Effektive, nebenwirkungsärmere Therapie für Erkrankte gesucht

EHA 2024 Friederike Klein

Neues Blinatumomab-Regime könnte bei ALL und Down-Syndrom weniger toxisch und effektiv sein. Neues Blinatumomab-Regime könnte bei ALL und Down-Syndrom weniger toxisch und effektiv sein. © Kiattisak – stock.adobe.com

Patient:innen, die gleichzeitg eine ALL und ein Down-Syndrom haben, stellen eine Hochrisikokohorte dar, mit einer hohen behandlungsbedingten Mortalität. Ein neues Regime, bei dem zwei Chemotherapiezyklen durch Blinatumomab ersetzt werden, könnte weniger toxisch und gleichzeitig effektiv sein. 

Ein Down-Syndrom ist mit einem 10- bis 20-fach erhöhten Risiko für eine akute lymphatische Leukämie (ALL) assoziiert. Mit herkömmlichen Therapiestrategien fällt die behandlungsassoziierte Mortalität von Kindern und jungen Erwachsenen mit Down-Syndrom und ALL besonders hoch aus und es kommt häufig zu einer resistenten Erkrankung. Es gilt daher, neue, innovative Ansätze zu finden. Einer davon wird zurzeit in der Studie ALLTogether1 DS geprüft: Darin wurden zwei konsolidierende Chemotherapie-Zyklen durch zwei Zyklen Blinatumomab ersetzt, erläuterte Dr. Sujith Samarasinghe, Ormond Street Hospital in London.

An der Studie nahmen 33 Kinder und junge Erwachsene (bis 25 Jahre) mit Down-Syndrom und CD19+ B-Vorläufer-ALL teil, die nach der Chemotherapie-Induktion noch eine MRD aufwiesen und ein intermediäres oder hohes Risiko hatten. Patient:innen mit einer MRD-Positivität von > 25 % wurden ausgeschlossen. 

Zunächst erfolgte eine Induktion mit Dexamethason, Asparaginase und Vincristin sowie bei langsamem frühem Ansprechen zusätzlich mit Daunorubicin an Tag 15. Aufgrund des Auftretens eines frühen Todesfalls wurde Daunorubicin weggelassen und – wegen eines weiteren frühen Todesfalls – Dexamethason durch Prednisolon ersetzt, berichtete Dr. Samarasinghe. Auf zwei Konsolidierungszyklen mit Blinatumomab folgte eine Standard-Reinduktion und anschließend eine Erhaltungstherapie.

Wie Dr. Samarasinghe berichtete, wurde der primäre Endpunkt nach dem ersten Zyklus Blinatumumab erreicht. 31 von 33 auswertbaren Personen wiesen eine nicht-messbare MRD auf (91 %) – signifikant mehr als in der historischen Kontrolle. Bei den zwei übrigen Erkankten war Blinatumumab in Zyklus 1 wegen Neurotoxizität gestoppt worden. In Zyklus 2 beendeten die Forschenden die Blinatumomab-Gabe in drei weiteren Fällen (Neurotoxizität n = 2; virale Pneumonie n = 1). Alle Teilnehmenden erhielten aber die Folgetherapie wie geplant. 

Endpunkt und Kontrollgruppe

Die Ergebnisse der ALLTogether1 DS-Kohorte wurden mit einer historischen Kontrolle von Patient:innen mit Down-Syndrom und ALL aus der Studie UKALL 2011 verglichen. Primärer Endpunkt war der Anteil der Personen mit nicht-messbarer MRD (uMRD) am Ende des ersten Blinatumomab-Zyklus. In der UKALL 2011-Kohorte hatte die uMRD-Rate in Woche 9 bei 61 % gelegen. 

Vielversprechende Ergebnisse

Die Auswertung nach median 15 Monaten bestätigte die erhoffte geringere Toxizität des Regimes mit zwei Zyklen Blinatumomab-Konsolidierung. Bislang gab es noch keine Todesfälle, Rezidive oder Sekundärmalignome. Unerwünschte Ereignisse eines Grads 3 oder 4 waren in der UKALL-2011-Kohorte bei 77,3 % der Patient:innen mit Down-Syndrom aufgetreten. Unter Blinatumomab betrug die Rate 39,4 % (p = 0,0057). Allerdings wurde ein Trend zu mehr Anfallsereignissen mit Blinatumomab festgestellt (18,2 % vs. 4,5 % in der historischen Kohorte). Einziger Risikofaktor für ein Anfallsereignis war ein Alter über zehn Jahre. 

Dr. Samarasinghe empfahl zur Anfallsprophylaxe die Einnahme von Levetiracetam beginnend eine Woche vor Blinatumomab-Start. Bei bereits durchgemachtem Anfallsereignis sollte zusätzlich noch Phenytoin gegeben werden, beginnend mit einer intravenösen Startdosis und anschließend oral zur Erhaltung. Alle sechs Patient:innen, die im Rahmen der Studie unter Blinatumomab einen Anfall erlitten hatten, sind vollständig wiederhergestellt, ergänzte Dr. Samarasinghe.

Ein Problem bleibt die hohe Rate an Todesfällen in der Induktionsphase (9,4 %). Möglicherweise könnte Blinatumomab die Toxizität weiter senken, wenn es nach deutlicher Reduktion der Blasten durch die Chemotherapie bereits in der Induktion eingesetzt wird, spekulierte Dr. Samarasinghe.

Quelle:
Samarasinghe S et al. EHA 2024; Abstract S111

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Neues Blinatumomab-Regime könnte bei ALL und Down-Syndrom weniger toxisch und effektiv sein. Neues Blinatumomab-Regime könnte bei ALL und Down-Syndrom weniger toxisch und effektiv sein. © Kiattisak – stock.adobe.com