Gefährliche Variante der Schuppenflechte

Dr. Dorothea Ranft

Typisch für die generalisierte pustulöse Psoriasis (GPP) sind wiederholte Schübe, die mit einem ausgedehnten Erythem der Haut und der Bildung steriler Pus­teln einhergehen. Typisch für die generalisierte pustulöse Psoriasis (GPP) sind wiederholte Schübe, die mit einem ausgedehnten Erythem der Haut und der Bildung steriler Pus­teln einhergehen. © Ityuan – stock.adobe.com

Hohes Fieber und Pusteln auf der Haut eines Patienten mit Plaquepsoriasis – dieser Befund sollte die Alarmglocken schrillen lassen. Die generalisierte pustulöse Psoriasis ist nicht nur sehr belastend, sondern durch mögliche systemische Komplikationen auch lebensbedrohend. 

Typisch für die generalisierte pustulöse Psoriasis (GPP) sind wiederholte Schübe, die mit einem ausgedehnten Erythem der Haut und der Bildung steriler Pus­teln einhergehen. Die kutanen Exazerbationen werden häufig von sys­temischen Symptomen wie hohem Fieber und Erschöpfung begleitet.Das Labor zeigt häufig eine Leukozytose, schreiben Prof. Dr. Jörg Prinz vom Klinikum der LMU München und Koautoren. 

Der klinische Verlauf ist sehr unterschiedlich, er reicht von gelegentlichen leichten Episoden bis zu einer über Jahre fortbestehenden schubförmigen Aktivität. Auch beim selben Patienten kann der Schweregrad von Schub zu Schub stark variieren. 

Ein spezifischer Auslöser der inflammatorischen Episoden ist bisher nicht bekannt, als begünstigend gelten unter anderem die Schwangerschaft und das Absetzen einer Steroidtherapie. Auch bakteriell bedingte Erkrankungen und virale Atemwegsinfektionen einschließlich SARS-CoV-2 kommen als Trigger in Betracht. Insgesamt ist die Krankheit allerdings selten (siehe Kasten).

Ein Großteil der Patienten leidet bereits vor dem Auftreten der pustulösen Form an einer Plaquepsoriasis. Es gibt aber auch Menschen mit singulärer GPP. Letztere gilt mittlerweile als eigenständiges Krankheitsbild mit besonderen genetischen und immunologischen Veränderungen. Die GPP ist gekennzeichnet durch eine krankhafte Aktivierung des angeborenen Immunsystems. Sie wird als autoinflammatorische Erkrankung eingestuft, im Gegensatz zur Plaquepsoriasis, bei der angeborene und adaptive Immunreaktionen zusammenspielen und die daher zu den Autoimmunerkrankungen gehört. Bei der GPP kann das adaptive Immunsystem zwar auch beteiligt sein, aber nur sekundär. 

Auch wenn nicht final geklärt ist, ob die GPP pathogenetisch als Schwerstform der Psoriasis oder als individuelle Erkrankung zu werten ist, unterscheidet sich das Zytokinprofil der beiden Formen. Bei der GPP spielen nicht Interleukin-17 und -23, sondern der dysfunktionale IL-36-Signalweg eine wichtige Rolle. 

Nicht schön, aber selten

Die Prävalenz der GPP variiert je nach Land und Studie zwischen 1,8 und 124 Fällen pro Million Menschen. Auch unter Psoriasispatienten ist die pustulöse Form mit einer Prävalenz von maximal 2,4 % eher selten. Die Rezidivrate liegt je nach Untersuchung zwischen 32 % und 61 %. Wie schnell die Schübe aufeinanderfolgen, ist individuell verschieden. Generell muss bei der GPP daher beachtet werden, dass aufgrund geringer Patientenzahlen und der selektiven Auswahl die Heterogenität zwischen den Studien meist groß ist. 

Interleukin-36-Signalweg läuft aus dem Ruder

Die unkontrollierte Expression von IL-36 führt zu einer Aktivierung von klonalen T-Zellen und zur Rekrutierung von neutrophilen Granulozyten in der Epidermis mit nachfolgender Pustelbildung. Menschen mit Funktionsverlust des IL-36-Rezeptorantagonisten entwickeln zudem häufiger eine schwere Form, d.h. jüngeres Alter zum Zeitpunkt der Manifestation, stärkere systemische Inflammation und das Fehlen einer vorausgehenden Plaquepsoriasis. 

Vor allem Patienten mit schwerer GPP sind auf eine Systemtherapie angewiesen. Diese basiert aber hauptsächlich auf den Erkenntnissen zur Plaquepsoriasis. Man setzt auf immunmodulatorische Wirkstoffe: orale Retinoide, Ciclosporin und Methotrexat. Die Evidenz zur GPP ist für diese jedoch begrenzt. Einen Ausweg könnten Biologika bieten, sie sind in Europa bisher aber nicht speziell für diese Indikation zuge­lassen (Anm. d. Red. siehe Kasten).

Neben bereits bestehenden psoriatrischen Erkrankungen (Plaquepsoriasis 46 %, Psoriasisarthritis 30 %) gelten mit einem Anteil von median 17 % Arthralgie und Arthritis als die häufigsten Begleitbefunde einer GPP. Für die Landkartenzunge (Lingua geographica) ergab sich in deutschen Studien eine Prävalenz von 22 % – im asiatischen Raum scheint der Anteil höher zu sein. Auch Nierenerkrankungen, kardiovaskuläre Komplikationen und COPD treten wohl in Verbindung mit einer GPP vermehrt auf. Zudem besteht eine Assoziation mit Adipositas, Depression und Angststörung. GPP und Plaquepsoriasis überschneiden sich zwar hinsichtlich vieler Komorbiditäten, direkte Organschäden durch Neutrophilenangriffe scheinen aber GPP-spezifisch zu sein.

Raus aus dem Off-Label-Bereich

Inzwischen hat die EMA dem Antikörper Spesolimab eine bedingte Zulassung bei Erwachsenen mit GPP erteilt.1 Die Entscheidung basiert auf den guten Ansprechraten bei Patienten im akuten Schub in der zulassungsrelevanten Phase-2-Studie2. Der nun auch in Deutschland verfügbare Antikörper hemmt die Aktivierung des Interleukin-36-Rezeptors. Daten zur Schubprävention will der Hersteller nachliefern.

Quellen:
1.    Pressemitteilung Boehringer Ingelheim 
2.    Bachelez et al. N Engl J Med 2021; 385: 2431-2440, doi: 10.1056/NEJMoa2111563

Hohes Sepsisrisiko bei Krankenhausaufenthalt

Hospitalisierte Patienten sind daher vermehrt durch eine mit der GPP assoziierten Sepsis (bzw. einen septischen Schock) gefährdet, der häufigsten Ursache für die erhöhte Sterblichkeit bei der GPP. An zweiter Stelle folgen kardiovaskuläre Komplikationen. Insgesamt ist die Sterblichkeit in den letzten Jahren aber deutlich zurückgegangen auf nur noch 0,2 Todesfälle pro 100 Patientenjahre, betonen die Autoren.

Quelle: Prinz JC et al. J Eur Acad Dermatol Venereol 2022; doi: 10.1111/jdv.18720

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Typisch für die generalisierte pustulöse Psoriasis (GPP) sind wiederholte Schübe, die mit einem ausgedehnten Erythem der Haut und der Bildung steriler Pus­teln einhergehen. Typisch für die generalisierte pustulöse Psoriasis (GPP) sind wiederholte Schübe, die mit einem ausgedehnten Erythem der Haut und der Bildung steriler Pus­teln einhergehen. © Ityuan – stock.adobe.com