
Epilepsie-Chirurgie erfolgt oft zu spät
Auch fünf Jahre nach einem Eingriff sind mehr als 50 % der Epileptiker noch ohne Anfall – einfache partielle Anfälle ausgenommen. Diese Chance sollte man Patienten nicht erst nach 20-jähriger Epilepsiekarriere bieten! Britische Kollegen haben die Langzeitverläufe von 615 Epilepsie-Patienten, die am Londoner National Hospital for Neurology and Neurosurgery chirurgisch behandelt wurden, prospektiv dokumentiert.
Die Beobachtungsdauer betrug im Mittel acht Jahre, längstens 19 Jahre. Alle Patienten wurden, soweit dies möglich war, im Jahresrhythmus nachuntersucht. Als Anfallsfreiheit wurde gewertet, wenn ein Patient nur noch einfach partielle Anfälle hatte – ohne Bewusstseinsstörungen.
Epilepsie-Chirurgie: Temporale Resektion besonders erfolgreich
Nach dieser Definition blieben fünf Jahre nach dem Eingriff noch 52 % der Patienten anfallsfrei (40 % hatten auch keine partiellen Anfälle mehr), nach zehn Jahren waren es 47 %. Von diesen Patienten hatte mehr als jeder vierte seine Antikonvulsiva abgesetzt.
Besonders gute Ergebnisse wurden nach anteriorer Temporallappenresektion und temporaler Läsionektomie erzielt, während die Rezidivrate nach extratemporaler Resektion doppelt so hoch ausfiel. Als prognostisch wichtig erwiesen sich die ersten zwei Jahre nach dem Eingriff: Patienten, die in diesem Zeitraum auch keine einfachen partiellen Anfälle erlitten, blieben mit größerer Wahrscheinlichkeit weiterhin von Krampfanfällen verschont.
Insgesamt sank das Rezidivrisiko umso stärker, je länger der Patient anfallsfrei blieb. Umgekehrt sank die Chance, in Remission zu kommen, je länger nach dem Eingriff noch Anfälle auftraten.
Deutsche Kliniken bestätigen den Nutzen der Epilepsie-Chirurgie
Die Ergebnisse stehen im Einklang mit den Erfahrungen, die international berichtet und auch an deutschen Kliniken wie dem Epilepsiezentrum Kork gemacht werden, kommentierte dessen ärztlicher Direktor, Professor Dr. Bernhard Steinhoff, gegenüber Medical Tribune. „Das spricht für die Plausibilität der Daten.“
Er hat gerade die Ergebnisse der eigenen Epilepsiechirurgie ausgewertet und kommt auf etwas höhere Raten langfristig anfallsfreier Patienten, aber das mag der Patientenauswahl geschuldet sein. „Wir können bestätigen, dass man schon früh prognostisch abschätzen kann, ob ein Patient wahrscheinlich anfallsfrei bleibt oder nicht.“
Das Ziel: Behandelbarkeit der Epilepsie, nicht Heilung!
Ziel des Eingriffs ist nicht, den Patienten zu heilen, sondern eine zuvor nicht behandelbare Epilepsie in eine behandelbare zu überführen, erinnerte Prof. Steinhoff. Patienten, die nach dem Eingriff noch Krampfanfälle erleiden, können langfristig anfallsfrei werden. In der britischen Studie traf dies auf 93 Patienten zu.
In 19 % der Fälle hatten sie ein bis dahin noch nicht eingesetztes Antikonvulsivum erhalten. Umgekehrt sind auch Spätrezidive nach jahrelanger Anfallsfreiheit möglich. Was die britische Studie ebenfalls zeigt: Es vergeht viel zu viel Zeit, bis medikamentös therapierefraktären Patienten die Operation angeboten wird.
Epilepsie - Nach zwei Jahren Entscheidung zur Operation möglich!
Wie in Deutschland vergehen im Schnitt 20 Jahre – „eigentlich ein Medizinskandal“, empörte sich Prof. Steinhoff. „Wir wissen seit vielen Jahren, dass wir pharmakoresistente Epilepsien und Operations-Kandidaten sehr früh erkennen können, ich würde sagen: zwei Jahre reichen im Schnitt.“ Die meisten Patienten erleiden die ersten Krampfanfälle in jungen Jahren.
Wenn man dann 20 Jahre verstreichen lässt, bevor man sich zur Operation entschließt, entstehen Nachteile im Ausbildungs-, Berufs- und sozialen Bereich, die sich oft nie mehr ausgleichen lassen. Prof. Steinhoff: „Das Ziel des Eingriffs ist es, die Lebensqualität des Patienten zu verbessern. Wenn man zu lange damit wartet, ist die Chance vertan.“
Quelle: Professor Dr. Bernhard Steinhoff, Epilepsiezentrum Kork
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