Bei Blutungen ruhig Blut bewahren

Dr. Anne Benckendorff

Cardia-Koagel bei einem Patienten mit Mallory-Weiss-Syndrom. Cardia-Koagel bei einem Patienten mit Mallory-Weiss-Syndrom. © Immanuel Albertinen Diakonie/­endoskopiebilder.de

Die gastrointestinale Blutung ist der häufigste Notfall in der Gastroenterologie. Unter anderem bei älteren Patienten besteht ein hohes Sterberisiko. Daher ist es wichtig, besonders gefährdete Patienten frühzeitig zu erkennen und bereits in der Notaufnahme die Weichen richtig zu stellen.

Etwa 70 % der Blutungsquellen liegen im oberen GI-Trakt. Davon geht rund die Hälfte auf das Konto einer gastrointestinalen Ulkuserkrankung, ca. 20 % werden von einer Varizenblutung verur­sacht. Die verbleibenden 30 % an Blutungsquellen liegen im unteren GI-Trakt und dort vor allem im Kolon. Wie Professor Dr. Martha­ Kirstein­, Lübeck, erinnerte, können sich gastrointestinale Blutungen klinisch durch Hämatemesis, Kaffeesatzerbrechen, Teerstuhl oder Blut per Rektum äußern, wobei bei Letzterem die Blutungsquelle sowohl im oberen als auch im unteren GI-Trakt liegen kann. Es kann aber auch zu einer ansonsten asymptomatischen Anämie kommen, sodass lediglich der Hämoccult-Test positiv ist. Auf der anderen Seite sind je nach Grad der Blutung auch Synkope und Kreislaufschock möglich.

Essenziell ist eine gute Anamnese, so Prof. Kirstein, bei der auch vorangegangene Operationen, relevante Vorerkrankungen und die aktuelle Medikation erfragt werden. Besteht Verdacht auf eine Varizenblutung – etwa bei bekannter Leberzirrhose – sollte man die Patienten direkt mit Terlipressin (2 mg i.v.) und Antibiotika (z.B. Ceftriaxon) behandeln.

Bei einer vermutlich nicht-varikösen Blutungsursache empfiehlt die Leitlinie dagegen die intravenöse Gabe eines Protonenpumpenhemmers, der die Rate an Blutungsstigmata senkt, was eine Magenspiegelung erleichtert, so Prof. Kirstein. Darüber hinaus sollten Patienten in der Notaufnahme bei Bedarf adäquate intravenöse Zugänge und eine Volumensubstitution erhalten. Das Labor umfasst neben Kreatinin, Laktat und Blutbild auch die Gerinnungswerte – welche ggf. zu optimieren sind. Für den Fall, dass eine Transfusion erforderlich wird, sollten die Blutgruppe bestimmt und Erythrozytenkonzentrate eingekreuzt werden. Die Gabe von Erythromycin führt zu einer Beschleunigung der Magenentleerung, was ebenfalls für eine potenzielle Endoskopie von Vorteil ist.

Die Berechnung des vereinfachten Glasgow Blatchford Scores erlaubt anhand der Herzfrequenz, des Blutdrucks, des Harnstoffs und des Hb-Werts eine Einschätzung, welche Patienten einen endoskopischen Eingriff benötigen: Je schlechter die Parameter, desto wichtiger die Endoskopie. Bei vermuteter variköser oberer gastrointestinaler Blutung und hämodynamischer Instabilität sollte gemäß aktueller Leitlinie eine Notfallendoskopie so früh wie möglich durchgeführt werden, bei stabilen Patienten sollte sie bei Überwachung der Vitalparameter innerhalb von zwölf Stunden ­erfolgen.

Die ÖGD sollte prinzipiell am Anfang stehen

Bei Patienten mit vermuteter nicht-variköser oberer Blutung und hämorrhagischem Schock sollte eine Endoskopie nach Kreislaufstabilisierung ebenfalls innerhalb von zwölf Stunden erfolgen. Bei Patienten mit vermuteter nicht-variköser Blutung, die hämodynamisch stabil sind, reicht in der Regel eine Endoskopie innerhalb von 72 Stunden; in Hochrisikosituationen sind 24 Stunden anzustreben. Da die Mehrheit der Blutungsquellen im oberen Gastointestinaltrakt liegt, sollte prinzipiell eine ÖGD vor einer Sigmoidoskopie oder Koloskopie erfolgen. Für eine Notfallendoskopie sprechen laut Prof. Kirstein insbesondere ein Blutungsschock, eine fortgesetzte Hämatemesis sowie eine Leberzirrhose als Hinweis auf eine Varizenblutung. Dagegen spricht der häufig nicht nüchterne Zustand des Patienten, weshalb gemeinsam mit dem Endoskopiedienst überlegt werden sollte, ob und wie lange abgewartet werden kann.

Die Mehrheit der Patienten, die mit GI-Blutungen in die Notaufnahme kommen, muss stationär aufgenommen werden. Ambulant versorgt werden können gemäß Leitlinie Patienten mit oberer nicht-variköser Blutung und einem Glasgow Blatchford Score von 0 oder 1 sowie stabile Patienten mit unterer gastrointestinaler Blutung ohne Risikofaktoren, wenn eine zeitnahe ambulante Koloskopie sichergestellt werden kann.

Kongressbericht: Viszeralmedizin 2021

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Cardia-Koagel bei einem Patienten mit Mallory-Weiss-Syndrom. Cardia-Koagel bei einem Patienten mit Mallory-Weiss-Syndrom. © Immanuel Albertinen Diakonie/­endoskopiebilder.de