Diabetische Ketoazidose: Die drei Säulen der Notfallbehandlung

Dr. Andrea Wülker

Der Insulinmangel endet nicht selten auf der Intensivstation. Der Insulinmangel endet nicht selten auf der Intensivstation. © iStock/Hispanolistic

Die diabetische Ketoazidose ist die häufigste Todesursache von Kindern und jungen Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes. Im Notfall heißt es: Volumengabe, Elektrolytausgleich und kurzwirksame Insuline verabreichen.

Eine Ketoazidose entsteht, wenn ein absoluter oder relativer Insulinmangel vorliegt, schreiben Melina­ Mertens von der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Düsseldorf und Kollegen. Der Blutzucker steigt stark an, es entwickelt sich eine metabolische Azidose und in Blut bzw. Urin lassen sich Ketonkörper nachweisen.

Auffällige Laborwerte bei ­Ketoazidose

Laborchemisch ist die diabetische Ketoazidose durch folgende Werte gekennzeichnet:
  • Blutglukose > 250 mg/dl
  • Ketonämie und/oder Ketonurie
  • arterieller pH < 7,35 oder venöser pH < 7,3
  • Serum-Bikarbonat < 270 mg/dl (< 15 mmol/l)
Zusätzlich sollten Elektrolyte, Kreatinin, Blutbild und CRP bestimmt werden.

Ketoazidose als Erstmanifestation möglich

Es gibt verschiedene Ursachen bzw. Auslöser für diesen diabetesbedingten Notfall:
  • akute Infektionen, z.B. des Magen-Darm-Trakts
  • akute schwere Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Hyperthyreose
  • Erstmanifestation eines Diabetes mellitus
  • Behandlungsfehler (mangelnde Therapieadhärenz, kein Insulin gespritzt, Defekt der Insulinpumpe)
  • Einnahme von Medikamenten wie Glukokortikoide, SGLT2-Inhibitoren, Katecholamine
  • psychiatrische Erkrankungen (z.B. Diabulimie: durch Weglassen von Insulininjektionen soll eine Gewichtsabnahme erreicht werden)
Bei Insulinmangel steigt die Blutglukose an, während in den Körperzellen Zucker fehlt. Um den Energiebedarf zu decken, werden u.a. Triglyzeride beschleunigt abgebaut zu freien Fettsäuren. Letztere werden zu Ketonkörpern wie Aceton oder Acetoacetat oxidiert. In der Folge kommt es zum Verbrauch von Bikarbonat und zur metabolischen Azidose. Die diabetische Ketoazidose tritt vor allem bei Patienten mit Typ-1-Diabetes auf, sie kann aber auch beim Typ 2 vorkommen. Klinisch macht sie sich durch einen ­polyuriebedingten stark ausgeprägten Volumenmangel bemerkbar. Die Exsikkose führt zu trockenen Schleimhäuten, trockener Zunge, Muskelkrämpfen, Hypotonie und Tachykardie. Auch ein Gewichtsverlust ist möglich. Mit einer stark vertieften Atmung (Kußmaul-Atmung) versuchen die Patienten, die metabolische Azidose zu kompensieren. Der Atem kann süßlich nach Aceton riechen. Wichtig zu wissen ist, dass fast die Hälfte der Patienten mit diabetischer Ketoazidose über diffuse Bauchschmerzen klagt (Pseudoperitonitis), die Anlass zu Operationen geben können.

Flüssigkeitsdefizit binnen 24 Stunden ausgleichen

Daher raten die Autoren, bei diffusen Bauchschmerzen den Blutzucker zu messen und eine Blutgasanalyse durchzuführen. Je nach Schweregrad der Stoffwechselentgleisung fallen neurologische Symptome wie Apathie und Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma auf. Leichte und unkomplizierte Ketoazidosen können in der Notaufnahme oder auf einer Normalstation behandelt werden. Eine intensivmedizinische Betreuung ist in schweren Fällen notwendig oder wenn eine kritische Begleiterkrankung die Stoffwechselentgleisung ausgelöst hat. Zu den wichtigsten Therapiemaßnahmen zählt der Ausgleich des Flüssigkeitsdefizits innerhalb von 24 Stunden. Schon durch den Volumenausgleich sinkt der erhöhte Blutzucker ab. Hinzu kommt der Elektrolytausgleich (Kaliumgabe), wobei hochnormale Ziel-Kaliumwerte von 4–5 mmol/l angestrebt werden sollten. Die dritte Behandlungskomponente ist die Gabe kurzwirksamer Insuline (Normalinsuline oder Insulinanaloga) zur Blutglukosesenkung. In den ersten 24 Stunden soll eine Blutzuckersenkung von maximal 50–100 mg/dl pro Stunde erfolgen.

Quelle: Mertens M et al. Dtsch Med Wochenschr 2021; 146: 266-278; DOI: 10.1055/a-1270-8878

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Der Insulinmangel endet nicht selten auf der Intensivstation. Der Insulinmangel endet nicht selten auf der Intensivstation. © iStock/Hispanolistic