Akute gastrointestinale Blutungen sind so letal wie ein Herzinfarkt

Dr. Andrea Wülker

Die Endoskopie ist bei gastrointestinalen Blutungen ein wichtiges Instrument der Diagnostik. Die Endoskopie ist bei gastrointestinalen Blutungen ein wichtiges Instrument der Diagnostik. © fotolia/sudok1; Endoskopiebilder.de/Albertinen-Krankenhaus Hamburg

Trotz moderner medikamentöser und endoskopischer Behandlungsmöglichkeiten ist die Mortalität der gastrointestinalen Blutung mit 5 bis 10 % erheblich. Bei betagten Patienten mit Vorerkrankungen ist die Prognose noch schlechter.

Die obere gastrointestinale Blutung (OGIB) ist etwa viermal häufiger als die untere, schreiben Dr. Markus Busch und Kollegen von der Medizinischen Hochschule Hannover. Hinter der Diagnose OGIB verbergen sich ganz unterschiedlich bedrohliche Krankheiten. Hinzu kommt, dass die klinische Manifes­tation der OGIB sehr unterschiedlich sein kann – vom schwallartigen Ausbluten bis hin zur okkulten Blutung, die sich über mehrere Wochen hinzieht.

Die Endoskopie ist bei der OGIB das wichtigste Instrument zur Dia­gnostik und Therapie. Außerdem liefert sie prognostische Informationen – aber sie muss nicht immer notfallmäßig erfolgen (s. Kasten). Zeitlich geht die konservative Therapie vor.

Wann muss gespiegelt werden?

Stellen Sie sich zwei Fragen: 1. Blutet der Patient akut?
2. Ist er akut gefährdet?
  • Lautet die Antwort auf beide Fragen „Ja“, besteht die Indikation zur Notfallendoskopie, die immer in therapeutischer Absicht erfolgt.
  • Wird nur eine der beiden Fragen bejaht, sollte innerhalb von 12 bis 24 h gespiegelt werden.
  • Falls beide Fragen verneint werden und der Patient keine portale Hypertension hat, kann unter Umständen auch länger gewartet werden.
Die Endoskopie dient nicht primär der Notfalldiagnostik. Der Notfallpatient gilt als nicht nüchtern, daher besteht ein Aspirationsrisiko. Zudem steigt bei instabilem Kreislauf das Narkoserisiko an, sodass möglichst zunächst eine Stabilisierung angestrebt werden sollte.

Bei instabilen Patienten gilt das ABC der Notfallmedizin

Bei der oberen GI-Blutung reichen die Optionen vom allgemeinen Gerinnungs- und Volumenmanagement bis zu den spezifischen Therapien der Blutungsquelle. Die Erstversorgung orientiert sich an den Vitalzeichen. Ist der Patient instabil und unmittelbar durch den Blutungsschock gefährdet, steht hier an erster Stelle das ABC der Notfallmedizin: „airway, breathing, circulation“ (Atemwege, Atmung, Kreislauf), und es muss nach dem Grad der vitalen Gefährdung behandelt werden. Ein potenzielles A-Problem haben alle Patienten, die Frischblut erbrechen, denn bei Aspiration von Blut verschlechtert sich die Prognose signifikant. Spätestens vor der Endoskopie müssen daher die Atemwege gesichert sein! Ein C-Problem liegt ganz klar vor, wenn der Patient hypoton ist und der Puls rast. Dann steht die Stabilisierung zunächst im Vordergrund, denn im unbehandelten Schock eskaliert das Sterberisiko. Das Risiko stabiler Patienten kann mithilfe eines Scores wie z.B. dem Blatchford-Score (s. Tabelle) eingeschätzt werden. Patienten mit hohem Risiko sollten innerhalb von 12 bis 24 Stunden endoskopiert werden. Ihre Mortalität ist zwar hoch, sie wird aber nicht allein durch die Blutung bzw. das Ausmaß des Hb-Abfalls bestimmt und auch nicht allein durch die Endoskopie reduziert. Alter und Begleiterkrankungen des Patienten spielen hier eine entscheidende Rolle, betonen die Autoren.
Vereinfachter Blatchford-Risikoscore
Hohes RisikoGeringes Risiko
Zwei oder mehr der folgenden Faktoren:Alle folgenden Faktoren:
  • Hypotonie
  • Hb zu niedrig oder Harnstoff zu hoch
  • Herz- oder Lebererkrankung
  • Puls und Blutdruck normal
  • Hb und Harnstoff normal
  • Keine Herz- oder Lebererkrankung

