländern auf. Bei uns wird sie selten beobachtet. Die Nierenentzündung entwickelt sich eine bis fünf Wochen nach der Infektion. Manche Betroffene haben Kopf- und Bauchschmerzen, erbrechen oder fühlen sich schlapp. Häufig verläuft die Erkrankung unbemerkt oder leicht.

Wann sollte man bei Halsschmerzen Antibiotika einnehmen?  

In der Regel verschwinden Halsschmerzen innerhalb einer Woche von selbst. Antibiotika reduzieren die Dauer der Beschwerden und das Risiko für Komplikationen kaum. Dagegen treten bei denjenigen, die Antibiotika einnehmen, in bis zu 10 % der Fälle allergische Reaktionen auf. Bis zu 25 % bekommen unter der Therapie Durchfall. Deswegen verschreibt die Ärztin oder der Arzt bei Halsschmerzen nur in Einzelfällen Antibiotika. Ob eine Antibiotikatherapie sinnvoll ist, kann sie oder er anhand von bestimmten Kriterien wie Fieber oder Husten einschätzen. Besteht von ärztlicher Seite der Verdacht, dass ein akutes rheumatisches Fieber vorliegt, werden Antibiotika verschrieben.

Welche Antibiotika werden bei (Verdacht auf) Streptokokken verordnet? 

In bestimmten Fällen, aber nicht generell, erfolgt die Therapie mit Penicillin, bei einer Allergie kann z. B. Clarithromycin verschrieben werden.

Welche Nebenwirkungen haben Antibiotika bei Streptokokken? 

Penicilline können in einem von zehn bis hundert Fällen allergische Reaktionen hervorrufen. Auch Durchfälle treten nicht selten auf (2,5–25 %, abhängig vom Antibiotikum).

Wie lange dauert es, bis Antibiotika bei Streptokokken wirken? 

Etwa 24 Stunden nach Beginn einer wirksamen Antibiose erlischt die Ansteckungsfähigkeit der Erkrankten.

Welche Alternativen zu Antibiotika gibt es bei Halsschmerzen? 

Man sollte ausreichend trinken, sich körperlich schonen und nicht rauchen (auch nicht passiv). Bei Fieber eignen sich Wadenwickel, bei Halsschmerzen Lutschtabletten. Letztere lindern meist auch ohne Wirkstoff die Beschwerden, weil sie die Speichelproduktion anregen. Salbei kann ebenfalls helfen. Bei starken Schmerzen kann man Ibuprofen oder Naproxen nehmen, aber über eine möglichst kurze Zeit.
 

Quellen: S3-Leitlinie „Halsschmerzen“; AWMF-Register-Nr. 053-010; www.awmf.org
S2k Leitlinie „Akutes rheumatisches Fieber und Poststreptokokken reaktive Arthritis“; AWMF-Register-Nr. 023-027; www.awmf.org
www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Streptococcus_pyogenes.html
Smith KL et al. Am Fam Physician 2023; 107: 35-41

Streptokokken: Das sollten Ärztinnen und Ärzte wissen

Wie lässt sich die Wahrscheinlichkeit einer Streptokokkenpharyngitis einschätzen?

Klinische Zeichen allein oder in Kombination mit Scoring-Systemen können eine Streptokokkenpharyngitis weder eindeutig sichern noch ausschließen. Es gibt bei Halsschmerzen aber Befunde, die eine bakterielle Genese wahrscheinlicher machen:

  • plötzlicher Beginn der Beschwerden
  • Auftreten im Winter oder Frühling
  • Alter 5–15 Jahre
  • wiederholte Streptokokkeninfektionen in der Anamnese
  • Fieber
  • scharlachartiges Exanthem
  • Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen
  • fleckige tonsillopharyngeale Exsudate
  • Petechien am Gaumen
  • anteriore zervikale Lymphadenopathie

Die Wahrscheinlichkeit einer Streptococcus-pyogenes-Infektion lässt sich anhand von klinischen Scoring-Systemen (Centor, McIsaac, FeverPAIN) abschätzen. Nicht anwendbar sind diese Tools bei Säuglingen und Kleinkindern bis drei Jahren, Scharlachexanthem, Infektionen mit anderem Fokus (z. B. Pneumonie, Bronchitis), Verdacht auf infektiöse Mononukleose, schwerer Immunsuppression und anamnestisch erhöhtem Risiko für ein akutes rheumatisches Fieber.

Wann ist bei Verdacht auf eine Streptokokkeninfektion ein Rachenabstrich sinnvoll?

Weder durch mikrobiologische Kulturen noch durch Schnelltests lässt sich eine akute Streptokokkeninfektion sicher von einer asymptomatischen Besiedlung mit den Bakterien unterscheiden. Deshalb wird ein routinemäßiger Rachenabstrich bei akuten Halsschmerzen nicht empfohlen. Das Anlegen von mikrobiologischen Kulturen kann z. B. bei anhaltenden Beschwerden erwogen werden, ein Schnelltest bei 3–15 Jährigen mit einem Centor-/McIsaac-/FeverPAIN-Score ≥ 3. Fällt das Abstrichergebnis negativ aus, ist eine akute Streptococcus-pyogenes-Tonsillopharyngitis weitgehend ausgeschlossen. Ein positives Resultat bei fehlender Symptomatik bedeutet für die Getesteten und deren Kontaktpersonen kein Risiko – es sei denn, es liegt ein akutes rheumatisches Fieber vor.

