Endometriose mit Medikamenten zügeln oder operieren?

Dr. Anja Braunwarth

Die Ursachen der Endometriose sind bis heute nicht geklärt. Auch wenn Medikamente die Symptome lindern können, gilt die chirurgische Herdsanierung weiterhin als Therapie der Wahl.

Etwa 40 000 Frauen erkranken jedes Jahr neu an Endometriose. In der Forschung ist die Erkrankung aber unterrepräsentiert, bemängeln die Leitlinienautoren unter Federführung von Professor Dr. Uwe Ulrich von der Frauenklinik am Martin-Luther-Krankenhaus in Berlin. So wundert es auch nicht, dass vom Auftreten erster Symptome bis zur korrekten Diagnose durchschnittlich zehn Jahre vergehen.

Bei Dysmenorrhö und Sterilität nachhaken

Alle bekannten Stadieneinteilungen haben ihre Limitationen. Im klinischen Alltag bewährt sich die klassische Klassifikation in Endometriosis genitalis externa und interna sowie extragenitalis.


Am häufigsten befällt die Erkrankung das Beckenperitoneum gefolgt von Ovarien, Lig. sacrouterina, Septum rectovaginale / Fornix vaginae und Orten außerhalb des Genitals wie Rektosigmoid oder Harnblase.


Selten sind Zwerchfellperitoneum, Appendix oder Nabel betroffen. Manifestationen in Milz, Lunge, Nieren, Gehirn oder Knochen gelten als Rarität.


Bei Operationen können offenbar Endometriumpartikel mechanisch übertragen werden – und zum Endometriosebefall von Narben führen.

Leitsymptom: Unterbauchschmerz

Das Leitsymptom der Endometriose ist der Unterbauchschmerz – in erster Linie Dysmenorrhö, häufig besteht Sterilität. Schmerzen, Unfruchtbarkeit und/oder Organdestruktion gelten bei Verdacht auf die Erkrankung als Indikation zur Diagnostik und Therapie. Da grundsätzlich eine histologische Abklärung erfolgen sollte, kommt der Laparoskopie diagnostisch eine zentrale Bedeutung zu. Allerdings kann es im Einzelfall schwierig sein, einen kausalen Zusammenhang zwischen Endometriosebefall und Beschwerden herzustellen. Ovarielle Endometriome werden mittels vaginalem Ultraschall diagnostiziert. Bei tief infiltrierender Ausprägung (TIE, z.B. Retroperitoneum, Septum rectovaginale, Darm, Harnwege) sind neben der Sonographie rektovaginale Tastuntersuchung, Einstellung mit zweiblättrigen Spekula und transabdominale Nierensonographie obligat.

Gestagenspirale lindert postoperative Schmerzen

Herde im Myometrium (Adenomyosis uteri) lassen sich mit Schall oder MRT entdecken, beweisend ist allerdings meist erst der histologische Befund nach Hysterektomie. Frauen mit gesicherter Diagnose, aber ohne Symptome und ohne Kinderwunsch müssen nicht zwingend behandelt werden, eine Ausnahme stellt lediglich die Hydronephrose dar. Ansonsten lautet das primäre Ziel immer die operative Entfernung der Herde, obwohl sich das Rezidivrisiko nicht vermeiden lässt, betonen die Experten. Implantate im Peritoneum kann man präoperativ durch Medikamente verkleinern. Infrage kommen Gestagene, orale Antikontrazeptiva oder GnRH-Analoga. Persistierende postoperative Schmerzen sprechen gut auf Levonorgestrel freisetzende Intrauterinpessare (IUP) an. Bei ovariellen Endometriomen sollte die Zystenwand vollständig operativ entfernt werden.

Resektion im Gesunden oft nicht möglich

Auch für Patientinnen mit TIE gilt die Resektion „in sano“ als obers­tes Gebot. Allerdings sind hier oft Kompromisse notwendig, um die Fertilität zu erhalten. Außerdem drohen einige operationsbedingte Komplikationen wie Rezidive nach Darmresektion (14 %), Anastomoseninsuffizienzen (5–14 %, bei Rektumsegmentresektionen bis zu 24 %) oder Blasenatonie (29 %). Vor dem Hintergrund einer grundsätzlich benignen Erkrankung muss das Ausmaß der Sanierung daher intensiv mit den Betroffenen besprochen werden. Lehnt die Patientin ein operativen Vorgehen ab oder bestehen danach weiterhin Beschwerden, ist eine dauerhafte medikamentöse Therapie unumgänglich. Als effektivste Behandlung der Adenomyosis uteri gilt bei abgeschlossener Familienplanung die Hysterektomie. Die Gefahr einer Uterusruptur „in graviditate oder sub partu“ droht vor allem, wenn größere Defekte bestehen. Medikamentöse Alternativen bieten wiederum Hormone mit der Induktion einer Amenorrhö.

Entfrenung von Endometriose-Herden bessert Fertilität

Der genaue Zusammenhang zwischen Endometriose und Sterilität konnte bisher – außer bei mechanischer Alteration der Adnexe – nicht geklärt werden. Die Entfernung von Endometriose-Herden bessert aber die Fertilität nachweislich, eine postoperative Therapie mit GnRH-Analoga erhöht die Chancen dagegen nicht. Für Patientinnen mit weiterhin bestehendem Kinderwunsch bietet die Reproduktionsmedizin verschiedene Optionen. Die Autoren betonen, dass frühzeitig psychosomatische Aspekte, etwa die Entwicklung somatoformer Schmerzstörungen oder dysfunktionales Krankheitsverhalten (z.B. Verzicht auf körperliche Aktivität), bedacht und entsprechende Therapieansätze verfolgt werden sollten. Außerdem sollten die Patientinnen auf Selbsthilfeangebote hingewiesen werden. Was komplementäre Verfahren betrifft, mangelt es an kontrollierten Studien. Erste Untersuchungen deuten auf positive Effekte auf Schmerzen durch Akupunktur und chinesische Kräutermedizin hin.

Wie steht es um die Malignomgefahr?

Sehr selten entstehen auf dem Boden einer Endometriose Malignome, in erster Linie Ovarialkarzinome. Das Risiko wird insgesamt mit ca. 2,5 % beziffert. Als unabhängige Risikofaktoren gelten zudem ein Durchmesser ovarieller Endometriome ≥ 9 cm, die Postmenopause, hyperöstrogene Situation und Endometriosezysten im Patientinnenalter von 10 bis 29 Jahren. Ovulationshemmer, Geburten, tubare Sterilisation oder Hysterektomie scheinen das Risiko zu senken. In der Literatur finden sich darüber hin-aus Assoziationen mit anderen Malignomen wie Mamma- oder Nierenzellkarzinomen, Hirntumoren, Non-Hodgkin-Lymphomen und Melanomen. Die klinische Bedeutung dieser Beobachtungen ist allerdings derzeit noch unklar.

Quelle: Uwe Ulrich et al., Interdisziplinäre S2k-Leitlinie für die Diagnostik und Therapie der Endometriose, AWMF-Register Nr. 015/045

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).