Ein dickes Ding: Abspeckmethoden bekommen ihr Fett weg

Besonders gerne werden die Gene ins Spiel gebracht, wenn es um Übergewicht geht. Dabei gibt es nur elf seltene monogenetische Formen der Adipositas, berichtete Professor Dr. Johann Ockenga, Medizinische Klinik II, Klinikum Bremen-Mitte. Und Zwillings-, Familien-und Adoptionsstudien zeigten, dass sich maximal 40–60 % des BMI durch Vererbung erklären lassen.
Was aber inzwischen durch Untersuchungen an ein- und zweieiigen Zwillingen praktisch als gesichert gilt: Dicke haben eine veränderte Mikrobiota mit weniger Bacteroidesarten und mehr Firmicutes. Die günstigere Keimzusammensetzung von Schlanken führt dazu, dass die Energieverwertung um 6–8 % höher liegt. Die Flora könnte man schon in jungen Jahren günstig beeinflussen.
In einer Studie erhielten rund 40 übergewichtige Kinder (> 85. Perzentile) zwischen 9 und 12 Jahren randomisiert ein Präbiotikum (8 g mit Oligofruktose angereichertes Inulin) oder Placebo über 16 Wochen. Unter dem Verum sanken unter anderem Gewicht und Körperfett um etwa 3 %. Mikrobiologisch fanden sich eine Vermehrung der Bifidobakterien-Spezies und ein Abfall von Bacteroides vulgatus.
Später zeigen Probiotika aber nur noch minimale Effekte auf den BMI, erklärte Professor Dr. Andreas Stengel, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Psychosomatik der Charité Universitätsmedizin Berlin. Die Stuhltransplantation von Dünnen auf eine kleine Gruppe von Männern mit metabolischem Syndrom weckte ebenfalls Hoffnungen. Denn die Übertragung besserte die Insulinsensitivität. Doch ob es echte Effekte auf das Körpergewicht gibt und wie lange diese möglicherweise anhalten, bleibt noch offen.
Süßstoffe lassen den BMI eher steigen als sinken
Auch das Stichwort „Superfood“ sorgt nicht gerade für Jubelgesänge. Die Gojibeere erreichte zwar in einer kleineren Untersuchung an fülligen, gesunden Frauen einen Anstieg des Energieverbrauchs und die Sauerdattel steigerte bei 28 Gesunden gegenüber Placebo das Sättigungsgefühl. Prof. Stengel kritisierte aber die Datenlage zu den hochgelobten Lebensmitteln insgesamt als zu gering, außerdem gebe es mitunter relevante Nebenwirkungen.
Von künstlichen Süßstoffen riet er ebenfalls ab. Ein Metaanalyse dazu ergab, dass sie sogar mit einem erhöhten BMI einhergehen können. Als vielversprechend hingegen bezeichnete der Referent erste Ergebnisse aus der Hirnstimulation. Bei einer 19-Jährigen mit refraktärer Adipositas trotz Chirurgie führte die beidseitige tiefe Reizung der Nuclei accumbens zu einer deutlichen Gewichtsabnahme.
Die wiederholte transkranielle Stimulation des präfrontalen Kortex bei 30 norm- und übergewichtigen Jugendlichen senkte das Verlangen nach Nahrung signifikant. Ob man deswegen aber wirklich weniger isst und der Effekt anhält, lässt sich noch nicht sagen. Ein weitere technische Idee, die Vagusblockade, konnte bislang nicht überzeugen.
Bleiben Implantate. Privatdozent Dr. Felix Gundling. Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Gastroenterologische Onkologie am Klinikum Bogenhausen in München präsentierte zunächst den Magenballon. Ihn gibt es inzwischen zum Schlucken, das heißt, man kann ihn ohne Endoskopie einlegen – allerdings müssen die meisten über eine Spiegelung wieder entfernt werden. Eine neuere Version hat eine Klappe, die sich nach einigen Monaten öffnet, sodass dieses Modell dann via naturalis über den Stuhl abgeht.
Mit 400–700 ml 0,9%iger NaCl-Lösung oder Luft befüllt, verkleinern die Ballons das gastrale Volumen und modulieren die Motilität. Zu den möglichen Nebenwirkungen gehören Übelkeit, Bauchschmerzen, Reflux und Pankreatitis. Die Studienlage ist insgesamt heterogen bei kleinen Fallzahlen. Die Gewichtsabnahme beträgt etwa 10–20 kg, ein initial (binnen drei Monaten) rascher Verlust scheint sich langfristig besonders günstig auszuwirken.
Dann gibt es noch den EndoBarrier, der für maximal ein Jahr ins Duodenum eingesetzt wird und praktisch den Roux-Y-Bypass nachahmt. Dr. Gundling nannte als Indikation die Adipositas Grad II oder I plus Typ-2-Diabetes. Es gibt zwei Thesen zur Wirkung des Verfahrens: eine verstärkte Inkretin-Induktion durch unverdaute Nahrung im distalen Dünndarm oder eine reduzierte Sekretion diabetogener Faktoren.
Im eigenen Klientel von Dr. Gundling ging der Insulinbedarf um ca. 20 % zurück. Probleme können Blutungen, Pankreatitis, Leberabszesse oder auch die Migration des Implantates bereiten, wenngleich es sich im letzten Fall meist nur um wenige Zentimeter handelt.
Warum nicht gleich chirurgisch?
- Bridging vor bariatrischer Operation
- Inoperabilität wegen Kornorbiditäten
- Option/Ergänzung bei Adipösen mit Typ-2-Diabetes (BMI 30-45 kg/m2), wenn persönliche Ziele nicht erreicht werden
Quelle: Viszeralmedizin 2017
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