Akute myeloische Leukämie: IDH2-Inhibitor kombiniert einsetzen

Josef Gulden

Studien zu einer Enasidenib-Monotherapie haben in den USA bereits zur Zulassung des Wirkstoffs geführt. Studien zu einer Enasidenib-Monotherapie haben in den USA bereits zur Zulassung des Wirkstoffs geführt. © iStock/sorbetto

Etwa 8 bis 19 % der Patienten mit akuter myeloischer Leukämie tragen Mutationen im IDH2-Gen. Ein spezifischer Hemmstoff dieses Enzyms kann in Verbindung mit der epigenetisch wirksamen Substanz Azacitidin bei guter Verträglichkeit das Ansprechen deutlich steigern.

Mutationen im Gen für die Isocitratdehydrogenase 2 (IDH2) resultieren in einer Fehlfunktion des IDH2-Enzyms. Dies führt zu einer Akkumulation des Onkometaboliten 2-Hydroxyglutarat, der seinerseits eine ganze Reihe von Enzymen hemmt, die α-Ketoglutarat als Substrat verwenden. Das hat verschiedene onkogene Wirkungen, wie die Entstehung eines Differenzierungsblocks.

Der niedermolekulare IDH2-Inhibitor Enasidenib, der diesen Effekten entgegenwirkt, ist in den USA bereits zur Behandlung der rezidivierten oder refraktären akuten myeloischen Leukämie (AML) mit IDH2-Mutationen zugelassen. Basis dafür waren Phase-1/2-Daten, wonach mit einer Enasidenib-Monotherapie Ansprechraten von rund 30 % – bei 18 % Komplettremissionen – erreicht werden.

Kombination mit Azacitidin im Test

Da die hypomethylierende Substanz Azacitidin ganz ähnlich wirksam ist und eine Kombination beider Prinzipien in vitro die Differenzierung von myeloischen Blasten verstärkte, wurde sie in einer randomisierten Phase-1/2-Studie als Erstlinientherapie gegen eine Azacitidin-Monotherapie getestet. Wie Professor Dr. Courtney D. ­DiNardo, MD Anderson Cancer Center, Houston, berichtete, wurden insgesamt 101 Patienten mit neu diagnostizierter, IDH2-mutierter AML, die für eine intensive Chemotherapie nicht infrage kamen, im Verhältnis 2:1 auf die Kombination oder Monotherapie randomisiert.

In 28-tägigen Zyklen erhielten die Teilnehmer 75 mg/m2 Azacitidin subkutan für jeweils sieben Tage pro Zyklus und im Verumarm zusätzlich 100 mg/d Enasidenib. Primärer Endpunkt war die Gesamtansprechrate.

Für diesen Parameter war die Kombination mit 71 % vs. 42 % deutlich überlegen (p < 0,01), erläuterte die Referentin. Ebenso bei den Komplettremissionen, die mehr als vervierfacht wurden (53 % vs. 12 %; p = 0,0001). Dagegen trat eine Krankheitsstabilisierung bei 19 % vs. 39 % der Patienten ein. Auch bei Vorliegen von Ko-Mutationen von FLT3-ITD und im RAS-Signalweg wurden Remissionen beobachtet, während Teilnehmer mit diesen Veränderungen gegenüber einer Enasidenib-Monotherapie resistent sind.

Die Dauer des Ansprechens konnte durch Enasidenib von median 12,1 Monaten auf 24,1 Monate verdoppelt werden (p = 0,05), betonte Prof. DiNardo. In Bezug auf das Gesamtüberleben war mit median 22 Monaten in beiden Armen noch kein Unterschied erkennbar.

Wie verträglich ist das Duo?

Die häufigsten therapiebedingten Nebenwirkungen vom Grad 3–4 waren hämatologischer Natur: Thrombozytopenie (Kombinationsarm 37 %, Kon­trollarm 19 %), Neutropenie (35 % vs. 22 %), Anämie (19 % vs. 22 %) und febrile Neutropenie (15 % vs. 16 %). Infektionen dieser Schweregrade waren im Kombinationsarm deutlich seltener (18 % vs. 31 %). Hier trat dafür bei 18 % der Patienten ein IDH-Differenzierungssyndrom auf, dem bei den ers­ten Anzeichen mit Kortikosteroiden gegengesteuert werden sollte, so Prof. DiNardo. Fünf Teilnehmer im Kombinations- (7 %) und einer im Kontrollarm (3 %) verstarben innerhalb der ersten 60 Tage.

Trend zur Überlegenheit zeichnet sich ab

Beim ereignisfreien Überleben zeichnete sich mit median 17,2 Monaten vs. 10,8 Monate aber ein Trend zur Überlegenheit des Kombinationsarmes ab (Hazard Ratio 0,59; p = 0,13). Bei den Patienten mit Komplettremission war der Medianwert des Gesamtüberlebens noch nicht erreicht, die Ein-Jahres-Überlebensrate lag bei mehr als 90 %. Zudem wurde die Häufigkeit des mutierten Allels im Blut unter der Kombination ebenfalls signifikant stärker reduziert als unter Azacitidin alleine (-83,4 % vs. -17,7 %; p < 0,01). Die Kombination aus einer Hemmung der onkogenen Aktivität der mutierten Isocitratdehydrogenase und der breiten anti-leukämischen Wirkung des epigenetisch wirksamen Azacitidins führt also zu einer eindrucksvollen Steigerung der Ansprechraten bei älteren Patienten mit IDH2-mutierter AML – und das bei guter Verträglichkeit, schlussfolgerte die Expertin.

Quelle: DiNardo CD et al. J Clin Oncol 2020; 38 (suppl; abstr 7501); DOI: 10.1200/JCO.2020.38.15_suppl.7501

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Studien zu einer Enasidenib-Monotherapie haben in den USA bereits zur Zulassung des Wirkstoffs geführt. Studien zu einer Enasidenib-Monotherapie haben in den USA bereits zur Zulassung des Wirkstoffs geführt. © iStock/sorbetto