In welchen Fällen kommt bei akuten Halsschmerzen die Gabe von Antibiotika infrage? 

Halsschmerzen (auch wenn bakteriell verursacht) stellen keine generelle Indikation für eine Antibiotikagabe dar. Bei der Entscheidung für oder gegen eine Antibiotikatherapie können klinische Scoring-Systeme (Centor, McIsaac, FeverPAIN) helfen. Bei einem Score von 3 und einer Symptomdauer von weniger als 14 Tagen sollte eine antibiotische Therapie ausschließlich mittels delayed prescribing angeboten werden, bei mindestens 4 Punkten kann sie auch sofort erfolgen. Wenn unter einer Antibiose innerhalb von drei bis vier Tagen keine Besserung eintritt, ist diese sofort abzusetzen, um Resistenzentwicklungen und Nebenwirkungen zu vermeiden.

In der Regel verschwinden Halsschmerzen innerhalb einer Woche von selbst. Mit Antibiotika lässt sich die Dauer der Beschwerden um durchschnittlich 16 Stunden reduzieren. Auch das hierzulande geringe Komplikationsrisiko wird dadurch kaum weiter gesenkt. Weder das akute rheumatische Fieber noch eine akute Poststreptokokkenglomerulonephritis können durch eine antibiotische Therapie nachweislich verhindert werden. Dagegen treten bei bis zu jedem Zehnten, der Antibiotika einnimmt, allergische Reaktionen auf. Bis zu jeder Vierte bekommt unter der Therapie Diarrhö. Topische Antibiotika bzw. Lokalantiseptika wirken nur oberflächlich, während die Infektion in der Tiefe stattfindet. Deren Anwendung wird daher nicht empfohlen.

Welche Antibiotika werden in welcher Dosierung bei Halsschmerzen verschrieben? 

Wird eine Antibiotikatherapie erwogen (nicht generell!), verschreibt man Erwachsenen und Jugendlichen ab 15 Jahren 3 x 0,8–1,0 Mio IE Penicillin V p. o. für fünf bis sieben Tage, bei Unverträglichkeit z. B. 2 x 250–500 mg Clarithromycin p. o für fünf Tage. Jüngere ab drei Jahren erhalten 0,05–0,1 Mio. IE Penicillin V/kgKG/d verteilt auf drei Einzeldosen bzw. 15 mg Clarithromycin/kgKG/d verteilt auf zwei Einzeldosen.

Soll bei einem erhöhten individuellen Komplikationsrisiko eine Erregereradikation erfolgen, wird das Antibiotikum über zehn Tage eingenommen. Diese kommt z. B. bei schwerer Immunsuppression oder akutem rheumatischem Fieber (ARF) bzw. rheumatischer Herzerkrankung in der Fremd- oder Eigenanamnese infrage. Eine Eradikation beta-hämolysierender Streptokokken kann auch einmalig versucht werden, wenn bei rezidivierenden akuten Tonsillitiden eine Tonsillektomie nicht möglich oder nicht erwünscht ist. Während einer Episode gibt man Kindern ab drei Jahren 60–100 mg Amoxicillin/Clavulansäure/kgKG/d verteilt auf drei Einzeldosen über sieben Tage. Erwachsene erhalten 2 x 1 g/d. Alternativ bekommen Kinder ab drei Jahren 20 mg Clindamycin/kgKG/d verteilt auf drei Einzeldosen über sieben Tage, Erwachsene 3 x 300 mg/d.

Welche Antibiotika gibt man bei Verdacht auf ein akutes rheumatisches Fieber?

Bei Verdacht auf ein ARF gibt man sofort Penicillin V (50.000–100.000 IE/kgKG/d verteilt auf drei Einzeldosen über sieben bis zehn Tage). Wer gegen Penicilline allergisch ist, erhält Makrolide oder Cephalosporine. Nach durchgemachtem ARF sollte eine antibiotische Reinfektionsprophylaxe erfolgen. Die Dauer hängt von der Herzbeteiligung ab und wird zum Teil über mehrere Jahre empfohlen. Die Behandlung erfolgt oral täglich oder als intramuskuläre Gabe in drei- bzw. vierwöchigen Abständen.

Können Streptokokken resistent gegen Antibiotika werden? 

Bisher scheinen noch keine Resistenzen von S. pyogenes gegen Penicilline aufgetreten zu sein. Allerdings kann die Verschreibung von Penicillin die Resistenzentwicklung anderer Bakterien wie Pneumokokken fördern.

Welche Maßnahmen und Therapieoptionen können bei Angina empfohlen werden? 

