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Ernährungstherapie für Krebspatienten: Was ist in welchem Stadium sinnvoll?
Ursachen für eine Mangelernährung bei Tumorpatienten sind die Erkrankung selbst sowie Radio- und Chemotherapie. Die Patienten essen und bewegen sich nicht genug, Entzündungsreaktionen und eine katabole Stoffwechsellage tragen zusätzlich zu Verlust von Gewicht bzw. Muskelmasse bei.
Die Mangelernährung schränkt Lebensqualität und Lebenserwartung deutlich ein – besonders häufig betroffen sind Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren und Tumoren des GI-Trakts. Die aktualisierte S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin e.V. (DEGM) ist unter Federführung von Dr. Jann Arends, Klinik für Tumorbiologie der Universität Freiburg, in Zusammenarbeit mit weiteren Fachverbänden entstanden.
Sie enthält evidenzbasierte Empfehlungen für die verschiedenen ernährungsdefizienten Situationen bei Onkologie-Patienten – destilliert aus allen verfügbaren Publikationen, von Experten bewertet und kommentiert.
Neue S3-Leitlinie im Überblick |
Die neue S3-Leitlinie zur klinischen Ernährung in der Onkologie enthält 48 Einzelempfehlungen plus Kommentare – beispielsweise Screenings zur frühzeitigen Erfassung von Ernährungsstörungen, grundlegende Prinzipien der Ernährungssupplementation sowie Empfehlungen zur Einbeziehung einer professionellen Ernährungsberatung. Besprochen werden Sondenernährung bzw. intravenöse Ernährung während und nach einer Chemotherapie sowie bewegungstherapeutische Maßnahmen zum Aufbau von Muskelmasse. Empfehlungen zur Ernährungstherapie in Palliation und Finalstadium sind nicht durch große Studien gestützt, hier stehen ärztliches Wissen und Handeln im Vordergrund.
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Das Therapieziel wurde klar formuliert: „Ernährungsinterventionen, insbesondere eine enterale oder parenterale Ernährungstherapie, sollten nur eingeleitet werden, wenn die erwarteten Vorteile gegenüber den Belastungen durch die Therapie überwiegen, und wenn der Patient die Therapie wünscht.“
Bloß die Finger weg von „Krebsdiäten“
Generell gilt: Der Bedarf an Gesamtenergie, Mineralstoffen und Vitaminen von Tumorpatienten ist nicht verschieden von dem gesunder Menschen, sodass zunächst auf allgemeine Ernährungsempfehlungen zurückgegriffen werden kann. Hilfreich ist die Expertise eines erfahrenen Ernährungsberaters.
Zur Appetitsteigerung bieten sich u.a. Kortikosteroide, Gestagene, Cannabispräparate sowie ggf. Insulin an. „Krebsdiäten“ werden nicht empfohlen.
Ein weiterer wichtiger Punkt: der Erhalt bzw. die Zunahme von Muskelmasse. Auch hier sollte geschultes Personal hinzugezogen werden. Die Therapeuten sorgen für Motivation und effektive Übungen, die parallel zur Ernährungstherapie – auch bei parenteraler Behandlung – stattfinden können. Das Bewegungstraining lindert darüber hinaus krebsassoziierte Symptome, wie Fatigue, rasche Ermüdbarkeit und Depressionen.
In palliativer Situation nur so viel, wie notwendig
Bei unheilbar kranken Tumorpatienten ist die ausreichende Nahrungsaufnahme ebenfalls wichtig – selbst in diesen Stadien beeinflusst die Unterernährung die Mortalität stärker als die Grunderkrankung. Der Ernährungsberater tritt in diesen Situationen allerdings in den Hintergrund, die Entscheidungen trifft der Arzt gemeinsam mit Patient und Angehörigen unter Berücksichtigung von Lebensqualität und Lebenserwartung.
In der Sterbephase folgen die Interventionen der ärztlichen Erfahrung. Hier stehen Linderung von Durst und Hunger im Vordergrund, eingebettet in eine verantwortungsvolle Basisbetreuung. Ein Zuviel an Ernährungssupplementation kann für Sterbende eine große Belastung sein.
Quelle: J. Arends et al., S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin e.V: (DGEM) in Kooperation mit DGHO, ASORS und AKE, Aktuel Ernährungsmed 2015; 40; e1-e74; AWMF-Register-Nr. 073/006
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