
Ellbogenschmerzen: Welche Tests Sie zur Abklärung brauchen

Der gesunde Ellbogen zeigt in Extension und Flexion einen Bewegungsumfang von 0° bis 140°. Auch eine Überstreckung um 5°–10° gehört noch zu einer normalen Beweglichkeit, schreiben Privatdozent Dr. Patrick Vavken von der alphaclinic Zürich und Kollege. Der Verlust an Extension allerdings weist oft auf einen pathologischen Prozess im Gelenk hin. Der Rotationsumfang liegt zwischen 75° Pronation und 85° Supination. Sie sollten ihn bei angelegtem und um 90° gebeugtem Ellbogen ermitteln, damit Bewegungen des Schultergelenks das Ergebnis nicht verfälschen. Ein um 50° reduzierter Bewegungsumfang entspricht einem Funktionsverlust um 80 %.
Die Extensoren von Fingern und Handgelenk, die am lateralen Ellbogen entspringen, können Sie mit dem Cozentest untersuchen. Er fällt positiv aus, wenn der Patient am außenseitigen Epicondylus Schmerzen empfindet, sobald er die in Dorsalextension nach radial gekippte und pronierte geballte Faust gegen Widerstand drückt. Das weist auf eine Verletzung oder Überbelastung der Extensoren hin, z.B. durch einen Tennisarm, eine Instabilität oder einen Binnenschaden.
N. ulnaris bei medialer Überlastung oft mitbetroffen
Mit dem umgekehrten Cozentest (Handgelenk mit geballter, supinierter und nach ulnar gekippter Faust gegen Widerstand beugen) prüfen Sie die Flexor/Pronator-Muskelgruppe. Bei einer Überlastung in diesem Bereich (Golferellbogen) löst das Schmerzen aus. Doch Vorsicht! Dieses Problem kann auch sekundär durch eine Innenbandläsion oder ein Innenrotationsdefizit der Schulter entstehen. Eine Untersuchung des N. ulnaris hilft hier weiter, da er bei bis zu 60 % der medialen Überlastungen mit betroffen ist.
Die Ruptur der Trizepssehne tritt bei Extension gegen Widerstand zutage. Unter der Streckung tasten Sie bei komplettem Riss eine Delle im Verlauf der Sehne. Mit dem Hook-Test erfolgt der Check der distalen Bizepssehne: Bei einer Ruptur gelingt es nicht, den Daumen hinter der Sehne in die Haut zu „bohren“, also einzuklemmen. Die Flexion eignet sich nicht, um den Bizeps zu beurteilen, weil an der Beugung auch andere Muskeln beteiligt sind.
Der Valgusstresstest (Schmerz und Aufklappbarkeit bei 30° Beugung) gibt Auskunft über die Funktion des Innenbandes. Eine Instabilität des Außenbandapparates entlarvt der Varusstresstest, bei dem Sie den Ellbogen wiederum um 30° beugen. Bei fixiertem Humerus üben Sie dann Druck auf das Handgelenk in mediale Richtung aus und achten auf Schmerz und Aufklappbarkeit. Die laterale Instabilität kommt fast nur zusammen mit einer posterolateralen Rotationsinstabilität vor. Sie lässt sich mit dem Schubladentest erfassen. Schieben Sie das Radiusköpfchen bei 90° abgewinkeltem Ellbogen auf und ab. Das sollte normalerweise nur mit geringem Spiel möglich sein. Die posterolaterale Instabilität wird auch sichtbar, wenn sich der Patient mit supiniertem Unterarm aus einem Sessel hochdrückt. Dies führt zu einer Radiussubluxation und kann die Schmerzen reproduzieren.
Krepitationen weisen auf Arthrose hin
Schmerzen auf der lateralen Seite beruhen z.B. auf einem Knorpelschaden oder einer Arthrose. Ein Krepitus bei Streckung der geballten Faust in Pronation deutet darauf hin. Das gilt auch für Schmerzen im Grindtest, die bei axialer Belastung des Gelenkes und Rotation unter Druck auftreten.
HWS und Schulter als Ursache für Ellbogenschmerzen
Bei Kindern steckt hinter einem dumpfen lateralen Schmerz womöglich eine Osteochondritis dissecans. Der Schmerz lässt sich auslösen, wenn Sie den Ellbogen maximal beugen und mit dem Finger auf das Capitulum drücken.
Mit Stein, Schere, Papier die Unterarmnerven testen
- Sensorische Symptome der ulnaren 1,5 Finger, die einer Einengung oder Überdehnung des N. ulnaris zuzuordnen sind, entdecken Sie mit dem Tineltest (Beklopfen des medialen Epicondylus). Das Froment-Zeichen bringt ein Defizit der motorischen Ulnaris-Funktion ans Licht. Sie ziehen an einem Blatt Papier, das der Patient mit dem Daumen gegen die Faust presst. Bewegt er dabei das Daumenmittelgelenk, um das Blatt zu halten, weist dies darauf hin, dass er die medianusinnervierte Muskulatur benutzt, um die schwächelnden ulnarisgesteuerten Muskeln zu unterstützen.
- Sensorische Ausfälle der radialen 3,5 Finger zeigen ein Problem des N. medianus an, z.B. beim Pronatorsyndrom. Dazu kommen Schmerzen entlang der volaren Seite des Unterarms. Durch Pronation gegen Widerstand sind die Beschwerden reproduzierbar. Die Opposition von Daumen und Zeigefinger gelingt bei einem motorischen Ausfall des N. medianus nicht mehr.
- Keine sensorischen Störungen verursacht eine Kompression des tiefen Astes des N. radialis (Radialistunnelsyndrom). Der Patient empfindet Schmerzen am lateralen Ellbogen und entlang der Extensoren. Tineltest oder forcierte Supination gegen Widerstand können die Beschwerden auslösen. Und die Streckung des Zeigefingers ist nicht mehr möglich.
Quelle: Vavken P, Rosso C. Swiss Medical Forum 2017; 17: 953-959
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