Betablocker verdoppeln das Mortalitätsrisiko von Zuckerkranken

Michael Brendler

Zu hoher Blutdruck und starke Gewichtszunahme sind nur zwei Nebenwirkungen, die bei der Einnahme von Betablockern durch Zuckerkranke auftreten können. Zu hoher Blutdruck und starke Gewichtszunahme sind nur zwei Nebenwirkungen, die bei der Einnahme von Betablockern durch Zuckerkranke auftreten können. © fotolia/Africa Studio

Betablocker galten lange Zeit als Eckpfeiler der Infarkttherapie – diese Karriere scheint jetzt beendet. Zumindest wenn zusätzlich Diabetes vorliegt.

Ernüchternd nennen die Kardiologen Professor Dr. Franz Messerli­ und Professor Dr. Sripal­ Bangalore­ die Ergebnisse der Kollegen.1 Betablocker schützen das Herz nach einem Infarkt – jahrelang sei der Lehrsatz wie in Stein gemeißelt gewesen. Immerhin galt dies in mehreren randomisierten Studien als bewiesen. Den Effekt nahm man auch für Patienten mit Diabetes an.

Und jetzt das: Bis zu zwölf Jahre lang hatten japanische Kollegen prospektiv das Schicksal von rund 18 000 Patienten verfolgt.2 Und festgestellt: Hatten die Diabetiker einen Betablocker eingenommen, hatten sie eine um 50 % geringere Chance, die Studiendauer zu überleben. Bei zuckerkranken KHK-Patienten lag sie sogar um 60 % niedriger. Die einzigen, die von der Therapie zu profitieren schienen, waren die KHK-Kranken mit einem gesunden Glukosestoffwechsel.

Outcome nicht ohne Weiteres auf Diabetiker übertragen!

Wie ist das zu erklären?, fragen sich der Experte von der Universitätsklinik für Kardiologie am Inselspital Bern und sein Kollege von der New York University School of Medicine.1 Die inzwischen übliche aggressive Reperfusionstherapie bei Infarktpatienten, vermuten sie, habe den Effekt der Hemmer drastisch reduziert. Weil sich in dem weniger vernarbten und nekrotisierten Myo­kard seltener Arrhythmien bilden, sinke u.a. vielleicht auch die Gefahr eines Sudden Death. „Es mangelt an pathologischen Mechanismen, auf die die Betablocker zielen könnten“, so die Autoren.

Getrübt wird die Erfolgsbilanz der Wirkstoffe ihrer Meinung nach auch durch das glänzende Ergebnis von zusätzlich eingesetzter Medikation wie Antikoagulanzien, Lipidsenkern, ASS und Angiotensin-Rezeptorblockern. „Das macht es umso schwerer, einen positiven Effekt für Betablocker zu belegen“, so Prof. Messerli und Prof. Bangalore. Nicht zu vergessen: Bei Diabetikern wurden die positiven Effekte bisher noch nie in randomisiert-kontrollierten Studien erwiesen. Die Unterschiede zwischen der ACCORD- und der SPRINT-Studie in Hinsicht auf die Blutdruckzielwerte für (Nicht-)Zuckerkranke „lehren uns, dass man das Outcome von Nicht-Diabetikern nicht ohne Weiteres auf Diabetiker übertragen kann“, schreiben die Kardiologen.

Gedanken haben sie sich auch darüber gemacht, auf welche Weise die Betablocker den Zuckerkranken schaden könnten. Hier sei zum einen die deutliche Gewichtszunahme zu nennen, die mit ihrer Einnahme oft einhergeht. Bis zu 17 Kilo mehr auf die Waage bringen manche Betroffene; wahrscheinlich deshalb, weil die Wirkstoffe eben auch den Energieverbrauch des Körpers senken. Ein erhöhter zentraler Blutdruck aufgrund einer gesenkten Herzrate soll ebenfalls zu ihren Nebenwirkungen zählen. Dies erweist sich möglicherweise als besonders fatal bei dia­betisch vorgeschädigten Gefäßen.

Nur noch bei Insuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion

Prof. Messerli und Prof. Bangalore möchten nicht ausschließen, dass noch unbekannte Faktoren das Ergebnis der neuen Studie verfälschen. Umso notwendiger sei es, dass sich prospektiv randomisierte Untersuchungen dem Thema annehmen. „Bis dahin“, schreiben sie, „bleibt die einzige Indikation für die Kardioprotektion mittels Betablocker eine Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion.“ Das ist die Dia­gnose, die einst als einzige Kontraindikation galt.

Quellen:
1. Messerli FH, Bangalore S. Mayo Clin Proc 2018; 93: 401-403
2. Tsujimoto T et al. A.a.O: 409-418

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Zu hoher Blutdruck und starke Gewichtszunahme sind nur zwei Nebenwirkungen, die bei der Einnahme von Betablockern durch Zuckerkranke auftreten können. Zu hoher Blutdruck und starke Gewichtszunahme sind nur zwei Nebenwirkungen, die bei der Einnahme von Betablockern durch Zuckerkranke auftreten können. © fotolia/Africa Studio