Gleich mit SGLT2-Inhibitor oder GLP1-RA einsteigen

Dr. Franziska Hainer

Bei Typ-2-Diabetes-Patient:innen wird das kardiovaskuläre Risiko in vier Klassen eingeteilt. Bei Typ-2-Diabetes-Patient:innen wird das kardiovaskuläre Risiko in vier Klassen eingeteilt. © WindyNight – stock.adobe.com

Beim Therapiemanagement eines Typ-2-Diabetes gilt es, auch ganz genau auf kardiovaskuläre Begleiterkrankungen des Betroffenen und auf seine Niere zu achten. Denn je nach Risikogruppe empfehlen die Leitlinien für die Blutzucker- und Blutdrucksenkung unterschiedliche Wirkstoffe.

Menschen mit Typ-2-Diabetes teilt man in puncto kardiovaskuläres Risiko in vier Klassen ein. In die Höchstrisikogruppe gehören diejenigen, bei denen eine atherosklerotisch-kardiovaskuläre Erkrankung, schwere Endorganschäden (GFR <  45 ml/min 1,73 m², GFR 45–59 ml/min/1,73 m² plus Mikroalbuminurie bzw. Proteinurie oder mikrovaskuläre Komplikationen an mindestens drei verschiedenen Organen) oder ein Wert von ≥ 20 % im SCORE2-Diabetes-Algorithmus vorliegen, schreiben Dr. Johannes Gollmer und Kollegen vom Universitären Herzzentrum in Graz. Mit dem SCORE2 lässt sich auch das kardiovaskuläre Risiko für Menschen mit Typ-2-Diabetes, aber ohne kardiovaskuläre Erkrankung oder Endorganschäden stratifizieren. In den Algorithmus fließen Alter, Raucherstatus, systolischer Blutdruck, Gesamt- sowie HDL-Cholesterin, HbA1c, GFR und Alter bei Diagnose des Diabetes ein. Das ermittelte 10-Jahresrisiko für eine kardiovaskuläre Erkrankung beträgt ≥ 20 % (Höchstrisiko), 10–19 % (hohes Risiko), 5–9 % (moderates Risiko) oder < 5 % (niedriges Risiko).

Die neue Leitlinie empfiehlt für Menschen mit Typ-2-Diabetes und einer atherosklerotischen Erkrankung (Höchstrisikogruppe) den Beginn der blutzuckersenkenden Therapie mit einem SGLT-2-Inhibitor und/oder einem GLP1-RA, denen ein kardiovaskulärer Nutzen nachgewiesen werden konnte (siehe Kasten) – und zwar unabhängig von HbA1c-Ziel und anderer Medikation. Für Personen mit Typ-2-Diabetes, die zwar keine nachgewiesene kardiovaskuläre Erkrankung haben, trotzdem aber zur Höchst- oder Hochrisikogruppe gehören, gelten die genannten Substanzen ebenso wie Metformin als Kann-Empfehlung.  

Glukosesenkende Substanzen mit kardiovaskulärem Nutzen

SGLT-2-Inhibitoren: 

  • Empagliflozin 
  • Dapagliflozin 
  • Canagliflozin 
  • Sotagliflozin

GLP1-RA: 

  • Liraglutide 
  • Semaglutide s.c. 
  • Dulaglutid 
  • Efpeglenatid

Der HbA1c-Zielwert liegt bei < 53 mmol/mol (< 7 %). Wird dieser Wert von Betroffenen mit kardiovaskulären Erkrankungen nicht erreicht, sind zusätzlich Metformin (1. Wahl) oder Pioglitazon (2. Wahl, nicht bei Herzinsuffizienz) indiziert. Beide gelten als glukosesenkend und haben möglicherweise auch einen kardiovaskulären Nutzen. Ist das Therapieziel nach weiteren drei bis sechs Monaten nicht erreicht, kommen DPP4-Inhibitoren, Ertuglifluzin, Sulfonylharnstoffe, Insulin glargin/degludec sowie GLP1-RA ohne nachgewiesenen kardiovaskulären Nutzen infrage. 

Zur Blutdrucksenkung sollte eine Kombination aus ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker mit einem Kalzium-Antagonisten oder Diuretikum verordnet werden. Ist eine Betablockertherapie erforderlich, scheinen sich Carvedilol und Nebivolol positiv auf die Insulinsensitivität auszuwirken. Bei der Lipidsenkung liegt der LDL-Zielwert für die Höchstrisikogruppe bei einem LDL-Wert von < 55 mg/dl, bei der Hochrisikogruppe < 70 mg/dl, in beiden Fällen soll der Ausgangswert um mindestens 50 % gesenkt werden. Erste Wahl ist eine hoch dosierte Statintherapie, die bei Bedarf um Ezetimib (alternativ Bempedoinsäure) ergänzt werden kann. Zusätzlich kommt ein PCSK9-Inhibitor infrage. 

Die Leitlinie sieht für HFrEF-Patientinnen und -Patienten mit Diabetes folgende Medikation vor: ACE-Hemmer (alternativ Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker, ARB), kardioselektiver Betablocker (alternativ Ivabradin), Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonisten und einen SGLT2-Inhibitor mit kardiovaskulärem Nutzen (Empagliflozin oder Dapagliflozin). Der ACE-Hemmer kann laut Leitlinie bereits initial bei mangelnder Wirksamkeit durch einen Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor (ARNI) ersetzt werden. Wird das HbA1c-Ziel nicht erreicht, sollen Substanzen mit neutralen Effekten auf die Herzinsuffizienz dazugegeben werden (GLP1-RA, Sitagliptin, Linagliptin, Metformin, Insulin glardin/degludec). Pioglitazon und Saxagliptin sind bei Herzinsuffizienz zu vermeiden.

Bei Typ-2-Diabetes plus chronischer Nierenerkrankung wird die Gabe von ACE-Hemmer/ARB und SGLT2-Inhibitor empfohlen, bei entsprechender Proteinurie auch Finerenon. Liegt zusätzlich eine kardiovaskuläre Erkrankung vor, raten die Leitlinien zu ACE-Hemmer/ARB in maximaler Dosis und Canagliflozin, Empagliflozin oder Dapagliflozin. 

Quelle: Gollmer et al. Dtsch Med Wochenschr 2024; 149: 470-475; DOI: 10.1055/a-2226-0683

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Bei Typ-2-Diabetes-Patient:innen wird das kardiovaskuläre Risiko in vier Klassen eingeteilt. Bei Typ-2-Diabetes-Patient:innen wird das kardiovaskuläre Risiko in vier Klassen eingeteilt. © WindyNight – stock.adobe.com