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Cartoon Medizin und Markt
Fortgeschrittenes NSCLC: Vorgehen bei EGFR-TKI-Resistenz
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? Herr Prof. Dr. Laack, warum setzen Sie als Therapeut alles daran, bei NSCLC- Patienten mit akquirierter EGFR-TKI-Resistenz eine möglicherweise vorhandene T790M-Mutation zu finden?
Laack: Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass sich unter der zielgerichteten Therapie mit EGFR-TKI im Verlauf Resistenzmutationen bilden. Am häufigsten – in etwa der Hälfte der Fälle – liegt die T790M-Mutation im Exon 20 des EGFR-Gens vor. Der Nachweis dieser Mutation ist wichtig, weil er eine klare therapeutische Konsequenz nach sich zieht: Hier ist mit dem Dritt-Generations-TKI Osimertinib eine hoch effektive, für diese Situation zugelassene Behandlung verfügbar.
? Der Nachweis der T790M-Resistenzmutation kann nach Rebiopsie anhand der molekularen Gewebeanalytik erfolgen. Was sind die Vorteile, was die Nachteile dieses Vorgehens?
Laack: Aus einer Rebiopsie lässt sich Material für die molekulare Diagnostik gewinnen. Zentrale Anforderung ist allerdings, dass diese ein repräsentatives Ergebnis für das Tumorsystem liefert. Dies kann bei einer lokalen Gewebeprobe unsicher sein. Um zu beurteilen, was auf der Genebene passiert, entnehmen wir Gewebe in Bereichen mit Tumorprogredienz. Einschränkungen bestehen, wenn ein Tumor so ungünstig lokalisiert ist, dass er mit einfachen Biopsieverfahren nicht erreicht werden kann und die Rebiopsie mit einem Risiko für den Patienten verbunden wäre, etwa bei Progress im Bereich von Hirnmetastasen oder in einer zentralen Leberregion.
? Der T790M-Nachweis ist auch anhand von Blut, mittels Analyse zellfreier zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA) möglich. Was sind die Vorteile, was die Nachteile der sogenannten Liquid Biopsy?
Laack: Ein Vorteil ist die geringe Belastung des Patienten. Ein weiterer, dass bei positivem Befund ein repräsentatives Ergebnis in Bezug auf die Tumorsituation vorliegt. Unabhängig davon, ob mehrere Tumormanifestationen existieren und wo diese lokalisiert sind, beweist der positive Befund das Vorhandensein der T790M-Mutation und hat ohne Notwendigkeit für eine Biopsie die geschilderte therapeutische Konsequenz. Ein gewisser Nachteil ist, dass dies zunächst nur bei positivem Ergebnis gilt. Denn ein negatives Ergebnis schließt das Vorhandensein der T790M-Mutation nicht aus, sondern lässt zwei Möglichkeiten offen. Entweder liegt die Resistenzmutation T790M nicht vor oder – zweite Möglichkeit – der Tumor entlässt nicht ausreichend ctDNA in das zirkulierende Blut.
? Es kann beim T790M-Nachweis demnach wichtig sein, sich nicht allein auf ein Verfahren bzw. eine Probenquelle zu verlassen?
Laack: Die, wenn man so will, Nachteile beider Verfahren hatte ich genannt. Vor diesem Hintergrund werden die Biopsie und die Liquid Biopsy komplementär angewendet. Entsprechende Empfehlungen finden sich beispielsweise in der aktualisierten S3-Leitlinie (1). Die im Alltag von mir bevorzugte Reihenfolge bei Patienten mit EGFR-Mutation und Progress nach TKI-Therapie ist im ersten Schritt eine Liquid Biopsy durchzuführen. Ist diese positiv auf T790M, beginne ich eine Behandlung mit Osimertinib. Ist sie negativ, versuche ich den Bereich des Tumors mit nachweisbarem Progress zu biopsieren.
? Warum ist es wichtig, dem pathologischen Institut die Primärmutation (d.h. die aktivierende EGFR-Mutation) mitzuteilen?
Laack: Der Nachweis oder der Nichtnachweis einer Primärmutation können einen Anhaltspunkt dafür geben, ob ein Tumor ausreichend ctDNA in das periphere Blut abgibt. Das heißt: Ist weder die T790M-Mutation noch die primäre Mutation detektierbar, entlässt der Tumor wahrscheinlich keine ausreichende Menge ctDNA ins periphere Blut. Hier wird für den Nachweis der Mutation also unbedingt eine Gewebeprobe erforderlich.
? Wie bewerten Sie die seit Jahresbeginn bestehende ambulante Erstattungsfähigkeit der Liquid Biopsy zum T790M-Nachweis (GOP 19460 im EBM)?
Laack: Die Erstattungsfähigkeit ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Wegen der möglichen therapeutischen Konsequenz sollten die besten verfügbaren Testverfahren zur Anwendung kommen, auch diese sollten erstattet werden.
? Bitte ziehen Sie ein kurzes Fazit.
Laack: Wir haben mit der Liquid Biopsy ein gering invasives Diagnostikverfahren verfügbar, das für Patienten keine zusätzliche Belastung darstellt. Das Verfahren kann einen Teil der risikobehafteten Biopsien ersparen und hat für einen relevanten Anteil der Patienten mit NSCLC erhebliche therapeutische Konsequenzen.
Quelle
(1) S3-Leitlinie Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms; Langversion 1.0 – Februar 2018, AWMF-Registernummer: 020/007OL; www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/lungenkarzinom/
Weitere Informationen finden Sie auf www.az-diagnostik.de >>
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