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Melanom: Behandlung von zerebralen Metastasen regelmäßig neu evaluieren

Dank zielgerichteter und Immuntherapien überlebt heute etwa jeder zweite Patient mit einem metastasierten Melanom den Fünf-Jahres-Zeitraum. Hat der Krebs jedoch ins Gehirn gestreut, verschlechtert sich die Prognose erheblich. Hirnfiliae sind die häufigste Todesursache bei den Betroffenen und ihre Therapie gestaltet sich schwierig. Immerhin deuten retrospektive Studien darauf hin, dass sich mit einem multimodalen Ansatz Fünfjahres-Überlebensraten von 20 % erreichen lassen. Wie das in praxi aussieht, schildert das Team um Misbah Shireen Ahmed von der Klinik für Dermatologie am Universitätsklinikum Dresden.
Es berichtet über einen 50-Jährigen, der ursprünglich wegen eines generalisierten epileptischen Anfalls in die neurochirurgische Notaufnahme eingeliefert worden war. Im Rahmen der Untersuchungen fanden sich allein im Gehirn über 20 Metastasen, weitere in der Lunge und einer in der rechten Nebenniere. Da sich einer der zerebralen Herde nach Entfernung als gestreutes Melanom mit BRAF-/V600E-Mutation entpuppte, rief das die Dermatologen auf den Plan.
Transaminasen stiegen unter der Therapie auf das 35-Fache
Sie therapierten aufgrund der Genveränderung zunächst zielgerichtet mit Dabrafenib und Trametinib. Auf diese BRAF-/MEK-Inhibitoren sprechen fast sechs von zehn Melanompatienten mit symptomatischen Hirnmetastasen an, wenngleich oft nur für einige Monate. Auch im Fall des Dresdner Patienten bildeten sich die Filiae innerhalb von zwei Monaten deutlich zurück. Allerdings mussten die Ärzte die Medikamente nach zwei Monaten wegen eines massiven Anstiegs der Transaminasen auf das mehr als 35-Fache absetzen. Unter Steroidgabe normalisierten sich die Leberwerte und die Behandler wechselten auf eine Immuntherapie mit Ipilimumab plus Nivolumab. Kurz darauf kam es zu einem erneuten epileptischen Anfall – die Metastasen im Gehirn waren wieder gewachsen, auch die in der Nebenniere hatte an Größe zugenommen.
Nach Beratung im interdisziplinären Tumorboard entschloss man sich, zusätzlich eine Ganzhirnbestrahlung mit Aussparung des Hippocampus durchzuführen. Unter beibehaltener Checkpoint-Inhibition lässt sich so bei Betroffenen mit multipler Streuung ins Gehirn eine Einjahres-Überlebensrate von 33 % erzielen. Allerdings vertragen viele Patienten die Kombi aus Ipilimumab und Nivolumab nur schlecht. Die Dresdner Dermatologen berichten in ihrem Fall im Verlauf immer wieder von schweren immunvermittelten Nebenwirkungen, die eine Pause der Therapie notwendig machten, in der der Tumor weiter streute. Für den Patienten bedeutete das u.a. weitere Bestrahlungen, eine Ileumsegmentresektion bei Dünndarmmetastase und eine intensivmedizinische Behandlung wegen eines beginnenden Leberversagens.
Trotz dieser Widrigkeiten befindet sich der Mann derzeit in gutem Zustand ohne neurologische Defizite – 17 Monate nach der Erstdiagnose. Ihre Kasuistik zeige, so die Autoren, dass eine multimodale Therapie das Leben verlängere, die Behandlung aber stetig auf den Prüfstand gestellt werden müsse. So auch in diesem Fall: Der Patient erhält inzwischen wieder eine BRAF-/MEK-Inhibitor-Therapie, diesmal mit Encorafenib und Binimetinib.
Quelle: Ahmed M, Meier F, Beissert S. „Multimodale Therapie von Hirnmetastasen“, Akt Dermatol 2020; 46: 228-231; DOI: 10.1055/a-1130-5982; © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, New York
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