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Gangunsicherheit, Übelkeit und Kopfschmerzen als Zeichen einer Zerebellitis

Etwa 50 der bis zu 400 humanpathogenen Viren können das ZNS befallen. Ist das Kleinhirn betroffen, zeigt sich am häufigsten eine neu aufgetretene Ataxie mit Gangunsicherheit, Übelkeit und Kopfschmerzen. Fieber, Schwindel, Nystagmus und Nackensteifigkeit können hinzukommen, sagte Privatdozentin Dr. Bettina Pfausler von der Klinik für Neurologie an der Medizinischen Universität Innsbruck. Während eine isolierte Zerebellitis bei Kindern noch relativ häufig vorkommt, ist sie bei Erwachsenen eine absolute Rarität. Eine Kleinhirnbeteiligung findet man bei ihnen im Rahmen einer Rhombenzephalitis.
Neben Viren als mögliche Ursache müssen andere pathologische Prozesse im Kleinhirn ausgeschlossen werden. Dazu gehören Infektionen mit Bakterien oder Pilzen, aber auch autoimmun bzw. paraneoplastisch ausgelöste Prozesse, Raumforderungen oder vaskuläre Erkrankungen.
Kleinhirnsymptomatik auch durch Hitzschlag
Medikamente (u.a. Metronidazol), ein Thiamin- oder Vitamin-E-Mangel sowie ein Hitzschlag können ebenfalls eine akute Kleinhirnsymptomatik auslösen. Episodische Ataxien gehören zu den weiteren Differenzialdiagnosen, erinnerte die Kollegin.
Häufigster viraler Auslöser einer Zerebellitis bei Kindern ist das Varizella-Zoster-Virus (VZV). Bei einer von 4000 Infektionen ist das Kleinhirn betroffen – oft schon vor Auftreten des typischen Exanthems. Auch bei Erwachsenen gehört VZV mit zu den häufigsten viralen Auslösern, entweder im Rahmen einer Zoster-Erkrankung oder einer Windpocken-Erstinfektion. Hierbei ist zu bedenken, dass etwa 50 % der Erwachsenen mit akuten Windpocken nicht das typische Exanthem entwickeln.
Weitere bei Zerebellitis nachweisbare Viren sind:
- Epstein-Barr-Virus
- Humanes Polyomavirus 2 (JCV)
- Influenza-Virus
- Dengue-Virus
- Enterovirus 71
- Parvovirus B19
- Respiratory Syncytial Virus (RSV)
- Mumps-Virus
Im Vordergrund der Diagnostik steht der Virusnachweis mittels PCR im Liquor. Alternativ können spezifische IgM- und IgG-Antikörper bestimmt werden. Bei etwa einem Drittel der Betroffenen ist die ätiologische Zuordnung möglich. Die Bildgebung fällt bei viraler Zerebellitis meist unauffällig aus, dient aber der Abgrenzung möglicher Differenzialdiagnosen.
Solange die genaue Ursache der Kleinhirnentzündung nicht feststeht, empfiehlt sich nach Aussage von Dr. Pfausler ein pragmatisches Vorgehen. Dazu gehört die Gabe von Aciclovir (10–15 mg/kgKG), Ceftriaxon/Ampicillin (zur Abdeckung von Listerien) und evtl. von Makroliden oder Tetrazyklinen zur Bekämpfung intrazellulärer Erreger. Für eine hoch dosierte Kortisonstoßtherapie gibt es wenig Evidenz, sie wird aber häufig durchgeführt. Die Prognose der viralen Zerebellitis ist im Vergleich zu anderen ZNS-Infektionen relativ gut – etwa die Hälfte der Patienten erholt sich vollständig.
Quelle: Arbeitstagung NeuroIntensivMedizin – 2021 digital
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