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Die Weichen richtig stellen
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Ein intensivpflichtiger Patient mit instabilem Kreislauf oder ein Patient mit chronischer Anämie – in beiden Situationen kann eine gastrointestinale Blutung (GIB) vorliegen. In einem Fortbildungsbeitrag richten Dr. Benjamin Meier und Prof. Dr. Karel Caca vom Klinikum Ludwigsburg den Fokus auf die Akutsituation und erläutern, wie man eine GIB erkennt und was beim entsprechenden Verdacht zu tun ist.
Anamnese und körperliche Untersuchung
Abhängig von ihrer Lokalisation unterscheidet man obere-, mittlere und untere gastrointestinale Blutungen (GIB). Blutungen im oberen Magen-Darm-Trakt wiederum werden in varikös und nicht-varikös unterschieden.
Hämatemesis, Hämatinerbrechen oder Meläna weisen auf eine obere GIB hin. Die seltene mittlere GIB macht durch Meläna oder Hämatochezie auf sich aufmerksam. Bei einer Hämatochezie oder dem Abgang von Blutkoageln hingegen sollte man zuerst an eine Blutung im Dickdarm denken.
Bevor die endoskopische Sicherung der Diagnose und die Behandlung in die Wege geleitet wird, muss das klinische Risiko für den Patienten eingeschätzt werden. Denn davon hängt ab, wie viel Zeit bis zur Endoskopie verstreichen darf. Welche Blutungszeichen bestehen? Wie lange hält der Blutverlust bereits an, wie ausgeprägt ist er? Ist der Kreislauf des Patienten stabil? Liegen auffällige Vitalparameter vor, etwa Dyspnoe, Vigilanzminderung, thorakale Beschwerden oder andere Warnsignale?
Auch die Einnahme von Medikamenten wie nicht-steroidalen Antirheumatika, Thrombozytenaggregationshemmern und Antikoagulanzien ist zu erfragen. Der Hämoglobinwert ist essenziell zur Beurteilung der Schwere. Bei akuten Blutungen kann er initial allerdings normwertig sein und erst nach einer Latenz abfallen. Auch Nieren- und Leberfunktion sowie Blutgerinnung sollten ermittelt werden.
In der Regel sind die GIB ein Fall für die Klinik. Vermutet man eine variköse Blutung, ist besondere Eile geboten.
Varizenblutung
Bereits beim Erstkontakt kann die Frage nach chronischem Alkoholkonsum und bekannter Leberzirrhose Hinweise auf Ösophagusvarizen als Ursache der Beschwerden liefern. In der körperlichen Untersuchung kann sich der Verdacht erhärten: Ein pralles Abdomen deutet auf Aszites hin, eine verstärkte Venenzeichnung auf Kollateralkreisläufe.
Varizenblutungen bedürfen der intensivmedizinischen Überwachung. Zudem ist wegen der hohen Aspirationsgefahr häufig eine Schutzintubation vonnöten. Der endoskopische Blick in die Speiseröhre sollte innerhalb von zwölf Stunden erfolgen, bei hämodynamischer Instabilität noch eher. Bereits beim Verdacht auf die variköse GIB sollten intravenös Vasokonstriktoren gegeben werden, zum Beispiel Terlipressin 2 mg i.v. als initialer Bolus, anschließend 1 mg i.v. alle sechs Stunden. Ebenso ist dann eine antibiotische Therapie indiziert. Die Autoren schlagen Ceftriaxon 2 g/24 h i.v. vor, danach die Weiterführung über fünf bis sieben Tage.
Zeichen und Symptome bei gastrointestinaler Blutung nach Lokalisation | |
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obere GI-Blutung | Hämatemesis, Hämatinerbrechen, Meläna |
mittlere GI-Blutung | Meläna oder Hämatochezie |
untere GI-Blutung | Hämatochezie, Abgang von Blutkoageln |
Generell gilt: Je nach Schwere der Blutung kann es zu schweren Blutverlusten mit Kreislaufinstabilität und Tod kommen. Die Erkrankung wird in aller Regel in der Klinik behandelt. Vor allem die Varizenblutung geht häufig mit rascher Dynamik einher und erfordert ein intensivmedizinisches Monitoring. |
Obere nicht-variköse Blutungen
Nicht-variköse Blutungen im oberen Bereich sollte man innerhalb von 24 Stunden endoskopisch versorgen. Ist der Patient im hämorrhagischen Schock, sollte die Endoskopie möglichst rasch nach Kreislaufstabilisierung erfolgen.
Wieder diktiert der Verdacht, der auf Anamnese und klinischer Untersuchung beruht, erste Maßnahmen. So sollte noch vor der Endoskopie ein Protonenpumpeninhibitor verabreicht werden. Üblich ist den Autoren zufolge 80 mg Pantoprazol i.v. als Bolus, danach zweimal täglich 40 mg.
Untere gastrointestinale Blutungen
Selbst dann, wenn die untere Etage des Darms als Ort des Blutverlusts im Verdacht steht: Bei relevanten Blutungen wird mit dem Endoskop auch in Magen und Duodenum geschaut, zusätzlich zu einer Rektosigmoidoskopie. Beim kreislaufinstabilen Patienten schreitet man direkt nach Stabilisierung zur Tat. Beim kreislaufstabilen Patienten kann der Darm erst einmal für die Koloskopie vorbereitet werden, die sich dann laut Autoren innerhalb von 72 Stunden anschließen sollte.
Transfusions- und Gerinnungsmanagement
Bei antikoagulierten Patienten muss die Schwere der Blutung, der Erfolg der Endoskopie und das Nachblutungsrisiko in die Entscheidungen einfließen. Auf der anderen Seite sollte die Antikoagulation auch nicht leichtfertig beendet werden. Besonders kritisch sind Situationen, in denen erst kürzlich eine Koronarintervention durchgeführt wurde und der Patient aktiv blutet. Hier sollte man das Vorgehen interdisziplinär beraten.
Es muss nicht zwangsläufig Fremdblut verabreicht werden. Laut den Autoren sollte erst ab einem Hämoglobinwert von etwa 7 g/dl und nicht schon ab 9 g/dl transfundiert werden. Eine Ausnahme bilden ihnen zufolge Patienten mit koronarer Herzkrankheit, bei denen man einen Wert von 10 g/dl anstrebt.
Die endoskopische Untersuchung kann man mit vielfältigen Varianten der Blutstillung kombinieren, unter anderem mit Injektionen, mechanischen und thermischen Verfahren sowie mit Hämostasesprays. Varizen versorgt man am häufigsten mit Gummibändern, Magen- oder Duodenalblutungen meist mit Clips (s. Abbildungen). Vor allem in schwierigen Situationen kann der sogenannte Over-the-scope-Clip, der vorne auf das Endoskop montiert wird, den Blutfluss zum Stillstand bringen. In der Regel werden zwei Verfahren miteinander kombiniert, meist eine Injektionstherapie mit einer Clip-Applikation.
Quelle: Meier B, Caca K „Gastrointestinale Blutungen“, Dtsch Med Wochenschr 2023; 148: 116-127; DOI: 10.1055/a-1813-3801 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, New York
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