Erste Option zur Pharmakotherapie bei plexiformen Neurofibromen

Dr. Katharina Arnheim

Bei einer Neurofibromatose vom Typ 1 entwickeln bis zu 50 % aller Patienten voluminöse, von der Nervenscheide ausgehende Tumoren. Bei einer Neurofibromatose vom Typ 1 entwickeln bis zu 50 % aller Patienten voluminöse, von der Nervenscheide ausgehende Tumoren. © iStock/muzon

Für Patienten mit plexiformen Neurofibromen standen bislang keine effektiven medikamentösen Therapien zur Verfügung. Zwei Studien sprechen jetzt für die gute Wirksamkeit von MEK-Inhibitoren bei diesen Tumoren: Die getesteten Substanzen bewirken hohe Raten lang anhaltender Remissionen.

Bis zu 50 % aller Patienten mit einer Neurofibromatose vom Typ 1 entwickeln voluminöse, von der Nervenscheide ausgehende Tumoren. Diese plexiformen Neurofibrome (PN) können sehr entstellend sein und Schmerzen sowie Funktionseinschränkungen hervorrufen, informierte Dr. Andrea Gross vom Children’s National Health System in Washington. Es handelt sich überwiegend um benig­ne Tumoren. In 10–15 % der Fälle kann jedoch eine Transformation zu hoch aggressiven Tumoren auftreten. Trotz zahlreicher klinischer Studien gibt es bislang keine effektive medikamentöse Behandlung, bedauerte Dr. Gross. Auch ist oftmals keine komplette chirurgische Resektion der großen Auswüchse möglich.

Der MEK1/2-Inhibitor Selumetinib hat in einer Phase-I-Studie mit einer Rate partieller Remissionen (PR) von 71 % und einer Tumorschrumpfung von mindestens 20 % eine bislang bei dieser Erkrankung noch nie berichtete Aktivität gezeigt, berichtete Dr. Gross. Daher wurde eine multizentrische Phase-II-Studie initiiert, für die 50 PN-Patienten im Alter zwischen zwei und 18 Jahren rekrutiert wurden.1 Die Teilnehmer wiesen im Mittel drei, teilweise aber bis zu fünf NP-assoziierte Morbiditäten auf – am häufigsten Entstellungen, Bewegungseinschränkungen und Schmerzen.

Ursache der Neurofibromatose

Ursächlich für die autosomal dominant vererbte Neurofibromatose 1 ist laut Dr. Gross ein Funktionsverlust im Neurofibromatose-1-Lokus mit Aktivierung des RAS-Signalwegs. Aus diesem Grund wurden die MEK-Inhibitoren als medikamentöser Ansatz getestet – mit großem Erfolg, wie die zwei vorgestellten Studien belegen.

Knapp zwei Drittel zeigen anhaltende Remissionen

Die guten Ergebnisse der Vorläuferstudie konnten überzeugend bestätigt werden: 36 Patienten (72 %) sprachen auf den MEK1/2-Inhibitor mit einer oft über mehr als ein Jahr anhaltenden PR, weitere zwölf (24 %) mit einer Stabilisierung an. Zudem wurde Selumetinib gut vertragen und konnte über median 19,5 vierwöchige Zyklen verab­reicht werden. Häufigste und reversible Nebenwirkungen waren leichte Durchfälle, ein asymptomatischer Anstieg der Kreatinkinase, Rash und Paronychien. Bei zwölf Patienten waren Dosisreduktionen erforderlich; bei vier Teilnehmern wurde die Therapie wegen möglicherweise medikamentenbedingter Nebenwirkungen abgebrochen. Neben der Tumorschrumpfung bewirkte die Therapie mit Selumetinib bei zahlreichen Patienten Verbesserungen funktioneller Parameter wie Muskelkraft und Beweglichkeit. 19 Patienten berichteten eine signifikante Schmerzreduktion im Verlauf eines Behandlungsjahres. Auch gaben Eltern und Betroffene an, dass die schmerzbedingten Einschränkungen im Alltagsleben signifikant zurückgingen. Dr. Gross bezeichnete die erreichten funktionellen Verbesserungen als klinisch relevant. Ähnlich positive Ergebnisse berichtete Professor Dr. Geoffrey McCowage, The Children’s Hospital at Westmead, aus einer weiteren Phase-I/II-Studie – in diesem Fall mit dem MEK1/2-Inhibitor Trametinib.2 Sie umfasste 26 median 5,5 Jahre alte und überwiegend bereits vorbehandelte PN-Patienten.

Tumorkontrollrate liegt bei über 80 %

Auf den MEK1/2-Inhibitor sprachen zwölf Patienten (46 %) partiell an. „Bei allen zwölf Respondern hielten die Remissionen zum Zeitpunkt der Auswertung noch an“, berichtete Dr. McCowage. Bei weiteren neun Patienten (35 %) wurde eine Stabilisierung erreicht, sodass sich die Tumorkontrollrate auf 81 % beläuft. Der Median im progressionsfreien Überleben ist derzeit noch nicht erreicht. Die Verträglichkeit von Trametinib stimmt laut Dr. McCowage mit dem aus klinischen Studien an erwachsenen Melanompatienten bekannten Sicherheitsprofil überein.

Quellen:
1. Gross A et al. J Clin Oncol 2018; 36 (suppl; abstr 10503)
2. McCowage G et al. J Clin Oncol 2018; 36 (suppl; abstr 10504)

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Bei einer Neurofibromatose vom Typ 1 entwickeln bis zu 50 % aller Patienten voluminöse, von der Nervenscheide ausgehende Tumoren. Bei einer Neurofibromatose vom Typ 1 entwickeln bis zu 50 % aller Patienten voluminöse, von der Nervenscheide ausgehende Tumoren. © iStock/muzon