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Epilepsie: Alkoholkonsum erlaubt?!

Wie gehen Epilepsiepatienten mit Alkohol um? Wie groß ist die Gefahr für sie, nach Bier- oder Weinkonsum einen Anfall zu erleiden? Und was raten die behandelnden Ärzte den Patienten in puncto Alkohol? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, initiierten Kollegen aus Berlin eine Studie an den Charité-Epilepsieambulanzen. 310 Patienten im Alter ab 18 Jahren nahmen daran teil. Die Forscher führten semistrukturierte Interviews anhand eines selbst entwickelten, detaillierten Fragebogens durch. Die Ergebnisse der Studie stellte Professor Dr. Martin Holtkamp von der Klinik für Neurologie am Campus Mitte der Charité Universitätsmedizin in Berlin vor.
Wie häufig ist Alkoholkonsum bei Epileptikern?
Knapp 66 % der befragten Patienten gaben einen Alkoholkonsum in den letzten zwölf Monaten an, was im Vergleich zu einer Stichprobe der Normalbevölkerung (89 %) deutlich niedriger liegt. 30,7 % hatten zwar Alkoholerfahrung, waren aber in dem vorausgegangenen Jahr abstinent geblieben. 3,5 % hatten noch nie Alkohol getrunken.
Allein aufgrund ihrer Erkrankung tranken 50 der 95 alkoholabstinenten Patienten nicht, 16 von ihnen fiel der Verzicht schwer. Dies zeigt, dass Alkoholkonsum durchaus relevant für die Lebensqualität ist, erklärte der Kollege.
Wie häufig sind mit Alkohol assoziierte Krampfanfälle?
Über alkoholbezogene Anfälle berichteten 52 der 310 Patienten. Da fast alle diese Anfälle innerhalb von 24 Stunden nach dem Trinken aufgetreten waren, ist eine Kausalität anzunehmen, sagte der Kollege.
Allerdings lohnt der Blick auf die konsumierte Alkoholmenge: Im Mittel lag sie bei 12,8 „Drinks“, was 2,5 l Bier bzw. 1,2 l Wein! entspricht. 50 der 52 Patienten hatten mindestens 7 „Drinks“ , also 1,4 l Bier bzw. 0,7 l Wein zu sich genommen.
Welche Patienten sind besonders gefährdet, nach Konsum erheblicher Alkoholmengen einen Krampfanfall zu erleiden?
Als Prädiktoren für alkoholbezogene Anfälle konnten männliches Geschlecht, eine idiopathische generalisierte Epilepsie (6-fach erhöhtes Risiko im Vergleich zu fokalen Epilepsien) und eine Polytherapie (2- bis 3-fache Risikoerhöhung) identifiziert werden. Auch gestörter Schlaf bzw. Schlafentzug nach dem Gelage muss als Auslöser für Krampfanfälle berücksichtigt werden, betonte Prof. Holtkamp.
Was berichten die Patienten über die Beratung durch ihren Arzt?
Mehr als jeder Vierte (28,1 %) hatte überhaupt keine Beratung zum Thema Alkohol erhalten, 41 % war zum lebenslangen Alkoholverzicht geraten worden. Nur 30 % gaben an, der Arzt habe ihnen gesagt, ein geringer bis mäßiger Alkoholkonsum sei mit der Epilepsie vereinbar.
Leider wurden die ärztlichen Ratschläge nicht individuell zugeschnitten, sondern pauschal erteilt, kritisierte Prof. Holtkamp. Die Kollegen unterschieden nicht, ob bei ihren Patienten eine fokale oder generalisierte Epilepsie vorlag bzw. eine Mono- oder Polytherapie durchgeführt wurde. Die Daten zeigen, dass die meisten Patienten mit Epilepsie regelmäßig Alkohol trinken, aber verantwortungsvoll mit der Substanz umgehen, d.h. nur geringe Mengen zu sich nehmen, so das Fazit von Prof. Holtkamp.
Dies steht im Einklang mit den Empfehlungen der Deutschen Epilepsievereinigung. Sie besagen, dass mäßiger Alkoholkonsum Epilepsiekranken nicht schadet, sofern sie ihre Tabletten regelmäßig einnehmen, auf einen normalen Schlaf-Wach-Rhythmus achten, nicht alkoholkrank sind oder waren und auch keine Überempfindlichkeit gegenüber Alkohol aufweisen. Hochprozentige Getränke sollten Epileptiker allerdings ganz meiden.
Quelle: 51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie e. V. in Stuttgart 2012
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