Bei akuten Halsschmerzen sollte man ausreichend trinken, sich körperlich schonen und nicht rauchen (auch nicht passiv). Zum Fiebersenken eignen sich Wadenwickel, gegen die Halsschmerzen nicht-medizinische Lutschtabletten. Letztere können auch ohne Wirkstoff die Beschwerden lindern, weil sie die Speichelproduktion anregen. Bei starken Schmerzen kann die kurzzeitige Einnahme von Ibuprofen oder Naproxen empfohlen werden. Zur Wirksamkeit naturheilkundlicher Präparate oder Homöopathika fehlen zuverlässige Daten. Für Salbei gibt es einzelne Studien, die eine leichte Verbesserung bei Pharyngitis zeigen.

Welche Komplikationen können bei Streptokokkeninfektionen auftreten?  

Eine lokale Komplikation der akuten Tonsillopharyngitis ist der Peritonsillarabszess. Die Entstehung wird durch regelmäßiges Rauchen und weitere Bakterien wie Fusobacterium necrophorum und Prevotella gefördert. Betroffene berichten über starke Schmerzen beim (Speichel) schlucken und eine Enge im Hals, ihre Stimme ist kloßig. Sie sollten zügig Antibiotika erhalten und an HNO-Fachpersonal überwiesen werden. Eine Punktion, Inzisionsdrainage oder Abszesstonsillektomie können die Beschwerden lindern. 

Zu den immunologischen Folgeerkrankungen einer Infektion mit Streptococcus pyogenes zählen das akute rheumatische Fieber (ARF) und die poststreptokokkenreaktive Arthritis (PSrA). Nach einer asymptomatischen Periode von einer bis drei Wochen treten Fieber, Arthralgien, Arthritiden oder Hauterscheinungen (Erythema marginatum) auf. ARF und PSrA sind oft nicht eindeutig voneinander abzugrenzen. An einem ARF erkranken vor allem Kinder ab dem vierten Lebensjahr, mit einem Häufigkeitsgipfel um das zehnte Lebensjahr. Im Verlauf kann es zu einer Herzbeteiligung kommen, vor allem zu einem Befall der Mitral- und Aortenklappe. Bei persistierenden Valvulopathien spricht man von einer rheumatischen Herzerkrankung. Die Wahrscheinlichkeit, nach einer Streptokokkeninfektion ein ARF zu entwickeln, beträgt weltweit unter 3 %. In Deutschland liegt die Jahresinzidenz bei 0,05 pro 100.000 Einwohner. Bei der PSrA handelt es sich um eine akute, persistierende Arthritis, die nicht über verschiedene Gelenke wechselt. Die Erkrankung tritt mit zwei Häufigkeitsgipfeln von 8–14 und 21–37 Jahren auf. Die Therapie von Karditis und Arthritis erfolgt mit NSAR. Schwere Herzentzündungen behandelt man initial mit Prednisolon.

Zu den weiteren systemischen Komplikationen zählt die akute Poststreptokokkenglomerulonephritis (APSGN). Sie tritt vor allem in Entwicklungsländern auf. Bei uns wird sie selten beobachtet und die Inzidenz sinkt stetig weiter. Sie tritt eine bis fünf Wochen nach der Infektion auf und äußert sich mit Mikro- oder Makrohämaturie, Proteinurie, Oligurie, Ödemen und Hypertonie. Betroffene berichten mitunter über Kopf- und Bauchschmerzen, Erbrechen und Abgeschlagenheit. Häufig verläuft die Erkrankung subklinisch oder leicht.

Welche Auskultationsbefunde sind bei akutem rheumatischen Fieber möglich? 

Bei Valvulopathien ist ein Herzgeräusch wahrnehmbar (Diastolikum bei Aortenklappeninsuffizienz, Systolikum bei Mitralklappeninsuffizienz). Ist der Herzbeutel beteiligt, hört man ein Perikardreiben. Im Fall einer schweren perimyokardialen Entzündung können Arrhythmien auftreten.

Wie sieht die Umgebungsprophylaxe bei akutem rheumatischem Fieber aus?  

Mitbewohner:innen von an ARF Erkrankten sollten per Rachenabstrich auf Streptokokken der Gruppe A untersucht werden. Personen mit positivem Ergebnis behandelt man über eine Woche mit Clindamycin oder Penicillin V plus Rifampicin.

Welche Rolle spielt das rheumatische Fieber bei Streptokokken-Infektionen heute?  

Deutschland gilt als Gebiet mit niedrigem Risiko. In den Jahren 2019 und 2020 betrug die Inzidenz je 0,05/100.000.

Quellen: S3-Leitlinie „Halsschmerzen“; AWMF-Register-Nr. 053-010; www.awmf.org
S2k Leitlinie „Akutes rheumatisches Fieber und Poststreptokokken reaktive Arthritis“; AWMF-Register-Nr. 023-027; www.awmf.org
www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Streptococcus_pyogenes.html
Smith KL et al. Am Fam Physician 2023; 107: 35-41

aktualisiert am: 16.01.2025