Gefahr steigt am Wochenende und in Urlaubszeiten

Redaktion diabetes zeiitung

Stetige Müdigkeit gehört bei Kindern und Jugendlichen zu den Warnzeichen für Typ-1-Diabetes. Stetige Müdigkeit gehört bei Kindern und Jugendlichen zu den Warnzeichen für Typ-1-Diabetes. © Mary Naimanbayeva – gettyimages

Immer mehr Kinder und Jugendliche erleiden aufgrund eines unerkannten Typ-1-Diabetes eine schwere Stoffwechselentgleisung (diabetische Ketoazidose (DKA)). Die Gefahr für eine DKA ist an Wochenenden und in der Urlaubszeit besonders groß – dies zeigen kürzlich publizierte Untersuchungen.1, 2 Mangelndes Wissen in der Bevölkerung über Diabetes führt noch immer zu einer verzögerten Behandlung. Zudem fehlt es gerade in der Notversorgung oft an pädiatrischer Expertise.

Typ-1-Diabetes ist die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kindes- und Jugendalter, wird aber oft erst spät erkannt: Etwa jede vierte Neudiagnose erfolgt, wenn bereits eine DKA besteht. Diese Stoffwechselübersäuerung wird durch schweren Insulinmangel hervorgerufen. Glukose kann nicht mehr in ausreichender Menge in die Zellen aufgenommen werden. 

Infolgedessen deckt der Körper seinen Energiebedarf über den Abbau von Fetten. Das führt zu einem vermehrten Anfall von Ketonkörpern und erfordert eine sofortige intensivmedizinische Behandlung. „Schlimmstenfalls mündet dies im diabetischen Koma, das lebensbedrohlich sein kann“, erklärt Professor Dr. med. Andreas Neu, Kinderdiabetologe und Past-Präsident der DDG. „Umso wichtiger ist es, Diabetes Typ 1 frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.“

Zahl der DKA-Fälle bei Kindern und Jugendlichen steigt

Eine aktuell erschienene Publikation zeigt, dass von 2011 bis 2023 die Zahl der DKA-Fälle bei Kindern und Jugendlichen deutlich zugenommen hat – insbesondere in den Jahren 2020 bis 2022.1 Als Datengrundlage diente das DPV-Register, in dem etwa 93 % aller Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes in Deutschland erfasst sind. „Die Ursachen für die Zunahme der DKA-Fälle sind sicher multifaktoriell: Überlastung des Gesundheitssystems, mangelnde pädiatrische Expertise, verspätetes Aufsuchen medizinischer Einrichtungen und Verkennung von Ketoazidose-Symptomen“, zählt Prof. Neu auf. „Was uns besonders beschäftigt und schockiert, ist, dass die Daten einen seit Jahren anhaltenden Trend aufzeigen. Diese Entwicklung müssen wir dringend stoppen.“ 

Bundesweite DKA-Präventionskampagne und Info-Flyer

Um das Risiko für eine DKA zu senken, hat die AG DGPAED der DDG mit dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte (BVKJ) eine bundesweite Kampagne initiiert, die über die typischen vier Warnzeichen für Typ-1-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen aufklärt. Die Kampagne fokussiert auf Familien mit kleinen Kindern, die im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen U6 und U7a Informationsflyer erhalten, und ist erreichbar auf der DDG-Website.

Neben der Stärkung der Versorgungsstrukturen muss bei Angehörigen und bei medizinischem Personal, in Kitas und Schulen mehr Aufklärungsarbeit stattfinden. Zu überlegen wäre auch ein Massenscreening auf Frühstadien des Typ-1-Diabetes, was jedoch kontrovers diskutiert wird.

Dass offenbar zu wenig öffentliches Bewusstsein für die Symptome des Diabetes Typ 1 und eine DKA besteht, zeigt eine weitere aktuelle Studie zu den Diagnosezeitpunkten eines Diabetes Typ 1.2 Das Ergebnis: An Wochenenden, Feiertagen und in Urlaubszeiten werden deutlich seltener Diagnosen gestellt als an Wochentagen – somit steigt zu diesen Zeiten die Gefahr für eine DKA. Die meisten Diagnosen werden montags und dienstags gestellt.

In der Notfallversorgung fehlt die pädiatrische Expertise

„Es kommen sicher mehrere Faktoren zusammen, die diese Beobachtung erklären: Zum einen ist an Wochentagen medizinisches Personal besser verfügbar und die Angehörigen schieben die Vorstellung beim Arzt daher auf. Das erklärt auch die hohen Diagnosezahlen zum Wochenbeginn. Zum anderen ist den Eltern dann auch nicht bewusst, welcher Gefahr das Kind ausgesetzt ist“, betont Prof. Neu. Hier spiele wiederum die mangelnde Kenntnis der Symptome eine entscheidende Rolle. Darüber hinaus sei die bereitschaftsdienstliche Notfallversorgung oft nicht speziell pädiatrisch geschult. „Damit ist die Gefahr erhöht, die Symptome falsch zu interpretieren.“

Literatur:
1. Bächle C et al. Dtsch Arztebl Int 2024 Apr 19; 121 (8): 272-273; doi: 10.3238/arztebl.m2024.0021  
2. Kamrath C. et al. Diabetes Care 2024 Apr 1; 47 (4): 649-652;  doi: 10.2337/dc23-1643

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Stetige Müdigkeit gehört bei Kindern und Jugendlichen zu den Warnzeichen für Typ-1-Diabetes. Stetige Müdigkeit gehört bei Kindern und Jugendlichen zu den Warnzeichen für Typ-1-Diabetes. © Mary Naimanbayeva – gettyimages