Die Top 10 der Arzneimittelinteraktionen

Dr. Sascha Bock, Foto: Fotolia, Artem Shodrin

Treten bei der stationären Behandlung eines Patienten Komplikationen auf, sind in 70 % der Fälle Arzneimittelinteraktionen die Ursache. Doch auch im ambulanten Bereich kommt es zu Zwischenfällen. Die wichtigsten zehn Wechselwirkungen im Überblick!

Unter den Interaktionspartnern finden sich am häufigsten Herz-Kreislauf-Medikamente und Schmerzmittel, erklärt Dr. Dirk Keiner von der Zentralapotheke des SRH Zentralklinikums Suhl.

Probleme bereiten vor allem rezeptfreie Medikamente sowie Nahrungsergänzungsmittel, zu denen Patienten zusätzlich greifen. Fragen Sie daher gezielt nach eingenommenen Präparaten und verschaffen Sie sich so einen Überblick über aktuelle Medikation und Einnahmemodus.

Achten Sie besonders auf:

1. Grapefruit: Soweit bekannt, kommt es bei ganzen 85 oralen Arzneistoffen zu klinisch relevanten Interaktionen, wenn gleichzeitig Grapefruit (200 ml Saft oder eine Frucht) verzehrt wird. Eine zeitversetzte Einnahme beseitigt das Problem nicht, denn vor allem durch irreversible Hemmung eines CYP-Enzyms in der Darmwand verringert die Frucht den First-Pass-Effekt, somit steigt die Bioverfügbarkeit der Medikamente. Vorsicht ist geboten z.B. bei Antiinfektiva (z.B. Erythromycin), Herz-Kreislauf-Mitteln (Felodipin, Simvastatin, Verapamil, Apixaban), verschiedenen Psychopharmaka, Immunsupressiva sowie Zytostatika.

2. Antibiotika: Die meisten Antibiotika blockieren die hepatische Biotransformation. Die Kombi aus Makrolid (außer Azithromycin) und Statin beispielsweise kann zur Rhabdomyolyse führen, zusammen mit Verapamil drohen Stürze oder Arrhythmien, und gemeinsam mit Carbamazepin verabreicht resultiert möglicherweise ein Nystagmus. Chinolone verlängern die QT-Zeit im EKG. Nimmt der Patient zusätzlich andere QT-verlängernde Substanzen ein, kumuliert dieser Effekt. Daher sind Antipsychotika, Antiarrhythmika sowie H1-Antihistaminika als Komedikation kontraindiziert. Bei Cotrimoxazol plus ACE-Hemmer bzw. Angiotensin-Rezeptorblocker steigt wiederum das Hyperkaliämierisiko.

3. Blutdrucksenker plus NSAR: Die systemische Gabe von nichtsteroidalen Antiphlogistika erhöht den Blutdruck um ca. 5–10 mmHg und schränkt die Effektivität von Diuretika, ACE-Hemmern, Angiotensin-Antagonisten und Betablockern ein. Wie stark NSAR den Blutdruck beeinflussen, hängt von der Dosis, der Einnahmedauer und dem Applikationsweg (oral>rektal>dermal) ab.

Elektronische Unterstützung

Vor allem bei Patienten, die mehr als fünf Arzneimittel einnehmen (Polypharmazie), verbessert eine erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber Wechselwirkungen auch die Therapiesicherheit. Hier helfen inzwischen elektronische Verordnungssysteme, die auf Fehldosierungen oder Doppelverordnungen hinweisen können und automatisch einen Risikocheck für die gewählte Kombination 
durchführen.

 

4. Mineralstoffe: Kalzium, Magnesium, Eisen, Aluminium, aber auch mineralische Antazida wie Almasilat bilden mit verschiedenen oralen Medikamenten unlösliche Chelatkomplexe. Die Darmresorption ist in der Folge gehemmt, Bioverfügbarkeit und Wirksamkeit sinken deutlich. Daher sollten Schilddrüsenhormone, Bisphosphonate, Eisenpräparate, L-Dopa, Tetracycline sowie Chinolone immer nüchtern und zeitversetzt zu Mineralprodukten eingenommen werden.

5. L-Dopa plus MCP: Metoclopramid (MCP) wirkt über eine zentrale Dopaminhemmung antiemetisch. Dementsprechend schwächt es die Wirkung dieses Neurotransmitters im Gehirn – und das nicht nur bei oraler Gabe, sondern auch bei i.v.-Appliktion. Parkisonpatienten mit Übelkeit und Erbrechen sollten Domperidon statt MCP erhalten.

6. ACE-Hemmer plus kaliumsparende Diuretika: Bei dieser Kombi riskiert man eine Hyperkaliämie. Der Kaliumspiegel muss daher regelmäßig kontrolliert werden. Zudem macht es Sinn, die Diuretikadosis auf 25–50 mg zu begrenzen.

7. Plättchenhemmer plus NSAR: Die Blockade der Cyclooxygenase (COX) als klassische Zielstruktur von Ibuprofen oder auch Acetylsalicylsäure (ASS) sorgt für eine verminderte Thrombozytenaggregation. Kombiniert mit Clopidogrel, Prasugrel oder Tigacrelor steigt das Risiko für Magenblutungen, da weniger Thromboxan gebildet wird.

8. Kortikoide plus NSAR: Verabreicht man orale Glukokortikoide und Antiphlogistika über längere Zeit zusammen, erhöht sich die ulzerogene Wirkung auf die Schleimhäute und somit die Gefahr gastrointestinaler Blutungen. Meist kommt es erst verzögert zu solchen Schäden. Warnen Sie Ihre Patienten daher auch vor einer NSAR-Selbstmedikation bei gleichzeitiger Kortikoidtherapie!

9. ASS plus Ibuprofen: Der Gefäßschutz hemmt die Cyclooxygenase – im Gegensatz zu Ibuprofen – irreversibel. Nimmt ein Patient ASS (< 300 mg) plus Analgetikum (> 400 mg) ein, wird die COX-1 nur noch reversibel blockiert und das Thromboserisiko steigt wieder. Diese Wechselwirkung kann auch eine zeitversetzte Applikation nicht verhindern. Alternativ zu Ibuprofen steht bei unter 65-Jährigen Diclofenac zur Verfügung. Keine Interaktion mit ASS zeigen Paracetamol und die COX-2-Hemmer.

10. Arzneimittel plus pflanzliche Produkte: Das Patienteninteresse an Phytotherapeutika ist hoch. Doch eine Kombination schadet hier meist mehr als sie nutzt. Z.B. mindert Johanniskraut die Wirkung von Cumarinen, Immunsuppressiva und Zytostatika. Durch Gingko in Kombination mit NSAR steigt die Blutungsneigung und Echinacea setzt den Effekt von Antiinfektiva und Zytostatika herab.

Quelle: Dirk Keiner, Z prakt Augenheilkd 2015; 36: 476-478

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