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Plättchenhemmung und Antikoagulation nach gastrointestinalen Blutungen

Eine Notfallendoskopie zur Blutstillung ist bei einfacher und dualer Plättchenhemmung sowie bei Vollantikoagulation möglich. Allerdings fehlen prospektive Daten zu Patienten mit supratherapeutischen INR-Werten und solchen, die Nicht-Vitamin-K-antagonistische orale Antikoagulanzien (NOAK) einnehmen. Ob die Behandlung mit Plättchenhemmern oder Antikoagulanzien abgesetzt, pausiert, antagonisiert werden soll und wann man sie wiederaufnehmen kann, muss individuell beurteilt werden, betonen Dr. Benjamin Meier und Kollegen vom Klinikum Ludwigsburg.
In der möglichst interdisziplinär von Gastroenterologen, Kardiologen und Neurologen zu treffenden Entscheidung sind Blutungsschwere, Präparat, Indikation, thromboembolisches Risiko und die Wahrscheinlichkeit für Nachblutungen zu berücksichtigen. Evidenzbasierte Daten liegen dazu kaum vor. Einige fundierte Empfehlungen gibt es aber dennoch, so die Autoren.
Plättchenhemmung bei GI-Blutung
Die Einnahme eines Thrombozytenaggregationshemmers zur Primärprophylaxe sollte rund um die Therapie der GI-Blutung pausiert und danach insbesondere bei mittlerem bis hohem Risiko für arterielle Thrombosen so rasch wie möglich wieder gestartet werden. Bei vitalen Blutungen kann die Plättchenhemmung durch eine Thrombozytentransfusion wieder aufgehoben werden.
Bei GI-Blutungen unter Therapie mit Thrombozytenaggregationshemmern zur Sekundärprophylaxe sollte die Plättchenhemmung – sofern vertretbar – nicht oder nur kurz unterbrochen werden. Die Wiederaufnahme innerhalb von 72 Stunden ist wichtig, da bei einer Behandlungspause das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse sehr rasch und deutlich ansteigt.
Bei dualer Plättchenhemmung gehen die Empfehlungen der gastroenterologischen und kardiologischen Fachgesellschaften etwas auseinander. Die Gastroenterologen diskutieren bei hohem Rezidivblutungsrisiko (Forrestklassifikation Ia+b und IIa+b) die Fortsetzung von ASS, aber ein Pausieren des P2Y12-Rezeptorhemmers (Clopidogrel, Prasugrel oder Ticagrelor).
Die kardiologischen Leitlinien unterscheiden nach der Blutungsschwere. Bei milder Blutung, die keine stationäre Aufnahme nötig macht, kann die duale Plättchenhemmung beibehalten werden. Blutet der Patient moderat bis schwer –mit einem Hämoglobin-Abfall um drei bis fünf Einheiten, aber noch hämodynamischer Stabilität – sollte erwogen werden, von der dualen auf die einfache Plättchenhemmung zu wechseln. Die Kardiologen geben dabei im Gegensatz zu den Gastroenterologen den P2Y12-Hemmern den Vorzug. Bei vitaler Blutung mit hämodynamischer Instabilität sollte man die antithrombotische Therapie pausieren.
Antikoagulation und GI-Blutung
Eine Antikoagulation sollte bei einer relevanten GI-Blutung ausgesetzt werden. In der Regel kann sieben Tage nach der Hämostase wieder mit der Antikoagulation begonnen werden. Bei mechanischen oder erst in den letzten drei Monaten implantierten Bioklappen sowie bei sehr hohem Thromboembolierisiko sollte die Antikoagulation schon nach 72 Stunden wieder aufgenommen werden.
Während es für die frühe Weiterführung der Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten gute Daten gibt, ist die Evidenz für einen frühen Beginn mit NOAK schwach. Wie die Autoren betonen, sei es wichtig, den schnellen Wirkeintritt der NOAK zu berücksichtigen. Zudem empfehlen sie einen vorsichtigen Einsatz bei älteren Patienten.
Vor der Endoskopie sollte der INR nach der Empfehlung der European Society of Gastrointestinal Endoscopy (ESGE) unter 2,5 liegen. Bei schwerer oder vitaler GI-Blutung mit Kreislaufinstabilität und bei frustran verlaufender Blutstillung wird explizit eine Antagonisierung der Antikoagulation empfohlen.
Vitamin-K-Antagonisten können mit Vitamin K oder Prothrombinkonzentrat (PPSB) antagonisiert werden. Bei den NOAK stehen neben PPSB auch spezifische Inhibitoren wie Idarucizumab und Andexanet alfa zur Verfügung. Daten zur Effektivität der Antagonisierung mit spezifischen Substanzen bei der Stillung von GI-Blutungen fehlen aber bislang. PPSB sind laut Dr. Meier und Kollegen ähnlich effektiv, aber wesentlich kostengünstiger.
Deeskalation bei Tripletherapie
Die europäische kardiologische Leitlinie empfiehlt bei trivialer GI-Blutung eine Weiterführung der Tripletherapie, bei milder Blutung gegebenenfalls ein Zurückgehen auf ein duales Schema. Blutet der Patient moderat bis schwer, sollte ggf. eine Therapiepause, eine Antagonisierung und im Verlauf eine Deeskalation auf eine duale Therapie erwogen werden. Bei vitaler Blutung ist die Empfehlung klar: Pausieren und orale Antikoagulanzien antagonisieren.
Quelle: Meier B et al. klinikarzt 2020; 49: 91-96; DOI: 10.1055/a-1101-8661
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