Eignet sich Quizartinib zur Therapie?

EHA 2023 Josef Gulden

Zwei Studien liefern neue Daten dazu, ob FLT3-Inhibitoren auch bei AML-Patient:innen ohne FLT3-Alterationen wirksam sind. Zwei Studien liefern neue Daten dazu, ob FLT3-Inhibitoren auch bei AML-Patient:innen ohne FLT3-Alterationen wirksam sind. © momius – stock.adobe.com

Ob FLT3-Inhibitoren auch bei AML-Patient:innen ohne FLT3-Alterationen wirksam sind, war bislang nicht klar. Zwei Studien mit Quizartinib liefern dazu jetzt neue Daten.

Der FLT3-Inhibitor Sorafenib hatte in der deutschen SORAML-Studie das leukämiefreie, nicht aber das Gesamtüberleben von Patient:innen mit neu diagnostizierter AML – mit und ohne FLT3-Alterationen – verlängert. Durch die Gabe von Quizartinib wiederum wurden in einer Phase-2-Studie in der rezidivierten bzw. refraktären Situation der FLT3-negativen AML rund 30 % Komplettremissionen (CR) oder CR mit unvollständiger hämatologischer Erholung (CRi) erzielt. Darüber hinaus verlängerte sich in QuanTUM-First mit Quizaritinib + Chemotherapie das OS von Erkrankten mit neu dia­gnostizierter AML und FLT3-ITD. Vor diesem Hintergrund prüfte die spanische PETHEMA-Studiengruppe die Substanz nun in der doppelblinden Phase-2-Studie QUIWI bei Personen ohne FLT3-Mutationen als Ergänzung zu einer Standard-Chemotherapie, berichtete Dr. Dr. Pau Montesinos, Hospital Universitario y Politécnico La Fe, Valencia.

Die 273 randomisierten Teilnehmenden aus 45 spanischen Zentren waren zwischen 18 und 70 Jahre alt und durften keine genetischen FLT3-Veränderungen aufweisen. Sie erhielten eine 3+7-Chemotherapie aus Cytarabin und Idarubicin und wurden im Verhältnis 2:1 auf die Zugabe von Quizartinib (60 mg/d) oder Placebo randomisiert. Sofern nach dem ersten Zyklus keine CR/CRi erreicht wurde, konnte ein zweiter Zyklus der gleichen Art erfolgen. Anschließend gab es eine Konsolidierung aus bis zu vier Zyklen hoch dosiertem Cytarabin plus Quizartinib oder Placebo. Erkrankte mit hohem genetischem Risiko oder mit intermediärem Risiko und verbliebener minimaler Resterkrankung (MRD) wurde eine allogene Stammzelltransplantation empfohlen. Nach Konsolidierung oder Transplantation folgte zudem eine Erhaltungstherapie mit zwölf Zyklen Quizartinib oder Placebo. 

Primärer Endpunkt war das ereignisfreie Überleben (EFS), wobei als Ereignisse das Unvermögen, eine CR/CRi zu erreichen, Tod in CR/CRi oder ein Rezidiv gewertet wurden. Zwölf Monate nach Einschluss der letzten Person, nach einem medianen Follow-up von 17 Monaten, führten die Wissenschaftler:innen die erste geplante Interimsanalyse durch. 

Das mediane EFS unter Quizartinib vs. Placebo betrug 16,5 Monate vs. 10,6 Monate (HR 0,741; 95%-KI 0,535–1,026; p = 0,059). Im Prüf­arm waren von 180 Patient:innen 56 gestorben, in der Kontrolle von 93 insgesamt 46; die mediane Überlebensdauer ist damit in der Quizartinibgruppe noch nicht erreicht und beträgt unter Placebo 20,2 Monate (HR 0,569; 95%-KI 0,385–0,841; p = 0,004). Das rezidivfreie Überleben fiel ähnlich aus (Median nicht erreicht vs. 18,6 Monate; HR 0,631; 95%-KI 0,414–0,962; p = 0,031).

Diese Überlegenheit des FLT3-Inhibitors hatte sich in den CR/CRi-Raten nicht gespiegelt – weder mit MRD-Negativität (44 % vs. 43 %) noch ohne diese (jeweils 78 %). Ein umfangreiches Biomarker-Programm wird derzeit durchgeführt. Sofern sie bestätigt würden, so Dr. ­Montesinos, könnten diese Ergebnisse zu einer neuen therapeutischen Option für die AML mit FLT3-Wildtyp führen.

HSCT beeinflusst Ergebnis nicht

In AML 18 hatte eine allogene Stammzelltransplantation, die ein gutes Drittel der Patient:innen erhielt, in der Gesamtkohorte keinen Einfluss (HR 0,99; p = 0,916). In den FLT3-mutierten Fällen war wiederum ein Trend zugunsten von Quizartinib erkennbar (HR 0,58; p = 0,067). 

Quizartinib – OS Vorteil bleibt aus

Quizartinib wurde zudem in der AML18-Studie geprüft, die Prof. Dr. ­Steven ­Knapper, Cardiff University, vorstellte:2 Hier waren nur ältere Patient:innen (≥ 60 Jahre) mit neu diagnostizierter AML oder myelodysplastischen Syndromen und hohem Risiko eingeschlossen, unabhängig vom Vorliegen einer FLT3-Veränderung. Sie erhielten einen ersten Zyklus einer Chemotherapie aus Daunorubicin/Cytarabin mit ein oder zwei Dosen Gemtuzumab-Ozogamicin und dann randomisiert nach einem zweiten Zyklus Chemotherapie 14 Tage lang Quizartinib (40 mg/d) oder keine zusätzliche Behandlung. Im Quizartinib-Arm erfolgte eine zweite Randomisierung zu einer kurzen und längeren Therapie. Nach Erholung vom letzten Zyklus wurde weitere vier Wochen der FLT3-Inhibitor gegeben. Teilnehmende im langen Quizartinib-Arm erhielten zudem noch einmal weitere 12 vierwöchige Zyklen Quizartinib. 

Hinsichtlich des primären Endpunkts Gesamtüberleben ergab sich nach median 54 Monaten Follow-up kein Vorteil für die Substanz – weder insgesamt (HR 1,035; 95%-KI 0,823–1,303; p = 0,769) noch zwischen lang und kurz gegebenem Quizartinib. Bei Personen mit FLT3-Mutationen war ein numerischer Vorteil zu erkennen, der allerdings  nicht signifikant ausfiel (HR 0,688; 95%-KI 0,428–1,106; p = 0,121). Bezüglich des rezidivfreien Überlebens ergab sich ein ähnliches Bild: kein Vorteil in der Gesamtpopulation (HR 1,07; p = 0,550) und ein Trend in der Gruppe der FLT3-mutierten Erkrankten (HR 0,77; p = 0,255). Quizartinib war gut verträglich – es gab keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Armen bezüglich Toxizitäten. 

Quellen:
1.    Montesinos P et al. EHA 2023; Abstract S130
2.    Knapper S et al. EHA 2023; Abstract S131

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