
Die Therapie der Neurodermitis erfordert Mut
Gemäß der Neurodermitis-S2-Leitlinie erfolgt die Behandlung des atopischen Ekzems stufenweise, insgesamt vier Stufen sind vorgesehen. Dabei gilt die Rückfettung als Basismaßnahme. Da jede Haut anders ist, muss die Basispflege individuell verordnet werden, betonte der Kollege von der Universitätsklinik für Dermatologie und Allergologie in Marburg.
Zu fragen ist daher immer, ob eine Creme mit hohem Wasseranteil und wenig Öl oder eher eine Salbe mit viel Öl und wenig Wasser notwendig ist. Braucht man eventuell eine Paste, weil die Haut nässt oder wäre eine Schüttelmixtur wegen hoher Entzündungsaktivität von Vorteil?
Salbengrundlage ohne Duft- und Konservierungsstoffe wählen
Als Salbengrundlage bevorzugt man in Marburg eine Grundlage ohne Duft- und Konservierungsstoffe, um Sensibilisierungen zu vermeiden. In Betracht kommen laut Prof. Hertl z.B.:
• Vaselinum alb.
• Ung. leniens (Wintz)
• Ung. emulsificans
• Basissalben verschiedener Firmen
Zur verstärkten Hydratation kann man diesen Salbengrundlagen 5–10 % Harnstoff zusetzen, bei Kindern 2–5 % (jedoch nicht im 1. Lebensjahr). Bei bakterieller Besiedelung der Haut wirkt der Zusatz von 1–4 % Milchsäure; gibt man zur Grundlage 1–3 % Polidocanol hinzu, kann Juckreiz gehemmt werden.
Behandlung durch Syndets und Bäder unterstützen
Als weitere unterstützende Maßnahme verordnet Prof. Hertl synthetische Waschmittel (Syndets), die weder Duft- noch Konservierungsstoffe enthalten (z.B. Physiogel®, Cetaphil®, Lactocerat-Shampoo®). Die Gefahr der Sensibilisierung gegen synthetische Komponenten ist wesentlich geringer als die gegen Kräuterextrakte und natürliche Stoffe, betonte der Experte.
Gegebenenfalls können auch Bäder sinnvoll sein: rückfettend-spreitend (z.B. Balmandol®), emulgierend (z.B. Balneum Hermal®) oder adstringierend bei nässenden Ekzemen (z.B. Tannolact®/Tannosynt®).
Unbestritten: Topische Steroide gehören dazu
Topische Glukokortikoide haben einen festen Platz bei der Behandlung des atopischen Ekzems. Ab Stufe 3 kommen Substanzen der Klassen I/II zum Einsatz. Akut werden sie ein- bis zweimal täglich appliziert, ggf. erhält der Patient zusätzlich fett-feuchte Verbände.
Sukzessive wird die Dosis reduziert, wobei sich folgendes Applikationsschema anbietet:
• 2x/d für drei Tage
• 1x/d für drei Tage
• 1x/d jeden zweiten Tag (insgesamt dreimal)
• 1x/d jeden dritten Tag (insgesamt dreimal)
• 1x/Woche als Rezidivprophylaxe
Fürs Gesicht einen Calcineurininhibitor wählen?
„Wir sind bereit, auch bei Kindern mit akutem Schub einer Neurodermitis topische Glukokortikoide anfangs intensiver einzusetzen“, erklärte Prof. Hertl. Unter dieser Behandlung gelingt es in kurzer Zeit, die Krankheit zu kontrollieren, was auch die Compliance der Eltern bessert. Zudem sind die Nebenwirkungen der kurzzeitigen Therapie „sehr überschaubar“.
Im Gesicht sollte man allerdings mit den potenten Steroiden sehr zurückhaltend sein. Nur in seltenen Fällen wird man hier ein Klasse-III-Steroid wählen.
Auch die Nachteile der neuen Wirkstoffe beachten
Einen ziemlichen Wirbel gab es um die topischen Calcineurininhibitoren. „Jetzt haben wir endlich ein Kortison-Ersatzpräparat“, jubelten vor allem die Eltern. Tatsächlich bieten Tacrolimus und Pimecrolimus Vorteile: Man kann die beiden Wirkstoffe längerfristig anwenden, ohne dass es zur Hautatrophie kommt, was gerade im Gesicht bedeutsam ist. Zudem werden sie kaum resorbiert.
Doch es gibt auch Nachteile: Initial kann es zu Brennen und Hautrötung kommen, die Tacrolimussalbe hat eine stark fetthaltige Grundlage, was, so Prof. Hertl, „nicht immer angenehm ist“. Die Wirkstärke von Pimecrolimus entspricht lediglich der von Glukokortikoiden der Klassen I–II. Und ob es bei sehr langer Anwendung evtl. zu toxischen Wirkungen oder einer Photokarzinogenität kommt, ist bisher noch unklar. Eine gleichzeitige UV-Therapie gilt als obsolet.
Den Hauptstellenwert der Calcineurininhibitoren sieht Prof. Hertl in der Anwendung im Gesichts- und intertriginösen Bereich. Auch eine Intervalltherapie zur Schubprophylaxe ist mit ihnen möglich.
In schweren Fällen bleibt manchmal nur Ciclosporin A
In hartnäckigen Fällen, wenn auch die Stufe-3-Therapie des atopischen Ekzems nicht zum Erfolg führt, sollte man eine systemische immunsuppressive Behandlung einleiten. Orale Glukokortikoide sind zwar im akuten Schub wirksam, aber keine Option für die Langzeittherapie. Hierfür bietet sich als Mittel der Wahl Ciclosporin A an.
In der Regel wird es als Kurzzeittherapie über acht Wochen gegeben. Eine Langzeitbehandlung sollte maximal zwei Jahre durchgeführt werden, erinnerte Prof. Hertl. Initial erhält das Kind 2,5–5 mg/kgKG Ciclosporin A pro Tag. Weder davor noch danach darf eine Phototherapie durchgeführt werden. Lebendimpfungen sind absolut kontraindiziert, der Effekt von Totimpfungen ist nicht gewährleistet.
Es gibt kaum Daten für Ciclosporin-Alternativen
Falls Ciclosporin nicht wirkt, kommt Azathrioprin als Alternative in Betracht, obwohl es keine prospektiven Studien bei Kindern gibt. Auch Mycophenolatmofetil und Methotrexat gelten zumindest bei Erwachsenen als Second-line-Medikamente. Für Kinder liegen keine Studiendaten vor.
Auch für den Anti-IgE-Antikörper Omalizumab fehlen harte Daten, die belegen, dass es unter der Therapie zu einer signifikanten Besserung des atopischen Ekzems kommt. Bisher hat man nur einzelne positive Fallberichte.
Vortrag auf der 59. Jahrestagung der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (SGKJ) 2010 in Marburg
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).