Magenblutungen häufig medikamentös bedingt

Bei rund jedem Zweiten sind Ulzera in Magen und Zwölffingerdarm die Blutungsursache. In den letzten Jahren haben sich Verständnis und Therapie der Ulkuskrankheit erheblich verändert: Protonenpumpeninhibitoren (PPI) sorgten in vielen Fällen für die Abheilung von Ulzera, eine H.-pylori-Eradikation verhinderte Rezidive. Dennoch werden Ulkusblutungen unverändert häufig beobachtet. Sowohl Geschwüre als auch Blutungen sind heute öfter medikamentös bedingt, und zwar häufig durch eine Kombination aus mukosaschädigenden und gerinnungshemmenden Medikamenten. Mittlerweile tritt das Ulkus überwiegend bei Älteren auf. Bei Blutungen wird es immer mit PPI behandelt, auf H. pylori getes­tet und ggf. eradiziert. Um die Hämorrhagie zu stoppen, eignen sich Injektionstherapien, thermische oder mechanische Verfahren. Neu ist der Einsatz von topischem blutstillendem Spray. Diffuse Erosionsblutungen können unterschiedliche Ursachen haben, beispielsweise Medikamente (NSAR, Chemotherapeutika, SSRI, Bisphosphonate), Konsum von hochprozentigem Alkohol oder eine portal-hypertensive Gastropathie. Erosionsblutungen werden in erster Linie mit PPI behandelt, bei hypertensiver Gastropathie kommen nicht selektive Betablocker zum Einsatz. Endoskopische Verfahren stehen hier eher an zweiter Stelle. Weitere Ursachen für Nichtvarizenblutungen des oberen Magen-Darm-Trakts sind Gefäßanomalien, Tumorblutungen oder eine Mallory-Weiss-Läsion, die durch heftiges Würgen oder Erbrechen bedingt sein kann. Ösophagusvarizenblutungen treten bei (fortgeschrittener) Leberzirrhose auf und sind sehr ernst zu nehmen: Ohne Therapie sistiert die Varizenblutung nur in 40 % der Fälle, während Nichtvarizenblutungen in 80 % spontan zum Stillstand kommen. Zudem ist das Risiko für erneute Hämorrhagien nach der Therapie hoch. Je fortgeschrittener die Zirrhose, umso höher die Mortalität der Patienten. Zur Behandlung werden prophylaktisch Antibiotika und möglichst früh Terlipressin gegeben. Im Rahmen der Endoskopie erfolgt standardmäßig eine Gummibandligatur. Therapierefraktäre Blutungen können mit Ballontamponaden und selbstexpandierenden Metallstents gestillt werden.

Quellen: Aus der Fachliteratur
Busch M et al. Der Internist 2017: 58: 226-232

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Magenblutungen kann man auch durch Aufsprühen eines mineralischen Pulvers stoppen. Magenblutungen kann man auch durch Aufsprühen eines mineralischen Pulvers stoppen. © Endoskopiebilder.de/Albertinen-Krankenhaus Hamburg
Die Endoskopie ist bei gastrointestinalen Blutungen ein wichtiges Instrument der Diagnostik. Die Endoskopie ist bei gastrointestinalen Blutungen ein wichtiges Instrument der Diagnostik. © fotolia/sudok1; Endoskopiebilder.de/Albertinen-Krankenhaus Hamburg