Erste Erfahrungen in Hamburg zeigen ein breites klinisches Spektrum

Dr. Dorothea Ranft

Einzelne Affenpocken-Läsionen wie hier am Mittelfinger können sich primär als unspezifische Papeln manifestieren.
Einzelne Affenpocken-Läsionen wie hier am Mittelfinger können sich primär als unspezifische Papeln manifestieren. © Schäfer G et al. Hamburger Ärzteblatt 2022; 76: 32-33 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg

Auch in Deutschland gab es in den letzten Monaten zahlreiche Fälle von Affenpocken. Sie können schwer verlaufen und werden leicht mit anderen Infektions­krankheiten verwechselt. Ein Überblick über die Besonderheiten.

In den meisten Fällen werden Affenpockenviren durch eine Schmierinfektion bei engem körperlichem Kontakt übertragen. Auch eine Ansteckung bei symptomfreien Trägern scheint möglich zu sein. Derzeit sind fast nur Männer betroffen, die Sex mit Männern haben (MSM). Überwiegend handelt es sich um HIV-Infizierte und MSM, die eine Präexpositionsprophylaxe anwenden. Die Mehrzahl befindet sich im Alter zwischen 20 und 50 Jahren. Auch bereits gegen Pocken geimpfte Personen können sich infizieren, schreiben Dr. Guido Schäfer vom Infektionsmedizinischen Centrum in Hamburg und Koautoren.

Die Inkubationszeit liegt üblicherweise bei 5–21 Tagen, kann aber auch kürzer sein. Mehr als die Hälfte der Betroffenen entwickelt Fieber, Nachtschweiß, Kopf- und Gliederschmerzen und Lymphknotenschwellungen. Das zugehörige Erythem bildet sich in über 90 % der Fälle im Genital- oder Analbereich. Orale Veränderungen und Manifestationen in anderen Regionen wie Fingern, Händen und Gesicht sind ebenfalls möglich. Der Befall beschränkt sich oft auf wenige Stellen und ähnelt dann häufig einem Primäraffekt bei Syphilis. Auch eine stärkere Ausbreitung ist möglich, manche Patienten haben mehr als 50 Läsionen. 

Die Hauterscheinungen beginnen meist mit unspezifischen Papeln. Auf diesen entwickeln sich nach ein bis zwei Tagen eingedellte Vesikel und Pus­teln, die später verschorfen. Auch ein erosiver oder ulzerativer Verlauf ist möglich. Die entsprechenden Läsionen können mehr als drei Wochen bestehen, bevor sie spontan abheilen. 

Das Spektrum der Ausprägungen ist vielfältig. Es gibt schwere Verläufe mit Komplikationen, von denen einige sogar stationär behandlungs­pflichtig sind. Dazu zählen phlegmonöse bakterielle Superinfektionen, Penisödeme oder hochgradig schmerzhafte peri­anale Abszesse. Asymptomatische Verläufe  dagegen fallen mitunter erst bei einem Screening auf sexuell übertragbare Infektionskrankheiten (sexually transmitted infections, STI) auf. Auch ein rein enoraler oder pharyngealer Befall sowie eine Proktitis ohne äußere Läsion sind möglich. 
Die Diagnose der Affenpocken basiert auf dem charakteristischen klinischen Befund und einem positiven PCR-Test. Für Ärzte und Labore besteht eine Meldepflicht. Mit Abstrichen von analen und genitalen Läsionen lässt sich die Infektion fast immer nachweisen. 

PCR-Test oft auch mit Rachenabstrich möglich

Dafür müssen die Pocken meist nicht eröffnet werden. Auch der Rachenabstrich ist oft positiv. Dies gilt vor allem bei Halsschmerzen, die aber vielfach erst auf Nachfrage angegeben werden. 

Auffällig ist das häufige Zusammentreffen mit STI. Deshalb raten die Autoren, bei Patienten mit Lues, Gonorrhö oder Chlamydien­infektion auch nach Affenpocken zu fahnden. Das gilt auch beim Verdacht auf Herpes oder Dellwarzen. Die wichtigsten Warnsignale sind Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen. 

Bei Proktitisbeschwerden und passender Anamnese sollte ebenfalls ein PCR-Test durchgeführt werden. Umgekehrt muss man bei Patienten mit Affenpocken eventuell begleitende STI ausschließen. 

Zur Therapie der Affenpocken eignet sich in schweren Fällen der antivirale Wirkstoff Tecovirimat. Zur Vorbeugung empfiehlt die ­STIKO den Einsatz der dafür zugelassenen Pockenvakzine. Eine Postexpositionsprophylaxe kann bis zu 14 Tage nach dem Kontakt erfolgen.

Quelle: Schäfer G et al. Hamburger Ärzteblatt 2022; 76: 32-33 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg 

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Einzelne Affenpocken-Läsionen wie hier am Mittelfinger können sich primär als unspezifische Papeln manifestieren.
Einzelne Affenpocken-Läsionen wie hier am Mittelfinger können sich primär als unspezifische Papeln manifestieren. © Schäfer G et al. Hamburger Ärzteblatt 2022; 76: 32-33 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg
Die teils ausgeprägten inflammatorischen Umgebungsreaktionen erinnern an eine Superinfektion oder Einblutung. 
Die teils ausgeprägten inflammatorischen Umgebungsreaktionen erinnern an eine Superinfektion oder Einblutung. © Schäfer G et al. Hamburger Ärzteblatt 2022; 76: 32-33 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg
Auf dem initialen Erythem entwickeln sich Versikel und Pusteln mit zentraler Nabelung, die im Verlauf verschorfen und Nekrosen ähneln.
Auf dem initialen Erythem entwickeln sich Versikel und Pusteln mit zentraler Nabelung, die im Verlauf verschorfen und Nekrosen ähneln. © Schäfer G et al. Hamburger Ärzteblatt 2022; 76: 32-33 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg
Die teils diskreten Befunde ermöglichen diverse Differenzialdia­gnosen (Fissur, infektiöses Ulkus bei Lues etc.). Ein analer Befall geht eventuell mit einer Proktitis einher. Die teils diskreten Befunde ermöglichen diverse Differenzialdia­gnosen (Fissur, infektiöses Ulkus bei Lues etc.). Ein analer Befall geht eventuell mit einer Proktitis einher. © Schäfer G et al. Hamburger Ärzteblatt 2022; 76: 32-33 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg