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Die unliebsamen Effekte des Testosterons bei Frau und Mann
Das wichtigste Androgen im menschlichen Körper ist das Testosteron. In geringen Mengen wird es in den Nebennieren gebildet. Der Löwenanteil der Synthese aber erfolgt bei erwachsenen Männern im Hoden, bei Frauen in den Ovarien. Das freie, zirkulierende Hormon bewirkt beim Mann die Ausbildung des männlichen Phänotyps und hat Einfluss auf Muskelmasse, Knochendichte, Fett- und Glukosestoffwechsel, schreibt Professor Dr. Daisy Kopera von der Universitätsklinik für Dermatologie an der Medizinischen Universität Graz.
Gut sichtbar ist die Testosteronwirkung auch an Haut und Haaren. Männliche Haut ist etwa 20 % dicker und mit mehr Kollagen aufgebaut als weibliche, was zu erhöhter Straffheit und Spannkraft führt. Testosteronbedingt kommt es zu erhöhter Talgproduktion und follikulärer Hyperkeratose.
Testosteron steigert Verhornung und Talgproduktion
Durch die starke Verhornung kann der Talg oft nicht mehr abfließen. Männer und Frauen reagieren daher auf das Hormon mit Hautunreinheiten und Komedonen. Kokken, Hefepilze und Anaerobier besiedeln die Haut und produzieren vermehrt freie Fettsäuren. Darunter kann es zur Entzündung kommen und sekundär entstehen Papeln sowie Pusteln. Im schlimmsten Fall verursachen Schweißdrüsenentzündungen und fistulierende Abszesse das Bild einer Acne inversa. Eine frühzeitige Therapie kann diese Entwicklung verhindern.
Behandelt wird die Akne mit keratolytischen Externa. Schälcreme und Gels können mit niedrig dosierten Tetracyclinen kombiniert werden. Hilft dies nicht, darf man bei Frauen östrogen- und androgenhaltige Kontrazeptiva ausprobieren. Männer dagegen werden im zweiten Therapieschritt mit systemischen Retinoiden behandelt. Diese Behandlung ist bei Patientinnen nur unter strikter Kontrazeption möglich, weil Retinoide teratogen wirken.
Altert weibliche Haut schneller? |
Zwischen der Hautalterung bei Männern und Frauen scheint es keine wesentlichen Unterschiede zu geben. Allerdings ist die Datenlage hierzu rar. Einige Untersuchungen zeigen aber, dass Männer eher zu Alterswarzen und Frauen vermehrt zu Altersflecken neigen. Auch scheinen Männer häufiger an Melanomen zu sterben als Frauen. Das könnte daran liegen, dass das weibliche Geschlecht früher und konsequenter auf Lichtschutz setzt, vermutet Prof. Kopera. Wahrscheinlich sollten Männer sich einfach intensiver eincremen. |
Vitamin A zur Akne-Behandlung wirkt terratogen
Frauen mit Hyperandrogenämie können nicht nur Akne und leicht fettende Haare bekommen, sondern auch am SAHA-Syndrom erkranken. Dieser Symptomenkomplex aus Seborrhö, Akne, Hirsutismus und Alopezie ist individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt. Die Symptome weisen gegebenenfalls auf ein polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS) oder andere Grunderkrankungen (z.B. adrenogenitales Syndrom oder Cushing-Syndrom) hin.
Bei Patientinnen mit erhöhtem Testosteronspiegel kann auch eine Acanthosis nigricans vorliegen. Charakteristisch sind Hyperpigmentierungen und eine samtartige Hyperkeratose in den Hautfalten. Auf die Haare wirken Androgene bei Frauen und Männern unterschiedlich. Haarfollikel gibt es mit Ausnahme der Handflächen, Fußsohlen und der Halbschleimhäute überall auf dem Körper. Und für jede Person ist genetisch festgelegt, wann im Leben auf welchen Reiz hin die Haare wachsen und wieder ausfallen.
Finasterid stoppt Androgen-Konversion und Haarausfall
Dabei spielt nicht der absolute Androgenspiegel die entscheidende Rolle, sondern die Sensibilität der Haarfollikel gegenüber dem Hormon. Für Männerhaare gilt das Dihydrotestosteron als das wirksamste Androgen. Auf der Kopfhaut lässt das Hormon die Follikel an den Schläfen, im Scheitelbereich und am oberen Hinterkopf verkümmern und hinterlässt die typische männliche Glatze: die androgenetische Alopezie.
Therapeutisch setzt man Finasterid ein. Der 5α-Reduktasehemmer verhindert die Umwandlung des Testosterons in Dihydrotestosteron. Alternativ lässt sich z.B. mit Minoxidil auch unabhängig vom Hormonstoffwechsel das Haarwachstum anregen. Auch bei Frauen gibt es die androgenetische Alopezie. Diese allerdings sieht klinisch anders aus. In der Parietalregion dünnen die Haare graduell aus, die vordere Haaransatzlinie bleibt aber erhalten.
5α-Reduktasehemmer nach der Menopause auch für Frauen indiziert
Ein Therapieversuch kann mit Antiandrogenen erfolgen. Finasterid führt bei Schwangeren zur Maskulinisierung männlicher Föten. Der Einsatz kommt daher bei Frauen im gebärfähigen Alter nicht infrage. Nach der Menopause kann es den Haarausfall evtl. stoppen.
Wachsen zu viele Haare am Frauenkörper muss zweierlei unterschieden werden: physiologisch verstärkte Vellusbehaarung und Hirsutismus. Im ersten Fall ist ethnisch bedingt die Körperbehaarung erhöht, z.B. bei Frauen indischer oder mediterraner Herkunft. Beim Hirsutismus dagegen ähnelt das Haarwachstum dem der Männer, betroffen sind zirka 5 % der Frauen.
Hirsutismus kann Hinweis auf maligne Grunderkrankung sein
Die Ursachen des Hirsutismus sind vielfältig, z.B. Ovarial- und Nebennierentumoren, PCOS, adrenales Syndrom, Insulinresistenz oder M. Cushing. Frauen mit Hirsutismus müssen keine erhöhten Testosteronspiegel aufweisen – eine Hyperandrogenämie kann trotzdem vorliegen. Vielfältige Hormoneinflüsse und Wechselwirkungen zwischen LH/FSH-Ratio, GnRH-Ausschüttung und Insulin sind dabei im Spiel.
Da die übermäßige Behaarung das psychosoziale Wohlbefinden der Frauen stark beeinträchtigt, sollte eine individuelle und interdisziplinäre Therapie erfolgen. Dazu werden z.B. Antiandrogene, Insulin-Sensitizer, Epilationen mit Laser oder IPL* eingesetzt.
*Intense Pulsed Light
Quelle Text und Abb.: Daisy Kopera, J Klin Endokrinol Stoffw 2015; 8: 16–20, © Krause & Pachernegg GmbH, Verlag für Medizin und Wirtschaft, A - Gablitz
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