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Ergänzende Maßnahmen sorgen für verträglichere Tumortherapie und beugen einem Abbruch vor

Komplementäre Medizin wird oft gleichgesetzt mit alternativer Therapie, aber das ist falsch. Komplementäre Verfahren sollen die Schulmedizin ergänzen, alternative sie ersetzen, und dann wird es gefährlich. Lebensgefährlich sogar, wie Professor Dr. Gustav Dobos, Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin, Kliniken Essen-Mitte, anhand einer aktuellen Studie verdeutlichte: Patienten mit Brust-, Prostata-, Lungen- oder Dickdarmkrebs, die ausschließlich alternative Verfahren anwandten, überlebten signifikant kürzer als jene unter konventioneller Therapie. Das Sterberisiko stieg auf das 2,5-Fache. Richtig eingesetzt, können die komplementären Therapien jedoch dazu beitragen, die Prognose zu verbessern, betonte der Internist. Ihren besonderen Wert sieht er im Nebenwirkungsmanagement: „Sie helfen, die konventionelle Therapie so verträglich wie möglich zu machen, damit der Patient diese abschließen kann.“ Hinzu kommen weitere positive Effekte auf Fitness, Lebensqualität und Aufbau psychosozialer Ressourcen.
Viele Leitlinien erkennen das Potenzial an
Auch international findet dieses Konzept immer mehr Anerkennung. Im vergangenen Jahr wurde die erste Leitlinie auf S3-Niveau veröffentlicht, die sich dem evidenzbasierten Gebrauch integrativer Therapien während und nach der Behandlung eines Mammakarzinoms widmet. In Deutschland gibt es in verschiedenen organspezifischen Leitlinien Kapitel zur integrativen Therapie, eine organübergreifende Leitlinie ist in der Abstimmung. An konkreten Beispielen zeigte Prof. Dobos, was komplementäre Strategien in der Onkologie zu leisten vermögen und wie solide die Evidenz bereits ist.
Die Rate der Therapieabbrüche wegen Aromatasehemmer-induzierter Arthralgien wird mit bis zu 50 % beziffert – ein gravierender Verlust an Therapiechancen. Eine 2017 vorgestellte Studie weckt Hoffnungen, dem mit Akupunktur beikommen zu können. Das Besondere an dieser Studie: Sie führte nicht nur eine „Kontrollgruppe Warteliste“, sondern eine zweite, die eine Scheinakupunktur erhielt. Dies vor dem Hintergrund, dass kürzlich Studien erschienen sind, die nahelegen, Akupunktur verdanke ihren Effekt vor allem der Placebowirkung. Das hat sich diesmal nicht bestätigt.
Ob Schmerzen oder Steifigkeit, die „echte“ Akupunktur schnitt überall besser ab als Warteliste und Scheinverfahren (welches zudem in keinem Punkt besser war als Abwarten). Die Wirkung erwies sich zudem als anhaltend und war auch drei Monate nach Ende der Nadeltherapie noch nachweisbar. „Akupunktur stellt eine ernst zu nehmende Alternative zu Duloxetin oder Opiaten dar“, kommentierte Prof. Dobos.
Schlafstörungen kosten nicht nur Lebensqualität, sondern verschlechtern bei vielen Krebsformen die Prognose, weil sie die erworbene Immunabwehr schwächen und zugleich die systemische Inflammation verstärken. Ein 30-Jahre-Follow-up der Nurses’ Health Study zeigte jedoch, dass auch zu viel Schlaf kontraproduktiv wirkt. Brustkrebspatientinnen, die auf mehr als neun Stunden pro Nacht kamen, hatten ein fast 1,5-fach erhöhtes krankheitsspezifisches Mortalitätrisiko.
„Verhaltenstherapeutische Interventionen, die auf Stressbewältigung oder Verbesserung von Schlaf abzielen, können systemische, zelluläre und genomische Inflammationsmarker reduzieren“, so Prof. Dobos. Gute Evidenz bei Schlafstörungen gibt es für viele Techniken, etwa Entspannungstraining, Mindfulness-Based Stress Reduction oder Hypnose, aber auch für Yoga, Bewegungs- und kognitive Verhaltenstherapie.
Auch die Fatigue geht mit einer erhöhten Inflammationsneigung einher, zudem stört sie zirkadiane Rhythmen, begünstigt Muskelabbau sowie genetische Fehlregulation und destabilisiert die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse. Mind-Body-Techniken haben sich hier bewährt und besonders Yoga hat gute Daten vorzuweisen: Es verbessert Befinden, Vitalität und depressive Verstimmung, senkt die Spiegel inflammatorischer Zytokine wie TNF-α und IL-4 und verringert sogar krebsbedingte Symptome.
Yoga- und Meditationseffekte hängen von der Adhärenz ab
Aber die Patienten müssen dranbleiben: „Achtsamkeitsbasierte Verfahren wie Yoga und Meditation zeigen mittlere Effektstärke bei Fatigue, die Langzeiteffekte sind abhängig von der Adhärenz“, betonte Prof. Dobos. Als wirksam haben sich Akupunktur, Akupressur und Amerikanischer Ginseng erwiesen. Letzteres dürfte der Neigung vieler Patienten entgegenkommen, die gerne auf substanzbasierte Therapien zurückgreifen. Unwirksam ist dagegen L-Carnitin: „Auch bei Carnitinmangel nicht wirksamer als Placebo“, urteilte der Referent.
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